DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition)
«Ach so.»
Zurück am Tisch erzählte Thomas, der früher beim Stadtmagazin Bonus mitgearbeitet hatte, seit Rogers Freundin Rachel so unerwartet gestorben sei, gehe es ihm hundsmiserabel.
Sie sei auch mit Rachel befreundet gewesen, erwähnte Gabriella, die von ihrem tragischen Tod bereits gehört hatte, «wir haben zusammen Schule gegeben.»
Thomas Hämmerli wurde hellhörig. «Dann muss ich dich unbedingt Roger vorstellen!»
Kurz darauf standen sie sich gegenüber. Sie habe Rachel gekannt, sagte sie einfühlend, «es tut mir wahnsinnig leid, was passiert ist.»
Im ersten Moment wirkte Schawinski – in Begleitung seiner Freundin Edna Liesak, die ihn in dieser Phase unterstützte – als hätte ihn der Schlag getroffen. Verdattert blickte er um sich, brachte keinen gerade Satz mehr hervor. Am nächsten Tag rief er Gabriella zuhause an: Er habe ihre Nummer im Telefonbuch ausfindig gemacht und müsse dringend mit ihr reden.
Nach seinem Anruf gingen sie oft spazieren, meist auf dem Panoramaweg oberhalb des Zürichsees. «Wir waren beide irrsinnig heartbroken und haben erlebt wie es ist, wenn man jemanden verliert, den man über alles liebt», erzählt Gabriella. «Stundenlag haben wir geredet, wir haben uns halb kaputtgeredet. Wir redeten über Rachel, über Buddha, den Bhagwan und die Welt.»
Roger sei zu dieser Zeit viel zuhause im Schneidersitz herumgesessen, die Handflächen nach oben, und habe über das Leben und den tieferen Sinn nachgedacht. «Das ist ein lässiger Typ», staunte Gabriella, «der sich mit solchen Sachen auseinandersetzt.» Am meisten habe sie verblüfft, dass einer wie Schawinki nicht schockiert gewesen sei vom Chaos in ihrem Leben. «Im Gegenteil, der hat das alles super gefunden mit Poona, Oregon und Santa Fe!»
Trotzdem war sie sicher, sich nicht in ihn zu verlieben. «Er war, ehrlich gesagt, nicht mein Typ» gesteht sie, «ich stand auf internationale, universale Männer, die überall in der Welt herumgekommen sind.» Doch Roger sei nicht nur ein unheimlich charmanter Mann, sondern auch ein begnadeter Kommunikator. «Er hat mich verbal verführt, und er weiss wirklich unglaublich viel.» Es stimme überhaupt nicht, was viele behaupten, dass bei ihm alles oberflächlich sei. «Sein Gedächtnis ist wie ein Schwamm; was er einmal aufschnappt, merkt er sich jahrelang.» Das sei übrigens sein Geheimnis im Talktäglich: «Er kann auf eine Fülle von gespeicherten Informationen zurückgreifen.»
Im Juni 1993 erklärten sie ihre Beziehung für offiziell («Er hat mich nie gedrängt – er hat nur nicht mehr losgelassen!»). Ein Jahr später arbeitete Gabriella Sontheim als Produzentin von Talktäglich und später als Videojournalistin für die Sendung Lifestyle bei Tele Züri. Nach drei Jahren sagte er, er wolle mit ihr zusammenziehen («Wir haben ein paar Häuser angeschaut, und das erste, das mir gefiel, hat er gleich gekauft!»). 150 Gäste kamen im Sommer 1996 zur Hochzeitsparty und liessen sich im Festzelt von engagierten Multikultiköchen verwöhnen. Kurz darauf wünschte er sich ein Kind. («Natürlich hat er geglaubt, jetzt würde ich eine sorgende Hausfrau und Mutter. Aber da hat er sich getäuscht!»). Dass sie «den Fulltime-Job als Ehefrau von Roger Schawinski» nie antreten wollte, habe er erst «nach anfänglichen patriarchalischen Auseinandersetzungen» akzeptiert.
Als «Kind der Kommune» sei sie nicht für ein Leben in sozialer Isolation geschaffen, darum veranstalte sie in der 7-Zimmer-Villa eine muntere WG, lade Freunde und Freundinnen ein. Zusammen mit Tochter Lea Hannah besuche sie – seit ihrem Filmbericht über den Dalai Lama – regelmässig die Mönche im buddhistischen Kloster von Rikon und nehme an Zelebrationen und Meditationen teil. «Dort ist egal, wer du bist und was du hast.»
Zeit für eine Führung durchs Parterre: Den Buddha auf dem Holztisch hat er bei Sotheby’s in New York ersteigert. Den kambodschanischen Buddha aus der Khmer-Zeit hat er ihr zur Hochzeit geschenkt. Sogar auf dem Gäste-WC steht ein Buddha. Zuletzt wirft Gabriella einen Blick zum imposanten burmesischen Zweimeter-Buddha zuhinterst im weitläufigen Garten. «Roger hat ein grosses Bedürfnis nach innerem Frieden», sagt sie, «doch diesen findet er wohl kaum, wenn er möglichst viele Buddhas kauft.»
Tatsächlich stehen die Zeichen auf Sturm. «Roger steht jetzt mitten im Ozean auf der Kommandobrücke seines Kriegsschiffes, es trommelt – tum–tum–tum! – und geht volle Kraft
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