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Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Titel: Der Schatz von Njinjo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Gleiß
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Geld zurückkriegen.“
    „Klar, Alter“, sagt der Junge und reicht mir seinen Arm. Auf seine Schulter gestützt humpel ich bergauf. Es dauert lange und strengt uns beide ziemlich an. Schließlich stehe ich wieder am Sokoine Drive vor dem Ticketschalter und will dem Jungen hundert Shilling geben.
    „Oh, nein danke. Das war selbstverständlich. Ich bin doch kein Arsch“, sagt er, und „tschüß“.
    Der Schalter allerdings hat längst geschlossen – zurück kommt das Schiff erst in fünf Tagen. 25.000 Shilling für mein Ticket kann ich abschreiben. Fischsmist. Mein Missgeschick droht sich zur Katastrophe auszuwachsen. Zurück zu Majorie kann ich um diese Zeit kaum fahren, da ist höchstens die Mutter noch zu Haus. Außerdem kostet mich jede untätig verbrachte Nacht dort genau die gleichen tausend Shilling wie auf Reisen. Abzusehen und auszurechnen ist, wie lange ich mich in Dar’ noch aufhalten darf, ohne dass Honorata mich zum Teufel wünscht und zum Offenbarungseid zwingt.
    Vielleicht sollte ich als Erstes mal den Knöchel kühlen. Ich hinke wieder zum Wasser hinunter, lasse mich im feuchten Sand nieder, ziehe auch die zweite Sandale aus und lege beide Beine flach in die sanft ans Ufer spielenden Wellen. Bald hört das wilde Pochen auf. Kurz darauf bin ich vor Erschöpfung eingeschlafen. 
    Als ich wieder aufwache, steht die Sonne senkrecht über der Bucht. Mein Rücken ist nass vor Schweiß und Salzwasser, das Gesicht verbrannt. Ein Griff in die Hosentasche beruhigt, Geld und Ausweis sind noch da. Auch die Sandale liegt noch neben mir wie abgelegt. Der Fuß pocht nur noch halb so schlimm, ohne jedoch weniger dick zu sein. Langsam gelingt es mir, planvoll voraus zu denken. 
    Petermann ist auf dem Weg nach Mtwara. Ehe er von dort aus Njinjo erreicht, werden Tage vergehen. Sein weiterer Weg führt ihn unweigerlich über Kilwa. Dorthin aber müsste ich auch per Bus gelangen können, vielleicht bin ich sogar vor ihm da. Warum ist der Deutsche eigentlich nicht gleich mit dem Bus gefahren? Könnte es sein, dass die Busse nach Süden wegen des Sturzregens in den letzten Tagen, von dem die Mädels erzählt haben, gar nicht verkehren? Oder waren sie dem Deutschen zu auffällig, zu unzuverlässig, zu unbequem oder einfach zu gefährlich? Was weiß ich. Auf jeden Fall sollte ich so schnell wie möglich rausbekommen, wann und wo der nächste Bus nach Kilwa, Lindi oder gar Mtwara fährt.
    Leichter gesagt als getan. Bei jedem Auftreten mit rechts sticht der Knöchel höllisch. Ohne Krücke komm ich noch nicht einmal mehr zur Promenade rauf. Mit den Augen such ich das Ufer nach irgendetwas Brauchbarem ab, doch ich finde nichts. Vor mir dümpelt ein durchgerosteter Frachter im Wasser, auf dem sich jugendliche Stadtstreicher eingerichtet haben. Einem von ihnen, der sich gerade von der Reling abseilt, ruf ich zu, ob er wohl irgendwas Krückenähnliches auftreiben könne. Wider Erwarten erhört er mich und bringt mir wenig später eine kräftige, hohe Astgabel. 
    „Macht `n Tausender.“
    „Wofür? Für diesen Ast, der jedermann gehört?“
    „Willst du ihn haben oder nicht?“
    Am liebsten würde ich dem Bengel mit dem Stock eins überziehen, aber erstens ist er deutlich kräftiger als ich und zweitens hat er keinen umgeknickten Knöchel. So verdient er sich sein Geld und ich humpel von dannen. Ein daladala bringt mich zurück nach Temeke. Dort liegt nicht nur Nyauchos Haus, sondern auch der Abfahrtsort für Busse in den Süden. Oft ist die einzige Straße, die die Küstenorte mit Dar es Salaam verbindet, wegen Überschwemmungen wochenlang gesperrt. Morgen früh jedoch soll nach Tagen der erste Bus nach Utete fahren, es gibt sogar noch Tickets. Eines davon gehört bald mir, wieder sind 8.000 Shilling weg. Wenn das weiter so läuft, werde ich mir in Kilwa überlegen müssen, wie ich jemals wieder zurück nach Hause komme. Aber dann bin ich ja hoffentlich reich.
    Als Majorie mich mit Stock am späten Nachmittag vor ihrem Haus entdeckt, ist sie erst verdattert, dann hin und weg, dann tief besorgt, schließlich treu und fürsorglich. Ein kaltsaurer Wickel nach dem Rezept einer uralten Nachbarin kühlt wenig später meine Schwellung. Die tausend Shilling für die Übernachtung sind gut angelegtes Geld. Wie früh ich Sonntagmorgen los muss, weiß außer ihr nur ich.
    Beim Aufstehen ist mein Knöchel nicht mehr kartoffel-, nur noch schalottendick, vorsichtig kann ich sogar schon wieder laufen. Mit heftig pochendem Fuß erreiche

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