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Der Scheich

Titel: Der Scheich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Maude Hull
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schneller, doch sie bewahrte die Fassung. Verzweifelt klammerte sie sich an ihre einzige Hoffnung. Ahmed mußte rechtzeitig kommen. Energisch verdrängte sie die quälenden Zweifel, die ihr zuflüsterten, vielleicht würde er sie niemals finden. Vielleicht würde er auch zu spät eintreffen, wenn das Unsägliche bereits geschehen war und kein Mann sie mehr ansehen würde.
Endlich beendete Ibraheim Omair sein Verhör. «Sie werden schon noch reden», verkündete er vielsagend und trank seinen Kaffee. Seine Worte beschworen ein neues Entsetzen herauf. Vor ihrem geistigen Auge standen dieselben gräßlichen Bilder wie damals, als sie um Gaston gebangt hatte. Nur daß sie es nun war, die die schrecklichen Leiden erdulden mußte. Krampfhaft biß sie die Zähne zusammen, damit sie zu klappern aufhörten. Der Räuberscheich hielt sie noch immer fest. Von heftigem Ekel erfaßt, spürte sie, wie seine Hand über ihren Arm, ihren Hals, über die sanften Rundungen ihres schlanken jungen Körpers wanderte. Dann grunzte er wieder und zwang sie, ihn anzusehen. «Worauf lauschen Sie? Glauben Sie, Ahmed Ben Hassan wird kommen? Kleine Närrin! Sicher hat er Sie längst vergessen. In Algier und Oran gibt es genug weiße Frauen, die er mit seinem Gold und seiner Teufelsfratze verführen kann. Er hat so viele Kurtisanen, wie Sterne am Himmel stehen. Schnell wie der Wüstenwind kommen und gehen sie, nur ein heißer Atemhauch - und schon ist es wieder vorbei. Nein, er kommt nicht mehr hierher, und wenn doch, wird er Sie nicht finden. In einer Stunde verlassen wir diesen Ort.»
Verzweifelt wand sie sich in seinem Griff. Die kehlige Stimme, die verhaßten Worte in schlechtem Französisch, das lüsterne, bösartige Gesicht, die wachsende Bewunderung in den blutunterlaufenen Augen - das alles war wie ein gespenstischer Alptraum. Mit aller Kraft riß sie sich los und floh voller Angst in eine Ecke. Aber sie stolperte in ihrer blinden Flucht, und Ibraheim Omair folgte ihr erstaunlich flink, trotz seiner plumpen Gestalt. Ohne ihre Gegenwehr zu beachten, nahm er sie auf die Arme, trug sie zum Kissenberg zurück und ließ sie fallen. Ohne nachzudenken, blieb sie reglos liegen, schonte ihre Kräfte für den letzten Kampf.
«In einer Stunde, meine kleine Gazelle, in einer Stunde ...», flüsterte er heiser und beugte sich zu ihr herab.
Mit einem Aufschrei drehte sie den Kopf zur Seite und bekämpfte den Räuberscheich aus Leibeskräften. Im Geiste dankte sie Aubrey, daß er ihr das Raufen beigebracht hatte, und sie sträubte sich, bis sie dem harten Griff entkommen und aufspringen konnte. Doch Ibraheim Omair zerrte sie sofort auf den Diwan zurück, riß ihr das Hemd von den Schultern, entblößte ihren weißen, bebenden Busen. Keuchend versuchte sie, ihn wegzustoßen, aber seine Arme umfingen sie unerbittlich. Sie stemmte die Hände gegen seine Brust und glaubte, die Muskeln ihrer Arme müßten zerspringen.
So tapfer sie auch Widerstand leistete - sein Gewicht preßte sie unbarmherzig in den Kissenberg. Sein heißer Atem streifte ihr Gesicht, der abscheuliche Gestank seines Gewandes drang ihr in die Nase. Bald spürte sie, wie ihre Kräfte erlahmten. Ihr Herz pochte so heftig, daß sie keine Luft mehr bekam. Nur noch einen Augenblick - und sie würde endgültig besiegt sein. Nun konnte sie kaum noch einen klaren Gedanken fassen, so wie vorhin, als ihr Peiniger die Araberin ermordet hatte.
Wenn er sie doch auch töten würde. Das wäre leichter zu ertragen gewesen als diese Qual. Inzwischen war die schwache Hoffnung fast erloschen. Ahmed war nicht gekommen, und der Gedanke an ihn vergrößerte ihre Verzweiflung. Keine Sekunde lang hatten Ibraheim Omairs höhnische Worte ihren Glauben an den geliebten Mann erschüttert. Er würde kommen - aber zu spät. Niemals würde er erfahren, wie inbrünstig sie ihn liebte. Oh, Gott! Ahmed! Ahmed! Mit einem lautlosen Schrei fühlte sie ihre letzten Kräfte schwinden. Erschöpft lag sie unter dem massigen Körper des Räuberscheichs. Er erhob sich, zwang sie auf die Knie, packte grob ihre Locken und zerrte ihren Kopf nach hinten. In seinen Augen glitzerte der Wahnsinn, und Schaum quoll ihm aus dem Mund, als er das Messer aus dem Gürtel zog und ihr die scharfe Klinge an die Kehle hielt. Sie zuckte nicht einmal zusammen. Nach einer Weile ließ er den Dolch fallen, und ein häßliches Gelächter gellte ihr in den Ohren.
«Nein, erst danach», keuchte er und stieß sie in die Kissen zurück. Überall spürte sie

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