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Der Scherbensammler

Der Scherbensammler

Titel: Der Scherbensammler
Autoren: Monika Feth
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zu beenden, ohne ausfallend zu werden. Er ging zur Theke, um zwei weitere Tassen Kaffee zu holen. Als er zum Tisch zurückkam, zitterten seine Hände.
    »Was hat dich so aufgebracht?«
    »Dein Kollege Tilo Baumgart. Er ist wirklich unglaublich.«
    »Ein guter Mann«, sagte sie vorsichtig.
    »Aber sehr verschwiegen.«
    »Was hat er dir denn verschwiegen?«
    »Dass Ben Bischop Mina seine Liebe gestanden und nichts als Hohn und Spott geerntet hat.«
    »Und nun glaubst du, dass er sie mit Gewalt aus der Wohnung der Mädchen geholt hat?«
    »Wäre das so unwahrscheinlich?«
    »Und ihre Freundinnen hat er auch gleich mitgenommen?«
    Ratlos rührte Bert in seiner Tasse, obwohl er weder Zucker noch Milch hineingetan hatte.
    »Ich weiß. Das ergibt im ersten Moment wenig Sinn.«
    Und doch sagte ihm sein Instinkt, dass er diesen Gedanken weiterverfolgen musste.
    Sie tranken ihren Kaffee aus und Bert verkroch sich wieder in sein Büro. Er setzte sich an den Schreibtisch und starrte auf die Pinnwand, die von Zeitungsartikeln, Notizzetteln und Fotos allmählich überquoll. Auf sein logisches Denkvermögen und seinen Instinkt hatte er sich immer verlassen können. Er brauchte nur ein bisschen Ruhe.
    Und Zeit.
    Dabei war Zeit genau das, was ihm fehlte.
     

Kapitel 23
    Schließlich musste ich doch eingeschlafen sein. Als ich wach wurde, war es dunkel. Ich brauchte eine Weile, bis ich mich orientiert hatte. Jetzt konnte ich auch das Geräusch einordnen, von dem ich geweckt worden war - der Baum vorm Fenster strich mit seinen Zweigen unablässig über das Glas.
    Neben mir regte sich Merle, seufzte, noch halb im Schlaf. Dann fuhr sie auf.
    »Jette?«
    »Ich bin hier«, flüsterte ich und streichelte ihre Schulter. »Tut mir leid. Ich bin eingeschlafen.«
    »Tolle Wächterin«, grummelte sie, gähnte und fuhr sich mit gespreizten Fingern durchs Haar.
    Es tat so gut, ihre Stimme zu hören. Und nicht allein zu sein.
    Sie stand auf und schob die Gardine ein Stück zur Seite.
    »Wie kalt das Mondlicht ist. Als gäbe es nur dich und mich, den Himmel und das ganze trostlose Land.«
    »Und Mina«, sagte ich. »Und Ben.«
    Merle ließ sich wieder aufs Bett fallen. Die Matratze knarrte laut.
    »Pscht!«
    Ich hielt den Atem an. Aber draußen rührte sich nichts. War das nicht eigenartig?
    »Glaubst du, er ist weg?«, fragte ich.
    »Das wär zu schön, um wahr zu sein.«
    »Mit Mina?«
    »Sie war doch die Ursache für diesen ganzen Mist!« Merle griff nach einem Zipfel der Decke und zerknautschte ihn voller Wut. »Wieso schlittern wir dauernd in so was rein? Kannst du mir das sagen? Ziehen wir die Irren an wie der Honig die Wespen oder was? Ich kapier das einfach nicht.«
    »Das bringt uns jetzt nicht weiter, Merle. Wir müssen gucken, wie wir da wieder rauskommen.«
    »Aber wie? Das mit der Trennung war eine geniale Idee. So hat er uns alle in der Hand.«
    »Stimmt. Im Augenblick sind uns die Hände gebunden.«
    »Wir können nur hoffen, dass Cleo sich nicht wieder einmischt«, sagte Merle. »Ihretwegen ist er ausgerastet. Wer weiß, zu was er fähig ist, wenn sie ihn ein zweites Mal abweist.«
    Beim ersten Mal hatte Ben sich einfach genommen, was er wollte. Was er beim nächsten Mal tun würde, wagte ich mir gar nicht erst vorzustellen.
    »Ist dir eigentlich klar, dass uns hier niemand suchen wird?«, fragte Merle.
    Genau das hatten wir gewollt. Unser Plan war perfekt gewesen. Jetzt würde er uns zum Verhängnis werden.
     
    Sie hörte Kinderstimmen.
    Lachen. Flüstern.
    Komm doch! Komm!
    Aber sie wusste den Weg nicht.
    Komm spielen!
    Sie summte ein Lied für sie. Und für eine Weile waren die Kleinen still.
     
    Es war dunkel geworden. Gut. Denn in der Nacht sind alle Katzen grau. Sagte man nicht so?
    Haus und Garten waren sicher, davon hatte Ben sich überzeugt. Nun wollte er im Schutz der Dunkelheit die Umgebung erkunden. Sie konnten sich nicht ewig von den paar Lebensmitteln ernähren, die sie mitgebracht hatten.
    Ben hatte beschlossen, eine Weile hierzubleiben. Vielleicht sogar bis zum Frühjahr. Es wäre wirklich Wahnsinn, den Winter auf der Straße zu verbringen. Außerdem hatte er noch nicht entschieden, was mit Jette und Merle geschehen sollte. Mina war mit ihnen befreundet. Sie hatte sie gern. Er musste sich ihrer Liebe erst vollkommen sicher sein, bevor er sich der Mädchen entledigte.
    Eine kleine Tour wäre ganz angebracht. Keiner würde sie misstrauisch beäugen. Vier junge Leute fuhren irgendwohin. Vielleicht auf eine Party. Oder
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