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Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Titel: Der Schatz von Njinjo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Gleiß
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Boote im Schlepptau, um Fahrgäste aus dem Norden abzuholen. Gestartet seien sie kilometerweit entfernt im Westen. Nach einigen Minuten unterbricht er seine Geschichte und versucht mitten im Fluss, das Kanu aus der Strömung heraus zu schiffen. Als das gelungen ist, prustet direkt neben uns ein riesiges Maul. Schlagartig reiße ich meine im Wasser baumelnde Hand zurück. Nilpferde überall! Links, rechts, vorne, hinten, überall höre ich es jetzt schnaufen – bitte nicht auch noch unter uns!
    Leicht schaukelnd, aber unbehelligt erreicht das Kanu fünf Minuten später den Anleger von Utete. Am betonierten Steg liegt tatenlos die Motorfähre. Ich habe Glück und erwische eines der Fahrradtaxis, die auf uns warten. Der höchstens dreizehnjährige Fahrer bringt mich ins Dorf. 
    Utete ist eine der ärmlichsten Distrikthauptstädte, die ich je sah. Zwar haben bereits die Deutschen unter ihrem Kaiser hier eine Festung gebaut, aber wofür? Orte, an denen man auf Anschlussbusse warten, notfalls gar übernachten kann, entdecke ich höchstens einen – die kantini direkt am Markt. Warme Cola und kuku na chipsi begleiten mich die nächsten Stunden, später gönne ich mir ein ungekühltes Bier. 
    Es wird eine Nacht voller Anekdoten. Die Leute erzählen, dass eine Reihe von Entwicklungshilfekonzernen den Einsatz hier als unzumutbar ablehne. Vor Ort gibt es weder Wasserleitungen noch Strom, weder Hotel noch Restaurant, nur diese eine Bar, einige Fressstände und ein kleines Krankenhaus. Letzteres verfüge zwar über Solarzellen, deren Batterien aber seien seit Monaten zerstört; von einem Notstromaggregat gar nicht zu träumen. Unter welchen abenteuerlichen Bedingungen dort gearbeitet wird, weigere ich mich, mir auszumalen.
    Als vor Jahren einmal der Ministerpräsident zu Besuch war, tat sich sein Empfangskomitee zuvor tagelang im Ort nach Geschirr und Besteck um. Um den hohen Gast standesgemäß zu verköstigen, lieh sich die Polit-Elite des Dorfs eines der wenigen Autos, die es hier gibt, von der nahegelegenen Lepra-Station, um weiter westlich, im riesigen Selous-Schutzgebiet, Wild zu jagen. Zurück kamen sie mit Schusslöchern in der Windschutzscheibe, die ihnen angeblich Wilderer, wohl eher jedoch sie selbst oder gar Parkranger beigebracht hatten. Erlegt hatten sie einen lahmenden Wildhund, den sie dem Gast aus Dar es Salaam als köstliche Antilope vorsetzten. Utete ist eine Reise wert. 
    Nach Mitternacht liegen rund um die Bar reihenweise Reisende und schlafen. Mittendrin fühle ich mich recht geborgen. 
    Ziemlich unerwartet röhrt bei Sonnenaufgang irgendwo in der Nähe der Motor eines Busses. Unverkennbar: So einen Lärm macht nur der unsrige. Als wir uns aufmachen, ihn zu finden, merken wir allerdings, dass es sich um einen Doppelgänger handelt, der in den Norden fährt. Stunden später kommt unser Bus aus Dar dann wirklich angerumpelt, und es stellt sich heraus, dass der Fahrer jetzt noch nach Kilwa soll. Wie hier Fahrpläne entstehen, bleibt selbst einem Möchtegerndetektiv wie mir verborgen, jedes Gefühl für Zeit verschwimmt. Trotzdem: Alles bestens, genau da, gerade noch siebentausend Shilling entfernt, wird Petermann auftauchen, garantiert.
    Es wird eine Fahrt in die grüne Hölle. Links und rechts dichter Busch, unter uns die holprigste Straße, auf der ich mich je fortbewegte. Alle paar Kilometer eine Panne, dann der nächste Halt, weil irgendwer ohne erkennbaren Grund weit außerhalb jeder Siedlung zu- oder aussteigt. Dichtes Gedränge auf allen Plätzen und der unablässige Gestank nach frischem wie verbranntem Diesel: Mir droht der Kopf zu platzen.
    Ständig sag ich mir, „so eine Fahrt mach ich nie wieder“, und dabei wird es mit jedem Kilometer nur noch schlimmer. Der nächste Halt ist nur einer der unzähligen weiteren, die das so sehnlichst erwartete Ankommen weiter hinauszögern. Die nächste Panne kommt bestimmt, und sie zu beheben, geht nicht schneller als beim letzten Mal. Stops vor jedem Hügel, weil der Erste, der Lastgang, auch mit aller Gewalt nicht reinzukriegen ist, bevor nicht das Getriebe von unten mit dem Hammer zurechtgeknüppelt wird. Mit Seilen zusammengehaltene Stoßdämpferblätter, die das übernächste Schlagloch garantiert auseinandersprengen wird, Felgen, die mit fünf statt der vorgesehenen zwölf Bolzenschrauben befestigt sind und deren Reifen abgewetzter sind als jede Fußmatte bei uns in Moshi. Und trotzdem zwischendurch immer mal wieder Geschwindigkeiten von sechzig, ja,

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