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Der Scheich

Titel: Der Scheich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Maude Hull
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Nur undeutlich vernahm sie seine leise, sanfte Stimme, weil er ihr Gesicht wieder an sich drückte. Sie wußte nicht, ob die beschwichtigenden Worte ihr oder dem Fuchs galten. Um der stählernen Umklammerung zu entrinnen, versuchte sie den Kopf zu heben. «Still, kleine Närrin!» fauchte er in plötzlicher Wut. Grobe Hände zwangen sie zum Gehorsam, und sie fragte sich, ob er ihr jeden einzelnen Knochen brechen würde, damit sie keinen Widerstand mehr leisten konnte.
Nach Luft ringend ergab sie sich in ihr Schicksal. Offenbar spürte der Mann, daß sie kapituliert hatte, und widmete seine ungeteilte Aufmerksamkeit dem Pferd. Dabei lachte er leise vor sich hin, wie zuvor, als sie danebengeschossen hatte. Schon damals war ihr das sonderbar erschienen, doch sie hatte nur Verwirrung empfunden. Jetzt kam ein neues Gefühl hinzu: Zum erstenmal in ihrem Leben hatte sie Angst - eine eigenartige Angst, gegen die sie verzweifelt ankämpfte. Aber die Furcht gewann die Oberhand, zehrte an ihren Kräften, und ihr wurde schwindlig. Sie blieb zwar bei Bewußtsein, fühlte sich aber wie gelähmt und in einer ausweglosen Situation gefangen.
Danach verlor sie jedes Zeitgefühl, so wie ihr zuvor der Orientierungssinn abhanden gekommen war. Verstrichen Minuten oder Stunden, während sie durch die Nacht galoppierten? Sie wußte nicht, ob sie allein waren oder ob - lautlos auf weichem Sand - die Araberschar mit ihnen ritt, der dieser Mann angehörte. Was war mit Mustafa Ali und seinen Leuten geschehen? Hatte man sie niedergemetzelt und die Leichen einfach liegengelassen? Oder wurden auch sie gegen ihren Willen in ein entlegenes Wüstengebiet gebracht? Aber im Augenblick sorgte sie sich nicht sonderlich um das Schicksal ihres Führers und seiner Gefährten. Während des kurzen Kampfs hatten sie sich nicht gerade tapfer verhalten, und die Verzweiflung über ihre eigene grauenvolle Lage verdrängte alle anderen Gedanken.
Unaufhaltsam wuchs die Angst, sosehr sie sich selbst auch deswegen schalt und sich einredete, daß es nur auf Einbildung beruhte. Aber sie ließ sich nicht verscheuchen, und Diana graute vor den eigenartigen Gedanken, die sie in ihr heraufbeschwor. Mit einem solchen Zwischenfall hatte sie nicht gerechnet.
Niemals hätte sie geglaubt, ein Reiseabenteuer könnte auf diese Weise enden. Und sie hätte auch nicht damit gerechnet, daß sie angesichts von Gefahr den Mut verlieren würde. In Gegenwart ihres Bruders hatte sie sich nie mit einer derartigen Bedrohung auseinandersetzen müssen. Nun aber konnte sie die Augen nicht länger vor der unbarmherzigen Wirklichkeit verschließen, und bei dieser Erkenntnis brach ihr der Angstschweiß aus.
Als der Araber sie unsanft im Sattel zurechtschob, war sie fast erleichtert, da ihr Kopf nun nicht mehr zwischen den erstickenden Falten seines Gewandes steckte. Er schwieg - nur ein einziges Mal murmelte er ein paar unverständliche Worte, als der Fuchs heftig scheute. Doch die Galgenfrist dauerte nicht lange. Wenige Minuten später umschlang er sie wieder mit seinem eisenharten Arm, wickelte einen Teil seines langen Umhangs um ihren Kopf und nahm ihr die Sicht. Und dann verstand sie, was der Grund dafür gewesen war. Abrupt wurde das galoppierende Pferd gezügelt, mit jenem Geschick, das ihr so erstaunlich erschienen war, als sie die Reitkünste der Araberschar zum erstenmal beobachtet hatte. Er drückte sie fest an sich und glitt mit ihr zu Boden.
Ringsum erklang undeutliches Stimmengewirr, das plötzlich verstummte, während er sie irgendwohin trug. Er stellte sie auf die Füße und streifte den Burnus von ihrem Gesicht. Blinzelnd blickte sie in helles Licht, das sie nach dem nachtschwarzen Dunkel fast blendete, und hielt verwirrt die Hand vor die Augen. Dann sah sie sich um. Zu ihrer Verblüffung stand sie in einem geräumigen Zelt, das von zwei Hängelampen erleuchtet wurde. Doch ihre Aufmerksamkeit galt nicht ihrer Umgebung, sondern dem Mann, der sie hierhergebracht hatte. Lässig legte er den schweren, knöchellangen Umhang ab und stand vor ihr, hochgewachsen und breitschultrig, in einem fließenden weißen Gewand mit besticktem schwarzsilbernen Gürtel, der seine Taille mehrmals umschlang. Darin steckte ein Revolver.
Langsam wanderte ihr Blick über seine Gestalt hinweg und blieb an seinem gebräunten, glattrasierten, von kurzgeschnittenem braunen Haar umgebenen Gesicht hängen. Nie zuvor hatte sie schönere, grausamere Züge gesehen. Unwillkürlich starrte sie ihm in die Augen, die

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