Der Schatz von Njinjo (German Edition)
gegangen, in dieses gottverdammte Land, ohne jegliche Kultur! Nichts als Analphabeten, käufliche Politiker und vervetterte Stammesbrüder, dumme Schwestern, die noch nicht mal kochen können. Brei, Pampe, matoke und Bananenbier. Borr, wird mir schlecht! Wie konntest du dich nur auf diesen Scheißjob abschieben lassen, du Hanswurst!“
So geht das nun schon den ganzen Abend. Zum Glück haben die Hausangestellten frei. Botschaftsattaché zur Lippe verflucht den Tag, an dem er ja gesagt hat, ja zu dieser Ehe. Doch ohne das kleine „Freifrau“ vor Lores Namen und all die blaublütigen Beziehungen dahinter wäre er heute kaum kurz davor, stellvertretender Botschafter zu werden.
Am Nachmittag hat er seiner Frau vom Treffen mit Superintendent Makaïdi erzählt, seitdem ist sie auf hundertachtzig. „Du lässt dich zum Übersetzer degradieren? Herrgott, dafür gibt’s doch Angestellte! Verdammter Schlappschwanz, wen hab ich da bloß geehelicht!“ Zwei Glas spanischen Sekt später adelt sie ihren Gatten zum „Handlanger dieses gierigen Bimbos, dem du deutsches Steuergeld in den Rachen steckst“. Es nützt überhaupt nichts, Lore in ruhigem Ton darauf aufmerksam zu machen, dass ihr deutschtümelnder Rassismus, sollte er je nach außen dringen, die doch immer noch gemeinsamen Karrierepläne für ihren Gatten blitzartig zunichte machen kann.
Noch am Montagmorgen, nachdem das Ehepaar den Sonntag schweigend Cocktail trinkend am Strand verbracht hatte, fühlt sich Per zur Lippe gedemütigt. Weniger von Makaïdi als von seiner Frau. Statt so als Erstes die botschaftseigenen Übersetzerinnen mit der Übertragung von Schüttes Papieren zu beauftragen, lässt er sich am Morgen bei seiner Exzellenz, Botschafter Nakonz, melden. Der empfängt seinen Mitarbeiter formlos.
„Zur Lippe! Was kann ich für sie tun?“
Der Sekretär bleibt förmlich. „Herr Botschafter, ich möchte ihnen von einem Vorfall berichten, der aufgrund von Maßnahmen der tanzanischen Staatspolizei, die sich unserem Einfluss entziehen, droht, Ausmaße anzunehmen, die ihm nicht gebühren.“ Zur Lippe holt Luft. „Wie sie wissen, wurde Silvestermorgen ein Weißer in der Stadt tot aufgefunden, vermutlich ein Deutscher.“
„Ja, ja. Hat man das mittlerweile klären können?“
„Ja, es ist wohl wirklich ein Deutscher gewesen. Das Problem allerdings, Herr Botschafter, liegt weniger bei der Leiche als bei dem Polizeioffizier, der mit der Aufklärung des Falls beauftragt ist. Sie kennen ihn, Superintendent Makaïdi.“
„Ein guter Mann ... Nicht gerade unbestechlich, aber fähig!“
„... der uns schon einige Hunderttausend Shilling gekostet hat.“ Zur Lippe hat die positive Voreingenommenheit seines Chefs gegenüber Makaïdi bemerkt, aber es will ihm nicht gelingen, sich zu mäßigen. „Samstag Morgen hat mich der Superintendent hier aufgesucht und mehr oder weniger gezwungen, ihm stundenlang zu assistieren. Andernfalls drohte er, mich vorzuladen.“
„Na, na, zur Lippe, nun lassen sie mal die Pferde im Stall.“ Nakonz, ein ergrauter, unter den Sozialdemokraten aufgestiegener Alt-Achtundsechziger, ist nicht nur von Amts wegen Humanist und Freund des Landes. „Er wird schon seine Gründe gehabt haben, sie um Mithilfe zu bitten.“
Der Sekretär aber fährt unbeeindruckt fort, seiner Empörung Luft zu machen. „Nach fast einer Stunde despektierlichen ‚Austauschs’ hat mir dieser Kommissar rund vierzig Seiten Kopien in die Hand gedrückt, deutsche Texte, die man im Zimmer des Toten gefunden hat und die wir ihm doch bitte übersetzen mögen. Am besten noch heute.“
„Na und? Herr zur Lippe, was ist daran ungewöhnlich? Leisten wir doch ein wenig Amtshilfe.“
„Aber ..., wir sind doch nicht die Staatsanwaltschaft! Damit wären unsere Sekretärinnnen stundenlang beschäftigt. Die haben doch Wichtigeres zu tun! Erst letzte Woche kam diese Anfrage von der Düsseldorfer Handelskammer ... Kann denn die tanzanische Polizei nicht endlich mal ein paar Leute unsere Deutschkurse besuchen lassen? Wozu unterhalten wir denn hier ein Goethe-Institut?“
„Herr zur Lippe“, setzt der Botschafter nun an, allmählich leicht genervt, „ich nehme ihr Befremden über das Ansinnen von Superintendent Makaïdi zur Kenntnis, teile es jedoch nicht. Glauben sie mir: Der Mann weiß, was er tut! Lassen sie uns Ende der Woche noch mal darüber reden, bis dahin aber unterstützen sie den Kommissar bitte nach Kräften. Der Mann ist ein kleines Opfer an
Weitere Kostenlose Bücher