Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Scheich

Titel: Der Scheich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Maude Hull
Vom Netzwerk:
- oder nur verärgert über die unzulänglichen Vorbereitungen ihres Führers. Jedenfalls hatte die schweigende, menschenleere Wüste vor der Ankunft dieser berittenen Araber beklemmend an Dianas Nerven gezerrt. Nun sah alles ganz anders aus, denn die gleichförmige Ruhe wurde von einem mitreißenden Knistern abgelöst.
Rasch verringerte sich der Abstand zwischen den beiden Karawanen. Mit leuchtenden Augen galoppierte Diana ihrem Führer voraus. Nun waren die fremden Reiter nahe genug herangekommen, so daß sie die edlen Pferde und die stolze Haltung der Männer erkannte. Außerdem waren die Fremden bewaffnet und hielten ihre Gewehre vor der Brust, nicht über die Schulter geschlungen wie die Araber in Biskra.
Sie ritten dicht an Diana vorbei. Ihre geordneten Reihen wiesen auf eine gründliche Ausbildung und strenge Disziplin hin. Kein einziger wandte den Kopf in Dianas Richtung, keiner verlangsamte das Tempo. Dianas Pferd ließ sich von den dahinpreschenden Artgenossen anstecken und bäumte sich ungeduldig auf. Nachdem sie es gebändigt hatte, drehte sie sich im Sattel um. Immer noch atemlos, blickte sie den Arabern nach.
«Was sind das für Männer?» rief sie Mustafa Ali zu, der hinter ihr zurückgeblieben war. Aber auch sein Blick folgte der Reiterschar, und er schien ihre Frage nicht zu hören. Die Eskorte wartete noch weiter entfernt.
Anerkennend musterte sie die dichtgedrängte Araberschar. Was für ein schöner Anblick ... Nun blinzelte sie verwirrt. Nur wenige Meter vor ihrer Eskorte wurden die galoppierenden Pferde abrupt gezügelt. Nie hätte sie geglaubt, daß sie bei dieser hohen Geschwindigkeit so plötzlich stehenbleiben konnten, noch dazu in geballter Formation. Straff gespanntes Zaumzeug riß die Tiere auf die Hinterbeine zurück.
Doch sie fand keine Zeit, um die phantastischen Reitkünste der Araber zu bewundern, denn nun überstürzten sich die Ereignisse. Der Trupp stob auseinander, bildete eine lange Kolonne von je zwei Mann, umrundete die Eskorte und ritt zurück, um Diana und Mustafa Ali zu umzingeln. Verblüfft beobachtete sie das Manöver und versuchte ihr aufgeregtes Pferd zu beschwichtigen. Zweimal sprengten die Wüstensöhne mit wehenden Umhängen und erhobenen Gewehren um sie herum. In wachsender Ungeduld schaute sie ihnen zu. Gewiß, sie boten ein eindrucksvolles Schauspiel, aber die Zeit drängte. Bald würde es dunkel sein. Schade, daß diese Vorstellung nicht früher stattgefunden hatte, dachte sie. Dann hätte ich sie in aller Ruhe genießen können.
Sie wandte sich wieder zu Mustafa Ali um und wollte ihm vorschlagen weiterzureiten. Aber er war zu seinen Männern zurückgewichen. Ärgerlich kämpfte sie mit ihrem nervösen Pferd, um es in die Richtung ihrer Eskorte zu lenken. Plötzlich krachten Schüsse. Diana zuckte zusammen, und ihr Pferd bäumte sich in wilder Panik auf. Dann lachte sie. Sicher sollte dieser Krach das Ende des Spektakels signalisieren, ein Abschiedsgruß, die décharge des mousqueterie [Musketensalve], in der arabischen Welt überaus beliebt. Sie wandte den Kopf, um den Rückzug der Reiter zu beobachten.
Und da erstarb das Lachen auf ihren Lippen. Es war kein Abschiedsgruß - die Gewehre zeigten nicht in den Himmel, sondern auf Diana und ihre Begleiter. Während sie die Fremden entgeistert anstarrte und ihr Pferd vergeblich zu beruhigen suchte, versperrten ihr mehrere Araber die Sicht auf Mustafa Alis Truppe. Er selbst lag über dem Hals seines Pferdes, das reglos inmitten des Durcheinanders stand. Nach einer weiteren Salve glitt er langsam aus dem Sattel, fiel zu Boden. Gleichzeitig ging Dianas Pferd durch. Der ungestüme Sprung schleuderte sie beinahe in den Sand.
Vor der Schießerei war sie gar nicht auf den Gedanken gekommen, die Araber könnten ihr feindlich gesonnen sein. Sie glaubte, sie wollten nur ihre Fähigkeiten zur Schau stellen, mit jener kindischen, für dieses Volk charakteristischen Freude an dramatischen Szenen. Also ist die Sorge der französischen Behörden berechtigt, überlegte sie. Verächtlich fragte sie sich, wie die Regierung einen solchen Angriff in der Nähe der Zivilisation überhaupt zulassen konnte. Dann stellte sie sich amüsiert vor, wie Aubrey jetzt triumphieren würde. Doch die Belustigung verflog sehr schnell, als ihr der Ernst ihrer Lage bewußt wurde. Erst jetzt erwog sie die Möglichkeit, daß Mustafa Ali wegen einer Verwundung aus dem Sattel gefallen war - nicht vor Angst, wie sie geringschätzig vermutet hatte.
Warum hat

Weitere Kostenlose Bücher