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Der Schimmer des Ledger Kale

Der Schimmer des Ledger Kale

Titel: Der Schimmer des Ledger Kale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Law
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gehört!«, schrie ich ihn an. »Ich hab gehört, wie du mit Onkel Autry im Insektenhaus geredet hast. Du hast gesagt: Dieser Junge wird es nie lernen.«
    »Was? Du Idiot!« Rocket rieb fest mit den Fingerknöcheln über meinen Kopf und ließ mich dann abrupt los. Er setzte sich neben mich in den Staub und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare, dass es nur so knisterte.
    »Ich hab nicht von dir geredet, du Hohlkopf! Da ging es um mich.«
    »Um dich?« Ich starrte Rocket an und ließ seine Worte langsam sacken.
    »Ja, um mich.« Rocket reckte seine Fäuste nach oben und streckte dann ruckartig alle Finger aus. Zehn dünne Fontänen funkelnd blauer Elektrizität sprühten wie warmer Regen aus seinen Fingerspitzen, und jeder Funkenstrahl stieg drei Meter oder mehr in die Luft auf, ehe er mit einem kurzen Knall wieder herabsank.
    »Autry hat mich zum Postabholen in die Stadt geschickt, und ich hab in fünf Blocks rund um das Postgebäude den Strom lahmgelegt! Ich bin ein menschliches Feuerwerk, Ledge.«
    »Ja, aber du bist … cool .«
    »Ach ja?«, schnaubte mein Cousin. »Ich hab schon so einiges auf dem Gewissen, das kannst du mir glauben. Und nicht nur rund um das Postamt von Sundance. Ich hab diverse Hochspannungsnetze von Mississippi bis Kansas plattgemacht. Und ich hab längst aufgehört zu zählen, wie viele Glühbirnen ich seit dem Tag, an dem mein Schimmer einsetzte, zur Explosion gebracht habe. Meine Momma hatte in jedem Zimmer des Hauses ein Kehrblech stehen. Und einmal hab ich sogar schon gedacht, ich hätte meinen Poppa umgebracht, und ich …« Rocket brach ab. Ich sah, wie er die Fäuste ballte. »Ich hab auch mal jemandem ernsthaft wehgetan, Ledge«, fügte er dann rasch hinzu. »Natürlich aus Versehen. Nicht extra. Niemals. Das würde ich nie tun. Aber ich hab trotzdem jemanden verletzt, der mir wichtig war.« Er rieb sich über den linken Handrücken, als würde die Erinnerung an den Schmerz eines anderen Menschen dort ein Brennen auslösen. Ich ließ den Kopf hängen, als ich an die Schramme dachte, die die herumfliegenden Zaunpfähle Sarah Jane beigebracht hatten.
    »Ich hab auch jemanden verletzt«, sagte ich ganz leise.
    »Ich weiß, dass du Fish nicht wehtun wolltest, Ledger«, versuchte Rocket mich aufzubauen. »Darüber will ich schon seit Wochen mit dir reden.«
    Ich ließ den Kopf noch mehr hängen. Die Furche, die ich in die Wange meines Cousins geritzt hatte, war ein Unfall gewesen; ich hatte die Scheune ja nicht willentlich zerstört und all die Geschosse durch die Luft fliegen lassen. Aber eben bei den Cabots, als ich SJ verletzt hatte, da war ich wütend gewesen. Ich hatte versucht, Eindruck auf sie zu machen. Nur nicht diese Art von Eindruck.
    »Wen hast du verletzt?«, fragte ich Rocket vorsichtig. »Wie alt warst du, als es passiert ist?« Rocket stützte seine Ellenbogen auf die Knie und rieb noch einmal gedankenverloren mit dem Daumen über seinen Bart. Hinter dem Gestrüpp schien eine schmerzliche Miene auf.
    »Ist schon lange her«, antwortete er. »Aber trotzdem war ich alt genug, um es eigentlich besser zu wissen. Ich wollte angeben … vor einem Mädchen.« Er verdrehte die Augen und deutete ein verlegenes Grinsen an. Ich wand mich innerlich.
    »Ich hab die ganze Zeit gedacht, du würdest mich hassen«, sagte ich und warf meinem Cousin einen nervösen Blick zu.
    »Dich hassen?«
    »Ja. Ich dachte irgendwie, du wolltest mich umbringen.«
    Rocket verzog das Gesicht. »Tut mir leid, Ledge. Mir war nicht klar, dass ich dich so verunsichere. Es ist schwer, dir dabei zuzusehen, wie du kämpfst.«
    »Gibt es denn irgendwas, das dir dabei hilft, Sachen nicht kaputt zu machen?«, fragte ich. Jetzt, da ich wusste, dass Rocket nicht vorhatte, mich spontan durch einen Stromschlag auszuschalten, wurde ich mutiger.
    Rocket schnaubte. »Mich zu verstecken offensichtlich. Zumindest behauptet dein Onkel, dass ich das tue, weil ich schon so lange auf der Ranch lebe.« Er nahm einen Zweig, zerbrach ihn und warf die Stücke nacheinander über seine Schulter. »Ich schätze, das liegt in der Familie.«
    »Was? Sich zu verstecken?«
    »Von Samson hast du doch auch noch nicht viel gesehen, seit du hier bist, oder?« Rocket zog die Augenbrauen hoch.
    »Nein … aber der ist ja auch unsichtbar.«
    »Klar. Aber er müsste es nicht sein. Eigentlich glaube ich sogar, dass die ganze Welt besser – stärker – ist, wenn er dazukommt. Sieh dir nur Opa Bomba an! Er wirkt zehn Jahre jünger,

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