Der schlafende Engel
benimmt.«
»Ich werte das als Kompliment.«
»Solltest du auch«, gab Davina zurück.
Dreizehntes Kapitel
A pril stand am Schultor und sah Davina den Hügel hinaufgehen. Die Furie zerfließt vor Mitleid mit der Königin der Vampire. Wie gibt’s denn so etwas? , fragte sie sich kopfschüttelnd. MissHolden dreht sich im Grab um.
Als sie sich abwandte, stach ihr etwas ins Auge. Dr. Tames Auto stand immer noch auf dem Parkplatz. Das bedeutete, dass er noch hier sein musste und sie ihn vielleicht doch noch zu fassen bekam. Gleichzeitig zögerte sie: Ihm »zufällig« beim Verlassen des Schulgebäudes über den Weg zu laufen, war eine Sache, wenn sie ihm hingegen auf dem Parkplatz auflauerte, stand sie wie eine Stalkerin da. Trotzdem konnte sie sich nicht aufraffen zu verschwinden. Stattdessen überquerte sie die Straße und zog ihr Telefon heraus. Gabriel hatte zwei SMS geschrieben:
Habe eine Idee zu unserem Schulprojekt. Ruf mich an. Hab dich lieb, G.
Zwei Minuten später war die zweite eingegangen:
P.S. Spüre noch deinen Kuss. Will mehr. xxx G.
Auch Caro hatte sich gemeldet:
Mehr Weißkittel aufgetaucht. Lust auf Kuchen? C
Eigentlich hätte April sich freuen müssen, stattdessen war sie bedrückt. Gestern erst hatte sie ihren Mitstreitern ins Gewissen geredet, in größeren Dimensionen zu denken und entsprechend zu handeln, den Stier bei den Hörnern zu packen und den Kampf gegen die Blutsauger aufzunehmen. Tja, sie taten alles in ihrer Macht Stehende, während April auf der Straße herumstand, in der Hoffnung, dass der Schulleiter herauskam und sie ihn fragen konnte, ob er sie rein zufällig zum Vampirkönig führte. Es war ein Trauerspiel. Am erbärmlichsten war jedoch, dass sie keinen Plan B hatte. Sie bemühte sich, ihrer Rolle als Schulsprecherin gerecht zu werden, jemand zu sein, der einen Kreuzzug gegen die sich weiter ausbreitende Dunkelheit anführte, dabei hatte sie in Wahrheit nicht die geringste Ahnung, wie sie das bewerkstelligen sollte.
»Herrgott noch mal, April, wieso gehst du nicht einfach nach Hause«, sagte sie halblaut.
In diesem Augenblick entdeckte sie ihre Mutter.
»Was um alles in der Welt …«
Aber es gab keinen Zweifel – Silvia Dunne stand vor der Tür von Ravenwood, hatte Charles Tame die Hand auf den Arm gelegt und lächelte ihn kokett an.
Was zum Teufel hatte sie hier zu suchen? Hatte sie etwa auch mit Doctor Death eine Affäre? April musste sich beeilen, denn Silvia stieg bereits in ihren Wagen. Eilig tauchte April hinter einer niedrigen Hecke ab. In diesem Moment erschien ihre Mutter und fuhr den Hügel hinauf. April wartete, bis sie außer Sichtweite war, und rannte los.
Silvia stieg gerade aus dem Wagen, als April japsend und blass vor Anstrengung angelaufen kam.
»Liebes!«, sagte Silvia. »Was machst du denn hier? Ich meine, natürlich freue ich mich, aber ich hatte gar nicht mit dir gerechnet.«
April ließ sich kopfschüttelnd gegen den Zaun sinken und versuchte, wieder zu Atem zu kommen.
»Und wieso bist du gelaufen?«, fragte Silvia und sah sich mit besorgter Miene um. Ihre Angst, April könnte von jemandem verfolgt werden, war nicht ganz von der Hand zu weisen, das musste April zugeben. Schließlich wäre es nicht das erste Mal.
»Was …?«, japste April. »Was wolltest du in der Schule?«
»Ach, das«, sagte Silvia. »Ich hatte nur ein kurzes Gespräch mit dem Rektor. Ich freue mich ja so, dass du jetzt Schulsprecherin bist. Wieso hast du mir nichts davon erzählt? Das verstehe ich nicht.«
»Es ist nicht so wichtig«, presste April hervor, während sich ihre Atmung allmählich beruhigte.
»Nicht wichtig? Sei nicht albern, das ist wunderbar. Dein Vater wäre wahnsinnig stolz auf dich.«
»Wage es nicht, seinen Namen in den Mund zu nehmen!«, herrschte April sie an. »Niemals wieder!«
»Was?« Silvia starrte sie entsetzt an. »Wovon redest du? Was ist eigentlich los, April?«
»Wieso warst du bei Dr. Tame?«
»Er hat mich angerufen, um mit mir über deine weitere Ausbildung zu reden, wenn du es unbedingt wissen willst.«
»Meine weitere Ausbildung?«
Silvia sah zu den Fenstern der Nachbarhäuser hinauf, als wollte sie sichergehen, dass niemand zuhörte.
»Wie es aussieht, tust du dich ein bisschen schwer im Unterricht«, sagte sie leise. »Was natürlich nur allzu verständlich ist, wenn man bedenkt, was du in den letzten Monaten durchgemacht hast. Und wir wissen ja auch, wie brillant die Schüler in Ravenwood sind, aber er wollte mit mir
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