Der Schatz von Njinjo (German Edition)
gegenchecken. Hat man Sie nicht gestern abend auch im ‚Club’ gesehen? Vielleicht sollte ich Chiluba herbestellen ...“ Erschrocken sinnt der Deutsche sofort darauf, dass es dazu doch bitte nicht kommen möge: Wenn der Parteisekretär ihm mit der Brücke kommt, gilt er garantiert bald als Spion. Wie mag dieser Bulle nur von ihm erfahren haben? Der allerdings setzt ungerührt fort: „Ehe wir aber jetzt mit Ihnen, Herr Pitimann, eine große Überprüfungsorgie starten, die am Ende nur allen Ärger bringt, schlage ich vor, Sie verlassen die Stadt so schnell wie möglich. Wenn Sie nichts dagegen haben – das nehme ich ebenfalls mal an –, begleiten wir Sie zum Busbahnhof und behalten Sie im Auge, bis Sie im nächstbesten daladala gen Norden sitzen ...“
Fünf Minuten später eskortieren Petermann die gleichen zwei Kadetten zurück zum Busbahnhof, die ihn vor mehr als zwei Stunden zum Polizeipräsidium brachten. Sie sprechen kein Wort englisch, beobachten ihn stattdessen unentwegt von der Seite. Petermann, misstrauisch, jedoch auch rundum erleichtert, fragt sich derweil, wieso der rang- und namenlose Bulle – Geheimpolizei? Staatssicherheit? – wohl von einem daladala statt einem Bus gen Norden sprach. Will man ihm am Ende etwa doch noch Böses und abschieben ins Nirgendwo? Und was zum Teufel war mit seinem neun-Uhr-Bus nach Lindi heute Morgen, der nirgendwo zu sehen war? Hatte man den etwa gestoppt? Und wenn: wieso? Dass das nichts mit ihm zu tun gehabt haben kann, ist ihm nach dem Verhör von eben zwar klar – eine Fahndung läuft offensichtlich nicht, sonst hätten ihn die beiden Sicherheitsleute doch nicht wieder laufen lassen –, aber der fehlende Bus an sich bleibt seltsam.
Leicht verzweifelt hält Petermann Ausschau nach irgendwem, mit dem er kommunizieren könnte. Irgendwer, der so aussieht als ob er englisch spricht. Minuten später entdeckt er am Rand des Platzes jemanden, auf den seine Erwartungen zutreffen. Dutzende Einheimische hat er zuvor gemustert. Jetzt geht er mit seinen beiden Aufpassern im Schlepptau auf einen bürgerlich gekleideten Mann seines Alters zu, der eine Sonnenbrille trägt.
„Entschuldigen sie, ich bin fremd hier. Können sie mir sagen, wann der nächste Bus nach Lindi geht? Den um neun hab ich wohl verpasst.“
Der Mann schaut ihn interessiert an, reagiert jedoch nicht wie erhofft. Offenkundig ist er taub, denn er bedeckt beide Ohren mit der flachen Hand. Petermann zückt Stift und Block aus der Hemdtasche, schreibt seine Frage auf und hält dem Fremden den Zettel vor die Brille. Die Antwort wiederum versteht nun er nicht, zu undeutlich ist die Aussprache des Gehörlosen. Daraufhin nimmt auch der den Stift und schreibt. „Bus to Lindi? In 4 hrs, at 9 o’clock, 15 hrs European time“ „Oh, vielen Dank! Asante sana! “ Petermann fällt es wie Schuppen von den Augen: die Swahili-Zeitrechnung! Wie wunderbar hätte er ausschlafen können heute Morgen! Und danach schwimmen gehen im Ozean. Sicher wäre dann auch das Taxi pünktlich vorgefahren. Mist. Jetzt muss er auch noch ein schlechtes Gewissen haben, dass der Taxifahrer umsonst zum Club hinausfahren wird.
Wenn der Bus erst um drei am Nachmittag abfahren soll, wird er vielleicht erst nach Sonnenuntergang in Lindi ankommen, das mehr als hundert Kilometer nördlich liegt. Einen unbekannten, womöglich ähnlich verlassenen Ort wie Mtwara aber bei Dunkelheit zu durchstreifen, um eine Bleibe zu finden, ist zutiefst ausladend, erst recht, wo hier so wenig Leute englisch sprechen.
Gegen Mittag – Petermann hat mittlerweile fünf lauwarme Colas aus verschiedenen Kiosken intus, während seine Aufpasser-Kadetten darben – füllt sich an der Ausfahrt des Busbahnhofs ein daladala, hinter dessen Windschutzscheibe als Ziel „Lindi“ prangt. Einer aus Petermanns Eskorte zeigt aufgeregt in dessen Richtung. Der Polizeicordon rund um den Busbahnhof allerdings ist undurchdringlich wie vor Stunden: Niemand kommt hier ohne Erlaubnis weg.
Petermann geht ruhigen Schrittes auf das Sammeltaxi zu und entnimmt den Erklärungen des radebrechenden, mit Händen und Füßen sprechenden Fahrers, dass man beabsichtige, nach Lindi aufzubrechen, sobald alle Plätze besetzt seien. Von seinen Aufpassern bis zur Tür begleitet, setzt er sich zu den anderen Fahrgästen ins Innere des Kleinbusses, in dem es zunehmend eng und stickig wird. Wird er noch erfahren, wen all die Polizisten hier eigentlich suchen?
Parteisekretär Chiluba, der von seinem
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