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Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Titel: Der Schatz von Njinjo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Gleiß
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sich die Sonne immer breiter. So allein und nah am Meer war ich bisher nur selten. Weit entfernt am gegenüberliegenden Ufer ragen Ladekräne in den Himmel, davor liegen zwei Containerfrachter am Kai. Mein Ufer säumen ein paar Palmen und verrostete Schiffswracks. An der Böschung bauen Frauen Kochtöpfe, Rost und Pfannen auf und schüren kleine Feuer. Bis mittags werden daraus Volksküchen werden, aus denen sich die halbe Stadt versorgt.
    Diese riesige Fläche blauen Wassers zieht mich, der ich zu Füßen von Afrikas höchstem Berg aufgewachsen bin, magisch in ihren Bann. Ich schlendere am Ufer entlang auf die Fähranleger zu, vorbei an Dutzenden konkurrierender Coca- und Pepsi-Buden, die alle das gleiche zum gleichen Preis anbieten – Softdrinks, Seife, Kekse, Zigaretten und Kondome –, vorbei auch an haushohen, mit knallbunten Bourgainvillea behangenen Mangobäumen bis zur katholischen Kathedrale, frisch gestrichen zu ihrem hundertsten Geburtstag. Kurz hinterm Bahnhof, den noch die Deutschen bauten, stoße ich aufs Polizeipräsidium. Da drehe ich lieber um. Auf dem Rückweg sehe ich schon von weitem die Turmuhr der Lutheraner-Kirche: Sie steht – ganz europäisch, pädagogisch wertvoll wie ihre Erbauer – auf kurz vor zehn. Ich spute mich. 
    Punkt vier Uhr Swahili-Zeit stehe ich vor dem Büro des „State Travel Service“, kurz darauf öffnet ein verschlafener Angestellter die Tür. Auf englisch begrüßt er mich freundlich: „ Good morning, Sir, what can I do for you, Sir? “ Als ich auf Swahili antworte, ich bräuchte einen Stadtplan und eine Hotelliste, stutzt er erst verblüfft, um dann rasch steif zu werden. Für Leute wie mich seien die nicht gedruckt worden, lässt er sich vernehmen. Sein Informationsmaterial sei aus Steuergeldern bezahlt und ausschließlich für wazungu da, und nur für diese kostenlos. Als ich ihn frage, wer denn die Steuerkasse gefüllt habe, wenn nicht ich als tanzanischer Staatsbürger, antwortet er umstandslos: „Die Europäer.“ Einheimische koste ein Stadtplan nun mal Geld, ebenso die von mir erwünschte Liste, basta. 
    Nein, ich rege mich nicht auf. Es ist mein erster Tag in der großen Stadt, da sind Fehler wie das Sprechen der eigenen Landes- und Muttersprache noch erlaubt. Ab jetzt werde ich also nur noch Englisch sprechen, wie jeder vernünftige Tourist, woll’n doch mal sehen. Brav gebe ich dem Touristenknecht seine tausend Shilling „Schutzgebühr“, ganz wie verlangt, und ziehe mit Plan und Liste los. Kartenlesen war eines meiner besten Fächer im Erdkundeunterricht.
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12. ... und die Sache ist erledigt 
    Mittwoch, 31. Dezember
     
    Makaïdis Hilfssheriffs Wilfrem Fundikira und Sergeant Nehemiah Baregu haben ihren Chef genau beobachtet, wie er mit dem deutschen Botschaftssekretär im Nebenzimmer verschwand. Jeder weiß, was sich hinter der Tür abspielt – sie sind es gewohnt, etwas abzubekommen. Als Makaïdi herauskommt, hören sie ihn zu dem Diplomaten sagen:
    „Verbrechen? Sieht so aus. Viel Blut und Knochenbrüche. Glaubt man den Eintragungen im Melderegister des Hotels, handelt es sich bei dem Gast um einen Finn Schutte aus der Nähe von Hamburg in Deutschland.“ Abrupt wendet er sich von zur Lippe ab und schreit quer durch den Flur: „Hey, Oscar, wo ist mein Stuhl?“ Der Hoteldirektor, der tuschelnd am Ende des Flurs steht, schreckt zusammen. Auf seine Geste hin, setzt sich einer seiner Leute unverzüglich in Bewegung und bringt dem Superintendent einen billigen Plastikgartenstuhl, viel zu eng und viel zu schwach in den Beinen für Makaïdis Gewicht. Der starrt das Plastik an wie eine Erscheinung, bevor er erneut nach dem Hotelchef brüllt: „Krieg ich hier noch was zum Sitzen, oder muss ich erst das gesamte Personal einbuchten?“ Gleich zwei Angestellte wuchten kurz darauf einen schweren Sessel aus dem Erdgeschoss die Treppe hoch zum Kommissar, der sich jetzt endlich setzen kann. Zur Lippe bleibt neben dem Superintendent stehen und blickt ihm von oben herab ins Gesicht: normalerweise eine Geste, die Makaïdi zum Platzen bringt, jetzt aber fühlt er sich wohl. Schließlich ist er es, der hier das Geschehen bestimmt.
    „Hamburg, das ist diese Hafenstadt, oder, Dar es Salaam’s Partnerstadt, kurz vor Oslo, stimmt’s? Bislang haben wir keinen Grund, die Eintragung im Meldebuch anzuzweifeln, auch wenn Pass und Papiere verschwunden sind“, fährt der Superintendent mit seinen Erläuterungen fort. „Allerdings fehlt uns jeglicher Hinweis auf

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