Der Schatz von Njinjo (German Edition)
fällt auf, dass morgen früh kein Bus nach Lindi fährt. Die Fahrpläne der einzelnen Unternehmen kennt er genau, schließlich arbeitet er als Kontrolleur auf dem Busbahnhof. Der muzungu verfügt demnach über seinen eigenen „Transport“. Das weist ihn als einflussreich aus. Warum aber ist der dann in so einer Klitsche wie dem Club hier abgestiegen?
„Komisch, dass ich davon nichts weiß. In wessen Auftrag arbeiten Sie, wenn ich fragen darf?“
Petermann merkt, dass er vermintes Terrain betreten hat, und versucht, ungeschoren aus der Geschichte heraus zu kommen. „Für die EU, Brüssel schickt mich. Irgend so eine ‚Nichtregierungsorganisation’ plant einen großen Antrag auf Finanzierung. Sollte mir auch die Hafenbucht hier ansehen ...“ Mehr fällt ihm beim besten Willen nicht mehr ein.
Der Parteimensch aber lässt nicht locker. „Wer weiß denn hier was davon?“ Petermann schweigt einen Moment, verdreht bedeutungsvoll die Augen, um dann zu antworten:
„Bislang kaum jemand. Ist ja auch alles noch in der Schwebe. – Aber, Pater, erzählen sie doch mal, was es mit dieser Malaria-Impfung auf sich hat!“
Rasch bringt sich der Pater wieder ein und erläutert, dass die Welt-Gesundheits-Organisation WHO vor einigen Jahren nicht weit von Mtwara einen Test durchgeführt habe mit dem Impfstoff SPf66 .
„Wissen Sie, sie werden vielleicht viel über Aids bei uns gehört haben. Aber vor ihrer Reise haben sie sicher auch über Malaria nachgedacht, mit welchen Pillen sie sich schützen können undsoweiter. Malaria ist ja die Tropenkrankheit schlechthin, trotz Aids ungeschlagen die Nummer eins unter den Killern hier. In ländlichen Gebieten stirbt jedes fünfte Kind an den Folgen einer Infektion. Alle Versuche, einen Impfstoff zu entwickeln, schlugen bislang fehl. 1993 allerdings schenkte ein kolumbianischer Forscher der WHO das Patent eines von ihm entwickelten Impfstoffs, der zuvor immerhin bei rund drei Vierteln der Kinder und vierzig Prozent der Erwachsenen angeschlagen hatte. Das hat ihm die etablierte westliche Pharmaindustrie bis heute nicht verziehen.“
„Wieso? Hat die denn was dagegen?“
„Na ja, ein Impfstoff verspricht viel Geld. Der Kolumbianer verzichtete jedoch auf jegliche Lizenzgebühren, er ließ sich von niemandem kaufen.“
„Zur Strafe schmort sein Patent bis heute in irgendwelchen Schubladen“, mischt sich der Diakon ungeduldig ins Gespräch. „Manuel Patarroyo hieß der Mann übrigens. – Das ist doch die Regel: Viel zu oft tragen die Pharmamultis gemeinsam mit der WHO ihren Konkurrenzkampf auf dem Rücken unserer Leute hier aus. Sobald irgendwo ein Erreger auftaucht, der gegen das Mittel von Konzern A resistent ist, sorgt Konzern B dafür, dass dessen Mücke in der Weltpresse umgehend zum Elefanten wird. Bald darauf empfehlen Ärzte und Institute das brandneue Medikament von Konzern B, und an ein und demselben Ort werden gleichzeitig zwei verschiedene Mittel eingesetzt. Früher oder später kommt es zu Multiresistenzen, denen nicht mehr beizukommen ist. Vor allem ihr Touristen, die ihr immer gleich zwei der allerneusten Vorsorge-Mittel im Doppelpack anwendet, bringt uns am Ende noch alle um!“
„Aber ...“, setzt Petermann zur Verteidigung an, doch Bruder Joseph kommt jetzt erst so richtig in Fahrt.
„Was, aber? Welche Mittel schlucken Sie denn so? Sie als Reisender sind doch kaum gefährdet. Mindestens sechzig Prozent aller Erreger sind eben noch nicht resistent. Tausend Bisse braucht’s im Schnitt, bis man sich infiziert. Rechnen Sie sich doch ihre Chancen mal aus, ihr kriegt doch kaum einen einzigen passenden Biss ab! Wir aber, die wir den Mücken tagtäglich ausgesetzt sind, liegen ständig flach.“
Sein Pater legt nach: „Die Wirklichkeit ist doch die: Malaria ist eine Krankheit der Armen. Die Bedürftigen würde ein Impfstoff womöglich nicht einmal erreichen. Hier fehlen doch selbst die einfachsten Gesundheitsdienste. Und den Familien mangelt es sowieso an allem, besonders natürlich am Geld, um notwendige Impfungen zu bezahlen. Da machen sich dann die Moslembrüder breit ...“
„Ihre Politiker in Europa“, sekundiert jetzt auch der Parteifunktionär, „wissen das alles sehr genau, aber sie tun nichts dagegen. Was hier bei uns die Asiaten sind, die die Wirtschaft kontrollieren, uns ausbeuten und bestehlen, das ist bei ihnen doch der medizinisch-industrielle Komplex, umsatzstärker als jeder militärische. Im Gegensatz zu den Verhältnissen bei
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