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Der Schimmer des Ledger Kale

Der Schimmer des Ledger Kale

Titel: Der Schimmer des Ledger Kale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Law
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und legte flink ein Ende der antiken eisernen Fesseln aus dem Arbeitszimmer ihres Vaters um mein Handgelenk. Bevor ich meine Hände zurückziehen konnte, befestigte sie das andere Ende der Handschellen von Sundance Kid an einem der Zaunpfähle.
    Es war ganz richtig gewesen, ihr nicht zu vertrauen.
    Sie hatte mich mal wieder reingelegt.

21
    »Ist dir schon mal in den Sinn gekommen, dass das der Grund sein könnte, warum du keine Freunde hast?« Ich ließ die eisernen Fesseln gegen den Zaun scheppern und sah Sarah Jane an.
    Sarah Jane wich, einen rostigen Schlüssel in der Hand, zurück und blieb ganz knapp außerhalb meiner Reichweite stehen.
    »Du darfst wieder gehen, Cowboy«, sagte sie und ließ nicht die Spur eines schlechten Gewissens erkennen, »sobald du mir sagst, was ich wissen will.«
    »Was willst du denn wissen?«, fragte ich und riss mich sehr zusammen, um nicht wütend zu werden.
    »Al – les«, antwortete sie.
    Ich wand mich und wusste nicht recht, ob ich den Mund halten, einen Fluchtversuch unternehmen oder so laut und schnell mit allem herausplatzen sollte wie Brody, das Großmaul. Ich trug so viele Geheimnisse mit mir herum – und nur allzu gern hätte ich wenigstens irgendeins davon erzählt.
    Einen Augenblick kämpfte ich noch mit mir, dann schrieb ich alle Vorsicht in den Wind von Wyoming.
    »Gut, ich sag’s dir«, erwiderte ich und bereitete mich innerlich darauf vor, gleich gegen sämtliche Regeln zu verstoßen, nicht nur gegen das Verbot, mich den Cabots zu nähern. Ich war so gut darin geworden, Sachen zu zertrümmern; warum meiner Liste nicht auch ein paar gebrochene Vorschriften und Versprechen hinzufügen?
    Ich holte tief Luft und fing an zu reden: über mich, über meinen Onkel, Rocket, die Zwillinge, Samson. Den Teil über die dreizehnten Geburtstage ließ ich aus – ich wollte meinen eigenen nicht noch einmal durchleben –, aber ich hatte ja trotzdem reichlich zu erzählen. Sogar Eva Mae kam vor. Sarah Jane hing mir die ganze Zeit derart gierig an den Lippen, als wären meine Worte Wasser und sie käme gerade aus der Wüste gekrochen.
    »Meine Oma hat in diesem Glas Musik eingefangen«, sagte ich und nickte in Richtung des weißen Deckels im Gras. »Es ist voller Radiowellen, die sie aus der Luft gezogen hat. Es gab noch viel mehr von diesen Gläsern. Aber ich hab sie alle kaputt gemacht. Alle bis auf das eine, das du mitgenommen hast. Deshalb muss ich es wiederhaben. Es bedeutet meinem Opa sehr viel, und Opa wird … Er wird nicht mehr lange bei uns sein.«
    Ich erwartete, dass Sarah Jane die Augen verdrehen und mir ins Gesicht lachen würde. Oder, schlimmer noch, dass sie einen nagelneuen Notizblock zücken und anfangen würde, sich detailliert alles aufzuschreiben, um danach eine Nachrichtenagentur anzurufen und die Geschichte an Zeitungen im ganzen Land zu verkaufen. Aber sie tat nichts von alldem. Stattdessen kniff sie die Augen zusammen und sagte langsam: »Beweise es.«
    Ich lenkte meinen Blick mit einem raschen, schiefen Grinsen auf die rostigen Fesseln und nickte. Ein Klicken, ein Scheppern von Stahl gegen Eisen, und die antiken Handschellen glitten von meinem Handgelenk und rutschten den Zaunpfahl hinunter bis zum Boden, wo sie zerbrochen liegen blieben. Mächtig stolz auf dieses bisschen Selbstkontrolle sah ich aufgeblasen zwischen den kaputten Handschellen und Sarah Jane hin und her.
    »Na, wie war das?«
    Sarah Jane stupste die verstümmelten Schellen mit der Spitze ihres grünen Turnschuhs an und trat gegen die verstreuten Kettenglieder.
    »Wie hast du das gemacht?«, fragte sie. »Genau.«
    »Genau?« Ich zuckte die Achseln. Dann verzog ich das Gesicht und gestand: »Ich … ich weiß es nicht. Normalerweise passiert es, wenn ich schlecht gelaunt bin.« Aber als ich mir die Handschellen anschaute, war mir klar, dass diesmal weder Wut noch Frustration im Spiel gewesen war. Ich hatte selbst entschieden, dass es passieren sollte.
    »Schlecht gelaunt?« SJ zog eine Augenbraue hoch. »Nach den Trümmern zu urteilen, die ich gesehen habe, musst du der schlechtgelaunteste Typ weit und breit sein, Ledge … oder zumindest der zweitschlechtgelaunteste«, verbesserte sie sich und verzog nun ebenfalls das Gesicht.
    Ein schlecht gelaunter Cabot ist schlecht für Sundance . Ich erschauerte. Ich wollte nicht wie Noble Cabot sein.
    »Früher war ich nicht so«, murmelte ich und scharrte mit den Füßen, während ich an die besseren Zeiten zurückdachte – die Zeiten vor

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