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Der Scherbensammler

Der Scherbensammler

Titel: Der Scherbensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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springen. Zumindest konnte sie es versuchen.
    »Habt ihr schon gegessen?«, fragte sie. »Ich würde euch nämlich gern zu einer Pizza einladen.«
     
    Sie mochte diese Frau. Nicht nur weil sie Jettes Mutter war und Tilos Lebensgefährtin. Sie hatte ein offenes Gesicht. Und sie machte sich Sorgen um ihre Tochter.
    So eine Mutter zu haben, war ein großes Glück. Das sollte Jette wissen. Aber sie wusste es nicht. Sonst hätte sie sich über den Besuch ihrer Mutter gefreut.
    Es war nicht weit bis zu Claudios Pizzaservice, doch der Weg kam Mina endlos vor. Und gefährlich. Sie hatte sich davor gefürchtet, die Wohnung zu verlassen. Aber Jette und Merle hatten sie zwischen sich genommen und ihr so Schutz gegeben. Mina ließ sich führen. Sie hielt den Blick gesenkt. So war es einigermaßen erträglich.
    Sie erkannte die Eifersucht in Claudios Augen, als er die Teller auf den Tisch stellte. Sie spürte seine Sehnsucht, Merle bei sich zu haben und ganz für sich allein.
    Wie seltsam, mit diesen Menschen zusammen zu sein. Menschen aus Fleisch und Blut. Die Fehler machten und machen durften. Die nicht beherrscht wurden von den starren Riten einer Gemeinschaft, die behauptete, Gott zu lieben, und ihn doch immer nur verriet.
    Für eine Weile fühlte sie sich geborgen. Sie kostete diese seltene Freude aus, denn sie wusste, dass sie sie nicht festhalten konnte.
     
    Ben zog ein paar T-Shirts aus dem Schrank und warf sie zu den Pullis und Unterhosen auf das Bett. Sein Atem ging immer noch schnell. Das Essen, das Marlene für ihn zubereitet hatte, hatte er nicht angerührt.
    »Was tust du da?«
    Sie stand im Türrahmen. War schon in Schlafanzug und Bademantel. Wenn sie Probleme hatte, ging sie früh schlafen. In den vergangenen Wochen war sie immer vor neun im Bett gewesen.
    »Ich packe.«
    »Das sehe ich, Ben. Aber warum?«
    »Ich haue ab.«
    Sie kam ins Zimmer und hielt seine Hände fest, als könnte sie ihn auf diese Weise daran hindern weiterzupacken.
    »Lass mich los, Marlene.«
    Er sagte das sehr leise, beinahe sanft, denn er spürte, dass er kurz davor war, die Beherrschung zu verlieren.
    Sie ließ ihn los und fing wieder an zu weinen, lautlos, ein stummer Vorwurf. Er faltete zwei Hosen zusammen, ohne sich weiter um Marlene zu kümmern, kramte zwei Paar Socken hervor, stopfte alles in den Rucksack und ging ins Badezimmer, um seinen Rasierapparat zu holen.
    An seine Eltern verschwendete er keinen Gedanken. Es würde sich schon herumsprechen, dass er die Wahren Anbeter Gottes verlassen hatte. Einige würden sich sehr darüber freuen. Es war so manchen ein Dorn im Auge gewesen, dass Ben von Dietmar zu seinem Nachfolger auserwählt worden war.
    Dabei hatte Ben das nie gewollt. Er hatte immer nur einen Wunsch gehabt - Mina nah zu sein.
    Irgendwann, hatte er gedacht, würde sie seine Liebe erwidern. Er hatte sich nichts anderes vorstellen können. Sie waren füreinander bestimmt.
    Wieder kam die Wut in ihm hoch. Wie sie ihn behandelt hatte!
    Er hatte sie in der Vergangenheit schon mehrmals so erlebt, so berechnend und kalt, doch das hatte immer andern gegolten, niemals ihm. Diese Seite an ihr hatte ihn lange verunsichert. Schließlich hatte er sie sich als Minas Versuch erklärt, sich einen Schutzpanzer zuzulegen.
    Wie hätte sie das Leben hier sonst ertragen?
    Auch er hatte einen solchen Panzer gehabt und das war seine Liebe zu Mina gewesen.
    Sie hatte ihn zerstört und wirkungslos gemacht.
    Ben biss sich auf die Unterlippe. Der Schmerz tat ihm gut. Er lenkte ihn ab von der Wut. Die wollte er sich aufheben. Für später.
     

Kapitel 19
    Merle saß im Dunkeln und bemerkte, dass die Nacht wirklich schwarz war. Nirgendwo ein Licht, niemand wach.
    Sie fühlte sich vollständig allein.
    Zum ersten Mal, seit sie mit Claudio zusammen war, gestand sie sich ein, dass diese Empfindung, die sie häufiger überkam, sogar ihn einschloss. Das machte sie traurig.
    Jette und Mina schliefen. Auch Merle war ins Bett gegangen, nachdem Imke Thalheim wieder gefahren war. Und dann hatte ein Geräusch sie geweckt.
    Sie war in ihre Jogginghose geschlüpft und hatte einen Kontrollgang durch die Wohnung gemacht. Die Katzen hatten, eng aneinandergeschmiegt, auf dem Küchensofa gelegen. Träge hatten sie ins Licht geblinzelt und dann die Nase wieder ins Fell gesteckt.
    Alles in Ordnung. In diesem Haus gab es immer Geräusche. Es war alt und wie bei einem alten Menschen schienen ab und zu die Gelenke zu knacken und zu knirschen.
    Da sie nun einmal wach

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