Der Scheich
herum, betreute sie mit geschulten Händen und las ihr jeden Wunsch von den Augen ab. Verwirrt beobachtete sie ihn, und sie bemerkte erst jetzt, daß sie hungrig war. Sie fühlte sich wie in einem Traum. Zunächst blieb ihr nichts anderes übrig, als sich von diesem Mann bedienen zu lassen, der mit leiser Stimme sprach und lautlos umhereilte - ein seltsames Faktotum im Haushalt eines arabischen Scheichs.
«Monseigneur bittet Sie, ihn bis heute abend zu entschuldigen», murmelte er und reichte ihr einen Teller mit Couscous. Vor dem Dinner wird er zurückkommen.»
Verständnislos blickte sie auf. «Monseigneur?»
«Mein Herr, der Scheich.»
Wieder stieg ihr das Blut in die Wangen, und ihre Augen verengten sich. Dieser heuchlerische orientalische Schurke bat sie, ihn zu entschuldigen! Mit einer knappen Geste lehnte sie das letzte Gericht ab. Nachdem der Diener den Teller entfernt hatte, stützte sie die Ellbogen auf den Tisch und preßte die Hände an ihre pochenden Schläfen. Auch die Kopfschmerzen zählten zu den neuen Erfahrungen, die seit dem vergangenen Tag über sie hereinstürzten. Leid in jeder Form war ihr neu. Und ihr Haß gegen den Mann, der ihr all das zufügte, wuchs mit jedem Atemzug.
Der Franzose servierte Kaffee, holte Zigaretten und gab ihr Feuer. Geduldig fachte er das widerstrebende Flämmchen an, was auf langjährige Übung im Umgang mit minderwertigem Schwefel hinwies. «Monseigneur diniert um acht. Wann möchte Madame Tee trinken?» fragte er, während er den Tisch abräumte und zusammenklappte.
Nur mühsam verkniff sie sich die spöttische Antwort, die ihr auf der Zunge lag. Die ruhige, devote Haltung des Mannes schien zu bekunden, daß er Dianas Anwesenheit im Lager für selbstverständlich hielt, und das war kaum zu ertragen. Beinahe hätte sie eine anzügliche, unverschämte Miene vorgezogen. Aber diese Unterwürfigkeit weckte ein Gefühl der Ohnmacht. Allmählich gewann sie den Eindruck, daß sich ein Netz um sie legte, dessen enggewirkte Maschen ihr nicht nur die Freiheit raubten, sondern ihre ganze Existenz bedrohten. Hastig verdrängte sie diese Vorstellung. Wenn sie weiter darüber nachdachte, würde sie noch den letzten Rest ihrer Selbstbeherrschung verlieren. Also gab sie dem Diener eine belanglose Antwort und kehrte ihm den Rücken zu. Als sie sich wieder umdrehte, war er verschwunden, und sie seufzte erleichtert auf. Sein wachsamer Blick hatte an ihren Nerven gezerrt.
Da sie jetzt endlich allein war, konnte sie etwas freier atmen. Energisch straffte sie die Schultern, um ihre beschämende Angst zu unterdrücken. Neugier hatte sich unter ihre verwirrenden Gefühle gemischt, und Diana beschloß, ihr den Vorzug zu geben. Um sich von ihrer Niedergeschlagenheit abzulenken, wanderte sie im Zelt umher. Letzte Nacht hatte sie nichts von ihrer Umgebung wahrgenommen und nur den Mann gesehen, der hier alles beherrschte.
Dieser Raum war ebenso luxuriös ausgestattet wie das Schlafgemach. Mit fachkundigem Auge bewunderte sie die exquisiten Perserteppiche und die kostbaren schwarzen Vorhänge mit Silberstickerei. Auf dem größten Möbelstück, einem schwarzen Diwan, häuften sich dicke Kissen, mit mattschimmernder schwarzer Seide bezogen. Zwei ungewöhnlich gewaltige schwarze Bärenfelle lagen auf den Teppichen, die ausgestopften Köpfe einander zugewandt. An einem Ende des Zelts stand ein kleines Bücherregal, am anderen, nahe dem Ausgang, ein tragbarer Schreibtisch. Ein buntgemischtes Sammelsurium häufte sich auf mehreren maurischen Schemeln - Elfenbeinfiguren, goldene und silberne Zigarettenetuis und diverser Krimskrams. Neben der Stoffbahn, die beide Räume teilte, prangte eine kunstvoll geschnitzte alte Holztruhe.
Trotz der eher spärlichen Möblierung, die das Zelt noch größer erscheinen ließ, strahlte der Raum eine fremdartige Pracht aus. Die schwarzen Vorhänge mit den dicken, glitzernden Silberfäden erzielten einen theatralischen Effekt, der beabsichtigt wirkte. Vielleicht sollten sie die wallenden weißen Roben des Arabers hervorheben. Nun erinnerte sie sich an seinen schwarzsilbernen Gürtel und kräuselte verächtlich die Lippen. Diese Eingeborenen sind alle eitel, verallgemeinerte sie spöttisch. Zweifellos gefiel es dem Scheich, die Farbkomposition des Zelts in seinen Kleidern zu wiederholen, zwischen Kissen auf seinem Luxusdiwan zu posieren und sich von seinem Gefolge bewundern zu lassen. Sie seufzte angewidert und wandte sich von dem großen, einladenden Sofa ab.
Dann kniete
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