Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schlafende Engel

Der schlafende Engel

Titel: Der schlafende Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia James
Vom Netzwerk:
Tame daher, der mit der Polizei zusammengearbeitet hat, und erzählt ihnen, dass sie etwas ganz Besonderes sind – und natürlich hören sie ihm zu. Dann verspricht er ihnen, sie wie Erwachsene zu behandeln. Ist doch klar, dass so etwas zieht. Der Typ ist ein Rockstar.«
    Schlagartig war April der Appetit vergangen. Außerdem hatte sie jemanden am anderen Ende der Mensa bemerkt.
    »Wir sehen uns gleich. Such uns schon mal einen Tisch«, sagte sie zu Caro und schob sich durch die Menge zu der Gestalt, die ganz allein an einem Tisch saß.
    »Hi, Davina«, sagte sie und setzte sich neben sie, während die anderen Schlangen an ihrem angestammten Tisch im hinteren Teil der Mensa lachten und plauderten. Normalerweise müsste Davina bei ihnen sitzen, mitten im Geschehen, umgeben von ihren glühenden Bewunderinnen. Stattdessen saß sie hier, ganz allein. Sehr seltsam.
    »Alles in Ordnung?«
    »Natürlich«, antwortete Davina steif. »Wieso fragst du?«
    »Es ist nur …«
    »Dass sie mich neuerdings meiden und ins gesellschaftliche Sibirien geschickt haben?«
    »So in der Art«, bestätigte April mit einem Blick zu den Schlangen.
    »Inzwischen bin ich zur Persona non grata degradiert worden«, sagte Davina und spießte ein Salatblatt auf. »Offenbar gehört es sich nicht, einen Bruder zu haben, der Ravenwood in Misskredit bringt. Wir wollen doch nicht, dass das Ansehen der Schule leidet, oder?«
    »Wer hat das gesagt? Chessy?«
    Davina lachte bitter.
    »Pah! Diese taube Nuss wäre zu so einem abstrakten Gedankengang doch gar nicht in der Lage. Nein, das kommt von unserer neuen Nummer eins, Dr. Tame. Vermutlich hat er verbreiten lassen, ich sei eine zu große Belastung für die Schule, deshalb dürfe man mir nicht trauen oder auf mich hören. Da ich ein so enges Verhältnis zu seinem Vorgänger hatte, hat er wohl Angst, ich könnte einen Staatsstreich gegen ihn planen.«
    April berührte behutsam ihren Arm.
    »Ach, Süße, das tut mir so leid.«
    »Kein Problem«, gab sie mit einem vernichtenden Blick in Chessys Richtung zurück. »Mit denen bin ich noch nicht fertig.«
    Mit wachsender Bestürzung registrierte April, dass Simon und Ling aufstanden und herüberkamen. Er war ganz in Schwarz gekleidet und hatte sich die Augen dunkel umrandet – nichts erinnerte mehr an den Jungen, mit dem April sich im letzten Herbst angefreundet hatte. Er wirkte härter, geradezu spröde. Ling, die ein hautenges Minikleid trug, hatte eine Verwandlung von der Streberin zur Vampirin hingelegt, wie sie im Buche stand. Ob sie die letzte Stufe bereits hinter sich hatte und vollends verwandelt war?
    »Na, wen haben wir denn da?« Ling schmiegte sich an Simons Schulter. »Wenn das nicht die Oberschlange von Ravenwood ist.«
    »Wenn du nur hergekommen bist, um …«, begann Davina, doch Simon unterbrach sie.
    »Sie hat nicht mit dir geredet«, erklärte er verächtlich. »Sondern mit der neuen Schulsprecherin.«
    »Schulsprecherin?«, wiederholte Davina und starrte April an.
    »Ja, äh, Dr. Tame hat mich heute nach der Versammlung gefragt, und ich konnte ja schlecht Nein sagen«, gestand sie verlegen.
    »Weshalb solltest du auch?«, fragte Ling mit einem provozierenden Blick in Davinas Richtung. »Du bist doch perfekt für die Aufgabe geeignet.«
    Davina sah aus, als hätte sie einen Schlag in die Magengrube bekommen. Sie war stets eine wichtige Persönlichkeit an der Schule gewesen, die unbestrittene Königin der Schlangen, doch nun hatte man sie innerhalb weniger Tage demontiert und ins Abseits gedrängt. April sah die Kränkung in ihren Augen, aber sie konnte auch verstehen, weshalb Ling so genüsslich das Messer in ihrem Fleisch noch einmal umdrehte. Davina hatte ihrer Gefolgschaft nicht unbedingt das Gefühl gegeben, wichtig zu sein, sondern sie eher wie minderwertige Sklaven behandelt, denen sie gnädigerweise gestattete, sich in ihrem Glanz zu sonnen. In Wahrheit konnte Davina ein Miststück allererster Güte sein, trotzdem versetzte es April einen Stich, sie so leiden zu sehen.
    »Danke, Leute«, sagte April schnell, »aber ich denke, es gibt geeignetere Kandidaten. Ich glaube, der neue Rektor will mir nur ein bisschen unter die Arme greifen. Nach allem, was passiert ist, und so.«
    »Ach ja, ich habe das vom Grab deines Vaters schon gehört«, sagte Ling. »Wie gruselig. Trotzdem bist du wieder hier. Das ist so tapfer von dir.«
    Wirklich gruselig war, dass Ling sich mittlerweile ganz genauso anhörte wie Davina. April konnte nur staunen,

Weitere Kostenlose Bücher