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Der Scherbensammler

Der Scherbensammler

Titel: Der Scherbensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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der ein Teppich von abgefallenen gelben Blättern lag. Rechts ging es zum Hauseingang, links zu der Werkstatt, von der Mina erzählt hatte. Mit leisem Bedauern stellte ich fest, dass niemand darin arbeitete. Dabei war ich so gespannt gewesen. Auf Ben. Ich hatte mich sogar darauf gefreut, ihn kennenzulernen.
    Kronmeyer stand auf dem blanken Messingschild an der Haustür. Ich drückte auf die Klingel und spürte ein nervöses Kribbeln auf der Haut.
    Die Frau, die mir aufmachte, lächelte voller Erwartung. Als sie mich erblickte, gefror ihr Lächeln.
    »Ja? Bitte?«
    In ihrer Stimme klang Enttäuschung mit.
    »Frau Kronmeyer?«
    Sie nickte. Ihr Blick und ihre Haltung veränderten sich, wurden vorsichtig und distanziert. Ihr Körper versperrte den Eingang. Fremde waren hier offenbar nicht erwünscht.
    »Mein Name ist Jette Weingärtner. Ich bin eine Freundin von Mina.«
    Eine ganze Weile starrte sie mich an. Ungläubig. Perplex.
    »Eine Freundin? Von Mina?«
    Langsam kehrte das Lächeln zurück. Herzlich und froh.
    »Aber bitte! Kommen Sie doch herein!«
    Sie öffnete die Tür ganz weit, fasste mich am Arm und  führte mich ins Wohnzimmer, einen großen Raum mit Sitzgarnitur, Couchtisch und Schrank. Die weißen Wände waren kahl. Es hing kein einziges Bild daran.
    »Bitte! Setzen Sie sich! Möchten Sie etwas trinken?«
    »Nein. Danke.«
    »Eine Freundin«, wiederholte sie. »Von Mina.«
    Sie saß vornübergebeugt auf der Couch und strich immer wieder mit beiden Händen über ihren Rock. Sie war schwarz angezogen, trug außer einer schlichten Perlenkette keinen Schmuck und erinnerte mich irgendwie an die Frauen auf den Gemälden in Ahnengalerien.
    »Ich soll Sie grüßen«, log ich und schämte mich entsetzlich dafür.
    »Wo ist sie? Warum meldet sie sich nicht?«
    »Sie braucht noch ein bisschen Zeit.«
    »Zeit.« Frau Kronmeyer lauschte dem Wort nach, als hätte sie Schwierigkeiten, es einzuordnen.
    »Wie geht es ihr?«
    Warum war ich hierher gekommen? Welche Erkenntnisse hatte ich mir davon versprochen?
    »Es geht ihr gut.«
    Die zweite Lüge fiel mir schon leichter und die dritte ging mir fast locker über die Lippen.
    »Aber sie macht sich Sorgen um Sie.«
    »Um mich.« Sie schaute an mir vorbei, irgendwohin. In ihre Haut, das konnte ich jetzt erkennen, hatten sich die ersten Falten eingegraben. Sie war jünger als meine Mutter, aber sie sah wesentlich älter aus. »Das muss sie nicht. Niemand kann mir mehr etwas tun.«
    Ihr Mann war tot und konnte sie nicht länger quälen. Wer behauptete denn, nur Mina hätte ein Mordmotiv gehabt?
    »Ich möchte Ihnen noch mein Beileid aussprechen, Frau Kronmeyer.«
    »Danke.«
    Sie nahm es abwesend zur Kenntnis.
    »Ben vermisst Mina sehr«, sagte sie.
    War ihre Trauer so tief in ihr verschüttet, dass sie sie nicht zeigen konnte? Oder war überhaupt keine Trauer vorhanden?
    »Er ist meine einzige Stütze.«
    Ich bemerkte die Schatten unter ihren Augen und eine Unruhe, die sie nicht verbergen konnte. Aber ich nahm auch ihr Selbstmitleid wahr.
    Meine Mutter war nie für mich da, wenn ich sie gebraucht habe.
    Wie oft hatte Mina diesen Satz gesagt. Und als nun ihre Mutter so vor mir saß, so abgewandt und in sich gekehrt, selbst im Gespräch, spürte ich deutlich, auf wessen Seite ich stand.
    »Er müsste längst hier sein. Hoffentlich ist ihm nichts passiert.«
    Ben. Ben. Immer nur Ben. Ich wollte das Gespräch wieder auf Mina lenken, als wir hörten, wie draußen das Tor zufiel. Frau Kronmeyer sprang auf und lief hinaus. Ich trat ans Fenster und sah sie einen jungen Mann umarmen. So herzlich und liebevoll, dass ich gleich wusste, wer das war.
    Über ihre Schulter hinweg schaute er in meine Richtung. Unsere Blicke begegneten sich. Im nächsten Moment hatte er sich aus der Umarmung befreit und kam ins Wohnzimmer gestürmt.
    »Das ist Ben«, sagte Frau Kronmeyer, die ihm gefolgt war, atemlos. »Er ist …«
    »Raus!« Er zeigte mit ausgestrecktem Arm auf die Tür. »Raus! Sofort!«
    »Aber Ben …« Beschwichtigend legte Frau Kronmeyer ihm die Hand auf den Arm. »Das ist eine Freundin von Mina. Stell dir vor, es geht ihr gut. Sie …«
    »Ich weiß, wer sie ist!«
    Er musste die Stimme gar nicht erheben. Sein Tonfall war so schneidend, dass ich ein Stück vor ihm zurückwich.
    »Du weißt, wer ich …«
    »Mina hat mich noch nie irreführen können.«
    »Du hast ihr nachspioniert?«
    Auch Frau Kronmeyer starrte ihn ungläubig an. »Du hast gewusst, wo Mina sich aufhält? Und mir

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