Der Schatz von Njinjo (German Edition)
Fischgründe.
Bald schon kann Baregu nicht mehr an sich halten. „Übrigens, Chef,“, platzt es nach keiner Viertelstunde Flug aus ihm heraus, „ich war heute Morgen schon mal rasch im Büro, arbeiten!“ Viel zu früh stört er damit Makaïdis Ruhe. Der allerdings fühlt sich zu müde und zunehmend auch etwas flau im Bauch, um sich groß aufzuregen. Ein bisschen Flügelschlagen muss fürs Erste reichen. „Und? Was glaubst Du wohl, was ich die ganze Nacht gemacht habe, Baregu? Kannst Du nicht warten, bis wir wieder festen Boden unter den Füßen haben und nicht mehr schreien müssen? Und bis dein Herr und Gebieter ein wenig geschlafen hat?“
Der Sergeant bemerkt den defensiven Zustand seines Chefs sofort, nimmt ein bisschen Mut zusammen und rechtfertigt sich. „Nein, Chef. Wär’ einfach gut, wenn Sie vor unserer Landung wüssten, was heute Nacht eingetrudelt ist.“
„So, so. Was denn, zum Teufel, Sergeant?“
„Zum einen hat man uns aus London ein Fax geschickt, weiß nicht, wer da angefragt hat. Waren Sie das, Chef?“
„Was steht drin?“ Makaïdi ist nun einigermaßen interessiert.
„Eigentlich nichts, keine harten, nur weiche Fakten. Hab’s dabei, wenn Sie’s lesen wollen. Drei unserer vier Beteiligten werden namentlich erwähnt: Schutte, Petermann und Roh. Über die Ersten beiden gäben weder die Computer des Yard noch die des deutschen BKA viel her, außer dass beide in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts an staatsfeindlichen Demos teilgenommen haben sollen.“
„An was?“
„Na, an Demonstrationen eben, Kundgebungen gegen irgendwelche Raketen aus den USA in Westdeutschland.“
„Massenaufruhr, ich erinnere mich. Und sonst? Keine Vermerke über irgendwelche ‚Demos’ zugunsten von Tunten, Homos oder anderen Schwuchteln?“
„London schreibt, um an die entsprechenden Dateien zu kommen, habe man zu wenig Zeit gehabt. Immerhin habe dort genau wie bei uns tiefste Nacht geherrscht. Dafür aber gibt es einen halbwegs harten Vermerk, der den Dritten betrifft, unseren Archivdirektor Singai Roh. Der besitzt doch wirklich neben dem unsrigen auch einen britischen Pass, den er erst letztes Jahr verlängern ließ. Hätten Sie das gedacht?“
„Ja.“ Makaïdi ärgert sich, wegen dieses mageren Ergebnisses seinen Schuldner Derek kontaktiert zu haben, der kommt dabei zu billig weg, bald wären sie wieder quitt. Dass er dafür auch noch extra geweckt wurde, nimmt er Baregu persönlich übel. Andererseits kann er den Archivdirektor jetzt natürlich noch besser zur Ader lassen. „Was gab’s denn noch im Büro an Neuigkeiten, du Nervensäge?“
Ungerührt referiert der Sergeant das zweite Ergebnis seines frühen Arbeitseifers: Dr. Randolf, der Gerichtsmediziner, hatte angerufen. „Er ist bereit, in den nächsten Tagen die Autopsie vorzunehmen.“
„In den ‚nächsten Tagen’? Was heißt das? Hast du den Leichenfledderer nicht sofort zusammengeschissen und auf einen konkreten Termin festgelegt?“
„Dafür war zu wenig Zeit, Chef. Zudem bezweifle ich, dass sich der Doc so früh morgens darauf eingelassen hätte. Erstmal sollen wir die Leiche auftauen, hat er gesagt – ‚Aber langsam! Und einen Topf drunterstellen!’ –, und zu ihm schaffen. Ich hab versprochen, dass wir uns morgen darum kümmern werden.“
„Na schön, macht das.“ Um Baregu abzustrafen, wendet sich Makaïdi abrupt an Fundikira, der aufmerksam die Flugroute im Blick behält. „Wilfrem, hast du auch was zu bieten?“
„Nee, Chef, außer dass ich die Staatspolizei in Mtwara noch mal angefaxt habe, ob denen Petermann vielleicht ins Visier geraten ist. Bis heute morgen gab’s noch keine Antwort.“
„Wo sind wir denn jetzt eigentlich?“
„Oh, unter uns ergießt sich gerade der gewaltige Rufiji ins Meer, Chef, wie Sie sehen können. So ein riesiges Delta hab ich noch nie gesehen ...“ Unzählige Arme des Flusses durchziehen den grünen Busch. Keine fünfzig Meter von der Küste entfernt verliert dessen braunes Wasser dann den Kampf gegen das tiefblaue Türkis des Ozeans. „Links dahinten liegt Mafia“, fährt Fundikira fort. Vor der von Sandstränden und Korallenbänken umspülten grünen Insel mit dem verrufenen Namen liegt ein Dampfer auf Reede. Immer wieder tauchen auch kleine Eilande, Korallenriffe und Fischerbötchen unter der röhrenden Maschine auf. „Irgendwo rechts von uns verläuft die Straße nach Kilwa. Yeah, das dahinten, das könnte die neue Brücke sein!“, erklärt Fundikira weiter.
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