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Der schlafende Engel

Der schlafende Engel

Titel: Der schlafende Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia James
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gesehen. Vielleicht weiß er ja etwas über Dads Verschwinden.«
    Miss Leicester warf ihr einen eigentümlichen Blick zu.
    »Ich glaube nicht, dass hier jemand ist, der dir helfen kann, April. Die Polizei hat alle Mitarbeiter befragt. Hätte jemand etwas gewusst, hätte er oder sie es bestimmt gesagt.«
    »Herrgott noch mal, wieso lassen Sie mich nicht einfach rein, Sie elende alte Hexe?«, schrie April.
    »Was ist denn hier los, April?«
    Sie zuckte zusammen, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte.
    »Mr Gordon«, stieß sie beim Anblick des Pfarrers erleichtert hervor. »Gott sei Dank, dass Sie hier sind. Könnten Sie bitte Miss Leicester sagen, dass sie mich reinlassen soll? Ich muss mit jemandem reden, den ich gerade drinnen gesehen habe. Es ist sehr wichtig.«
    Sie sah, wie der Pfarrer und Miss Leicester einen Blick tauschten. Mr Gordon mochte ein netter Mann sein, aber sie kannte diesen Blick nur allzu gut: Regen sie diese Irre nicht weiter auf, sonst dreht sie noch vollends durch , sagte er.
    April schloss die Augen und ließ die Schultern sacken. Es war zu spät. Der Grabpfleger – oder wer auch immer er sein mochte – hatte nicht mit ihr reden wollen und konnte inzwischen über alle Berge sein. Der Friedhof war der perfekte Ort, um sich unsichtbar zu machen. Außerdem war es garantiert kein kluger Schachzug gewesen, Miss Leicester als »elende alte Hexe« zu bezeichnen. Sie wandte sich der alten Frau zu, deren Gesicht tiefrot angelaufen war, und trat sich im Geiste in den Hintern.
    »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ganz ehrlich, ich hätte so etwas nicht sagen dürfen. Ich dachte nur, ich hätte etwas gesehen. Ich wollte nicht … ach, ich weiß auch nicht, im Moment bin ich nicht ich selbst.«
    »Vergessen wir das Ganze einfach, okay?«, presste Miss Leicester verkniffen hervor. »Vielleicht solltest du einfach später noch mal vorbeikommen. Ich bin sicher, wir können es einrichten, dass du das Grab deines Vaters in Begleitung besuchst. Am besten bringst du deine Mutter mit.«
    April lächelte dünn. »Ja, ja, danke. Das ist sehr freundlich von Ihnen.«
    Ein Besuch mit Silvia war so ziemlich das Letzte, wonach ihr der Sinn stand, trotzdem nickte sie dankbar. Wenigstens erteilte ihr die alte Schachtel kein Hausverbot. Mit Nachdruck schloss Miss Leicester das Tor, das lautstark ins Schloss fiel.
    »Soll ich dich vielleicht begleiten?«, bot der Pfarrer an, als Miss Leicester in ihr Büro zurückgekehrt war.
    »Nein, ich war auf dem Weg zur U-Bahn. Ich wohne inzwischen bei meinem Großvater in Covent Garden. Meine Mutter und ich … zwischen uns herrscht im Augenblick Funkstille.«
    »Oh, das tut mir leid. Kann ich irgendetwas tun? Vielleicht mit ihr reden?«
    »Das ist sehr nett von Ihnen, aber ich glaube nicht, dass das etwas ändern würde.«
    »Darf ich dich dann zur U-Bahn begleiten? Ich muss sowieso ein paar Broschüren in die Bibliothek bringen.«
    April nickte. Schweigend gingen sie nebeneinander her den Hügel hinunter. April wusste nur zu gut, dass sie Mist gebaut hatte, aber aus irgendeinem Grund war sie sicher gewesen, dass eine direkte Verbindung zwischen dem Gärtner – oder wer auch immer er sein mochte – und ihrem Vater bestand. Erst jetzt dämmerte ihr, weshalb sie so die Beherrschung verloren hatte: Seit dem Verschwinden der Leiche ihres Vaters hatte sie das Gefühl beschlichen, dass sich das enge Band zwischen ihnen aufzulösen begann. Vor dem Einbruch in die Grabstätte hatte sie ihn regelmäßig auf dem Friedhof besucht und ihm alles erzählt, was sie beschäftigte, als wäre er noch am Leben. Aber jetzt? Jetzt hatte sie nur noch ihre Erinnerungen. Und das tat weh. Und zwar sehr.
    Nach einer Weile sah sie Mr Gordon an.
    »Was ist Ihrer Meinung nach hier passiert?«
    »Passiert?«
    »Na ja, Sie wissen schon … der Vandalismus, all die seltsamen Vorkommnisse auf dem Friedhof. Inspector Reece meinte, es hätte sogar Opferrituale gegeben.«
    Der Pfarrer schwieg einen Moment.
    »Ich weiß es nicht. Jedenfalls nichts Gutes, April«, sagte er schließlich. »Aber dir brauche ich das ja wohl kaum zu erzählen. Und nicht nur der Friedhof, sondern auch die Kirche ist davon betroffen.«
    »Ehrlich? Was ist passiert?«
    »Ach, es ist bei Weitem nicht so schlimm wie das mit deinem Vater. Nur ein paar Sprüche an den Wänden und irgendwelche Sachen, die man mir vor die Hintertür legt. Streiche von Jugendlichen. Trotzdem mache ich mir Sorgen, dass es … schlimmer werden könnte.«
    Er sah

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