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Der Schimmer des Ledger Kale

Der Schimmer des Ledger Kale

Titel: Der Schimmer des Ledger Kale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Law
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Nase krauszuziehen.
    Dieses Mädchen würde alles tun, um Aufmerksamkeit zu bekommen.
    »Dann war das alles nur ein Trick?«, fragte ich, zog einen Fetzen der Knüllerausgabe des Sundance Express aus der Tasche und hielt ihn hoch. »Diese Zeitung kannst du nämlich unmöglich veröffentlichen.«
    »Entspann dich, Cowboy! Ich musste dich nur irgendwie hierherlotsen. Ich bringe die Zeitung nicht raus … nicht, wenn du mir erzählst, was ich wissen will.«
    »Sarah Jane …«
    » SJ! Schon vergessen?«
    Ich atmete ganz langsam aus und versuchte, ruhig zu bleiben. »Hör zu, SJ, es gibt einfach einige Dinge, über die ich nicht reden darf. Ich darf eigentlich überhaupt nicht mit dir reden! Du machst mir nur Ärger. Du wirst meine gesamte Familie in Schwierigkeiten bringen! Würdest du mir bitte einfach das Glas zurückgeben, das du mitgenommen hast, und mir versprechen, dass niemand diese Zeitung zu sehen kriegt?«
    »Oh … Ich kann dir das Glas nicht zurückgeben, Ledge«, sagte Sarah Jane mit einem weiteren entschuldigenden Nasekräuseln. Die drei Äste hinter ihr schwankten, als wollten sie sie sanft ermahnen, und durch den Zaun lief ein Zittern.
    »Warum kannst du es mir nicht geben? Hast du es kaputt gemacht?« Ich ging zwei Schritte näher heran.
    »Nein.« Sarah Jane zog eine Grimasse. »Kaputt gemacht hab ich es nicht. Ich … ich hab es irgendwie meinem Vater gegeben.«
    »Du hast was ?« Ich explodierte. Das heftige Vibrieren, das durch den gesamten Zaun ging, beachtete ich nicht. »Dann hol es eben zurück!«
    »Kann ich nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Daddy …« Sie zögerte und biss sich auf die Unterlippe, ehe sie langsam sagte: »Daddy hat es ins Altglas geworfen.«
    »Was?«
    »Tut mir leid, Ledge! Ich dachte, er hätte es vielleicht gern für seine Sammlung. Aber Daddy hat das Glas wieder aus dem Regal genommen und gesagt, mein Verhalten wäre albern. Hätte ich mir ja denken können, dass er sich nicht darüber freut. Er liebt verrückte Sachen, aber mir erlaubt er nicht mal, mir auf ungewöhnliche Weise die Schuhe zu binden. Er möchte, dass ich normal bin.«
    Ich schnaubte. »Du wirst nie normal werden!« Es war nicht als Kompliment gemeint, aber SJ strahlte.
    »Wirklich? Meinst du?«
    Ich warf die Hände in die Luft und wandte mich zum Gehen.
    »Geh nicht weg, Ledge!«
    »Warum?«, fragte ich. »Du machst doch ohnehin, was du willst, ganz egal, was ich tue! Bring deine Zeitung ruhig raus! Es glaubt dir ohnehin niemand.« Aber insgeheim wusste ich, dass das vielleicht nicht stimmte.
    »Warte! Ledge! Geh nicht weg! Ich könnte ja mal in der Altglastonne nachsehen«, bettelte Sarah Jane. »Vielleicht hat Hedda, der Hausdrachen, sie ja noch gar nicht rausgestellt! Warte hier! Geh nicht weg!«
    Ich wartete, während sie ins Haus rannte, und mein Herz tat vor lauter Aufregung einen solchen Satz, dass es mir fast aus der Brust geschossen wäre wie Nägel aus einem gewissen Klapptisch. Aber Sarah Jane blieb so lange weg, dass ich schon dachte, sie hätte mich einfach stehenlassen. Mit der Ungeduld wuchs meine Wut. Der Eisenzaun erbebte in Wellen, und ich musste mich zusammennehmen, um nicht panisch wegzurennen. Vielleicht war dies meine letzte Chance, Omas Glas für Opa zurückzubekommen. Aber dieses Gefühl, als würden Ameisen unter meiner Haut herumkrabbeln, machte mich jedes Mal halb wahnsinnig. Ich konnte es schon nicht leiden, wenn andere Leute die Kontrolle über mich hatten; umso weniger ertrug ich es, derartig von einem Schimmer beherrscht zu werden.
    Ich war es leid, dass dauernd irgendjemand oder irgendetwas darüber bestimmte, was ich zu tun oder zu lassen hatte – egal, ob das Sarah Jane war, meine Eltern oder mein blöder Schimmer. Ich wollte selbst entscheiden. Mein Schöpfer hatte doch sicherlich irgendeinen Plan dabei verfolgt, als er mich so konstruiert hatte, wie ich war, oder? Das Prinzip Ledger Kale konnte so falsch doch nicht sein.
    Als Sarah Jane zurückkam, hatte ich mich wieder beruhigt. Ich lächelte sogar, als ich sah, dass sie ein Glas fest in beiden Händen hielt.
    Ich atmete tief ein.
    Du hast hier alles unter Kontrolle, Ledge , sagte ich mir. Konzentrier dich einfach nur weiter .
    Da Sarah Jane nicht hundertprozentig zu trauen war, bewegte ich mich langsam auf den Zaun zu.
    Als ich die Hände zwischen den Gitterstäben hindurchstreckte, warf Sarah Jane das Glas von sich und ließ es mit einem dumpfen Schlag auf den Boden fallen. Im selben Moment griff sie hinter sich

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