Der Scheich
er nur stillen konnte, wenn er den Schuldigen erdrosselte. Ehe er dem Ruf seiner neu entdeckten Liebe folgte und das kleine zarte Geschöpf umarmte, mußte er den mehrfachen Mörder, der ihm endlich ausgeliefert war, ins Jenseits befördern.
Ein kaltes Lächeln huschte über sein Gesicht, als seine Finger fester und fester zudrückten. Im unbarmherzigen Würgegriff erwachte Ibraheim Omairs Lebenswille, und er wehrte sich verbissen. Diana kauerte am Boden. Die Hände am schmerzenden Hals, beobachtete sie mit großen, ängstlichen Augen, wie die beiden schwankenden Gestalten miteinander rangen. Der Räuberscheich kämpfte um sein Leben. Er kannte seine eigene Kraft, war sich aber der Überlegenheit des Gegners bewußt.
Plötzlich ließ Ahmed seinen Hals los, packte ihn und drängte ihn zum Diwan. Durch einen geschickten Ringergriff stieß er Ibraheim die Beine weg, schleuderte ihn zwischen die Kissen, stemmte ein Knie auf die Brust des Feindes und umklammerte ihn wieder an der Kehle. Mit seinem ganzen Gewicht drückte er ihn auf den Diwan. Das schreckliche Lächeln umspielte seine Lippen immer noch, während er den verhaßten Widersacher langsam erdrosselte. Der Sterbende bäumte sich im letzten Kampf auf, und Blut quoll ihm aus Mund und Nase. Es floß über die Hände, die seinen Hals wie ein Schraubstock umklammerten.
Unverwandt starrte Diana Ahmed an, von der alten lähmenden Furcht erfaßt, die sekundenlang sogar ihre Liebe besiegte. Schon oft hatte sie Ahmed in wilder Wut gesehen, aber noch nie diese grausame Freude erlebt, die seine Züge jetzt zeigten. Nun zeigte er sein wahres Gesicht, das sich hinter der zivilisierten Fassade verbarg: Er war ein Wilder, trunken vor Rachsucht. Ihr bangte vor den gnadenlosen, blutbefleckten Händen, die sie berühren würden, vor den Küssen dieses grausam lächelnden Mundes, vor dem mörderischen Funkeln in den schwarzen Augen.
Doch sie empfand kein Mitleid mit dem sterbenden Schurken, der seine Verbrechen nun so schrecklich büßen mußte. Sie war Zeugin geworden, wie er aus einer Laune heraus einen Mord begangen hatte, und sie wußte, welches Schicksal sie erlitten hätte, wäre Ahmed zu spät gekommen. Und die Vergeltung wurde schnell vollzogen, denn er war gnädiger als der Räuberscheich, der seine Opfer stundenlang zu Tode gefoltert hätte.
Vor dem Zelt schwoll der Lärm an, da die Kämpfer allmählich näher rückten. Mehrere Kugeln zerfetzten die Planen, und eine flog so dicht an Diana vorbei, daß sie den Kopf zur Seite drehte. Da entdeckte sie, woran Ahmed, von seinem blutigen Werk in Anspruch genommen, keinen Gedanken verschwendet hatte: die drei großen Nubier und ein Dutzend Araber, die lautlos aus dem Nebenraum hereingeschlichen kamen. Im Rausch des Augenblicks vergaß der siegreiche Scheich alle Vorsicht. Entsetzt sah Diana die Feinde an. In ihrer Sorge um Ahmed vergaß sie, daß sie sich eigentlich vor ihm fürchtete, und versuchte, ihn zu warnen. Aber sie brachte keinen Laut heraus. Deshalb kroch sie hastig zu ihm hinüber und tippte ihn auf den Rücken. Als er den toten Räuberscheich endlich losließ, stürmten die Feinde schon heran.
Wortlos schob er Diana hinter den Diwan und stellte sich ihnen entgegen. Beim Anblick seines Revolvers zögerten sie kurz, doch dann sprangen die Nubier hinter den Arabern hervor. Dreimal feuerte Ahmed; ein Nubier und zwei Araber stürzten. Doch die anderen warfen sich auf ihn, und Diana stellte fest, daß er umzingelt war. Dank seiner ungeheuren Kraft hielt er der Übermacht eine Weile stand.
Diana erhob sich taumelnd. Sie wußte nicht, wie sie ihm helfen sollte. Über dem Kampfeslärm hörte sie Saint Huberts Stimme und rief nach ihm, obwohl der Schrei ihr in der Kehle schmerzte. Auch Ahmed vernahm die Stimme seines Freundes. Mit einer verzweifelten Anstrengung gelang es ihm, die Angreifer abzuschütteln. Aber ein Nubier stand hinter ihm und schlug ihm eine schwere Keule auf den Kopf. Ein zweiter rammte ihm ein Messer in den Rücken. Bewußtlos brach der Scheich zusammen, während Saint Hubert und seine Leute das Zelt stürmten.
Rings um den reglosen Körper des Scheichs tobte die Schlacht. Diana versuchte ihn zu erreichen, wurde aber immer wieder von den Kämpfenden beiseite gestoßen, bis eine starke Hand nach ihr griff und sie fortzog. Verbissen wehrte sie sich, bis sie einen von Ahmeds Männern erkannte und den Widerstand geschwächt aufgab. Wie durch einen Nebel sah sie Saint Hubert, der sich einen Weg zu seinem Freund
Weitere Kostenlose Bücher