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Der Schauermann - Historischer Thriller (German Edition)

Der Schauermann - Historischer Thriller (German Edition)

Titel: Der Schauermann - Historischer Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Barkawitz
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Richtung Rademachergang. Der Offiziant füllte seine Lungen mit Luft und blies in seine Signalflöte.
    Es dauerte nicht lange, bis er Verstärkung von einigen Constablern der benachbarten Thielbek-Wache bekam.
    »Der Mörder dieser Frau ist gekleidet wie ein Schauermann.« Boysen kniete sich neben die Leiche, berührte sie am Hals. »Der Körper ist noch warm, die Tat geschah erst vor wenigen Minuten. Stellt das ganze Gängeviertel auf den Kopf, wir müssen den Dreckskerl erwischen. Wahrscheinlich hat er Blut an seinen Klamotten.«
    Zumindest hoffte Boysen das. Viele Schauermänner lebten in dieser miesen Gegend, aber nur einer von ihnen konnte der Mörder sein. Der Offiziant wettete mit sich selbst, dass Marie Stevens und diese zweite Frau von demselben Verbrecher umgebracht worden waren. Er hatte ihnen die Kehle zerfleischt. Boysen schaute sich suchend um. Er entdeckte in dem offenstehenden Schuppen eine Pferdedecke und warf sie über den toten Körper.
    »Bringt die Kinder hier weg!«, herrschte er die umstehenden Mütter an. »Das ist kein Anblick für sie.«
    Die Constabler trabten los, um Boysens Befehl auszuführen. Der Offiziant versuchte vergeblich, die Menge an Gaffern zu zerstreuen. Er würde bei der Toten bleiben müssen, bis ein Leichenwagen eintraf.
    Plötzlich bemerkte Boysen, dass Anna Dierks neben ihm stand. Die junge Dame hatte ihre Augen weit aufgerissen und sich die flache Hand vor den Mund geschlagen.
    »Sie sollten nach Hause gehen«, sagte er. »Wo wohnen Sie überhaupt, Fräulein Dierks?«
    »In Blankenese.«
    »Das dachte ich mir.«
    Anna konnte ihren Blick nicht von dem Körper unter der Pferdedecke abwenden. Die in Stiefeletten steckenden Füße und die zerrissenen Unterröcke schauten unter dem braunen Stoff hervor.
    »Wer – hat das getan, Offiziant Boysen?«
    »Ein Schauermann, nach einer ersten Zeugenaussage zu urteilen. Ich bin noch nicht dazu gekommen, die Identität des Opfers festzustellen.«
    »Vielleicht kenne ich sie.«
    »Den Anblick dieser Leiche kann ich einer Dame aus der besseren Gesellschaft nicht zumuten.«
    Anna stampfte wieder mit dem Fuß auf, obwohl sie sich dabei selbst lächerlich vorkam. »Ich bin kein kleines Kind mehr, Offiziant Boysen! Ich biete Ihnen meine Hilfe bei der Aufklärung dieses Verbrechens an. Wollen Sie das einfach ignorieren?«
    »Wie Sie wünschen ...«
    Boysen hob die Pferdedecke an, so dass der Kopf der Toten mit dem zerbissenen Hals sichtbar wurde. Anna wurde kreidebleich und schwankte. Sie wäre in den Dreck gefallen, wenn Boysen sie nicht galant auf seine Arme gehoben hätte. Er kam sich dabei idiotisch vor, wie ein junger Held in einem schwülstigen Theaterstück. Zum Glück war Anna nicht ohnmächtig, nur etwas benommen. Sie griff zu ihrem bewährten Riechsalzfläschchen und wurde gleich darauf wieder munter.
    »Oh, mein Gott. – Sie können mich jetzt herunterlassen, Offiziant Boysen.«
    »Stets zu Diensten«, sagte der Uniformierte mit ironischem Unterton. Er stellte Anna auf die Beine.
    Die junge Frau atmete tief durch. »Die Tote ... ihr Name lautete Liese Hinrichs. Auch sie war ein gefallenes Mädchen, sie verkauft ihren Körper seit zwei Jahren am Hafen.«
    Boysen machte sich eine Notiz. Er wäre liebend gern persönlich hinter dem Mörder hergejagt. Aber es brachte nichts, wie ein aufgescheuchtes Huhn durch das Gängeviertel zu rennen. Jemand musste die Fäden der Untersuchung in der Hand behalten. Das war momentan seine Aufgabe.
    »Gehen Sie am besten nach Hause, Fräulein Dierks! Nehmen Sie sich eine Stickerei oder lesen Sie ein gutes Buch! Genießen Sie den Ausblick vom Süllberg auf die Elbe bei dem schönen Wetter. Hier wird es allmählich zu gefährlich für eine junge Dame von Stand.«
    »Sie haben mir gar nichts vorzuschreiben, Offiziant Boysen«, sagte Anna überheblich. »Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen.«
    Boysen zuckte mit den Schultern. »Ich habe Sie nur gewarnt, Fräulein Dierks. – Entschuldigen Sie mich nun, ich habe zu arbeiten.«
    Der Offiziant wandte sich an einen jungen Constabler, der herangehetzt kam und nach Atem ringend Bericht erstattete. Anna konnte nicht verstehen, was die Männer redeten, da sie die Köpfe zusammensteckten. Aber Boysen machte einen gereizten Eindruck.
    »Wir brauchen mehr Mannschaften für die Suche«, hörte sie den Offizianten noch sagen, bevor sie sich abwandte. »Der Dreckskerl mordet sonst immer weiter.«
     
    Anna war geschockt. Sie hatte den Anblick der toten Frau vor

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