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Der schlafende Engel

Der schlafende Engel

Titel: Der schlafende Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia James
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talentiert war, tot vor ihrem Haus aufgefunden worden war. April sank tiefer in den Sitz. »Könnten wir vielleicht warten, bis alle drinnen sind?«
    »Natürlich«, sagte Peter. »Das verstehe ich. Ich hätte sogar mit einigen Kamerateams gerechnet, aber offenbar bist du schon Schnee von gestern.«
    Oder jemand in Ravenwood hat ein paar Strippen gezogen , dachte April. Aufnahmen von der Schule im Fernsehen mit einer Überschrift à la »Schule des Mordopfers« waren so ziemlich das Letzte, was der Beirat gebrauchen konnte. Das brachte April auf eine Idee.
    »Du recherchierst zwar über die Schule, hast mir bisher aber nicht erzählt, wie David Harper mit drinhängt«, sagte sie.
    »Oh, nur ganz am Rande«, meinte Peter. »Wie viele der ehrgeizigen Politiker hat auch er auf lokaler Ebene angefangen und saß damals im Planungskomitee, das den Bau des neuen Versuchslabors von Agropharm in Baston Water abgesegnet hat. Wahrscheinlich hast du den Namen schon mal gehört.«
    Das hatte sie allerdings. Vor einigen Jahren hatte das Labor für einigen Wirbel gesorgt, als herausgekommen war, dass dort Tierversuche durchgeführt worden waren. April erinnerte sich, dass die Tierschützer massenhaft Kaninchen aus den Versuchsställen befreit hatten, die jedoch in den folgenden Tagen und Wochen Karotten im Wert von mehreren Millionen Pfund in den umliegenden Bauernhöfen vernichtet hatten, was die Message der Tierschützer in gewisser Weise untergraben hatte.
    »Jedenfalls halten einige Baston Water für David Harpers großen Durchbruch. Weil er ihnen einen Gefallen getan hat und sie ihm; oder zumindest die Investoren, die hinter der Firma stecken. Deshalb zieht er auch so erfolgreich immer neue Verträge für die Regierung an Land und schafft es, dass in seinem Wahlbezirk neue Fabriken gebaut werden und all das. Und jetzt ist er als Erziehungsminister im Gespräch, wodurch er in einer Position wäre, in der er Ravenwood jegliche Unterstützung verschaffen könnte, die die Schule braucht.«
    Peter hob vielsagend die Brauen.
    »Zumindest ist das die Theorie. Aber wie gesagt, mir fehlen die Beweise.«
    »Vielleicht kann ich dir ja helfen«, sagte April. »Was für Beweise brauchst du denn?«
    Peter lachte.
    »Hey, ich dachte, in diesem Interview sollte es um dich gehen. Nein, nein, mach dir keine Gedanken, wenn es etwas zu finden gibt, werden wir es schon ausgraben. Ich habe einige der besten Enthüllungsjournalisten an der Hand. Sollen sie sich ihren Lohn ruhig selbst verdienen.«
    April hörte die Schulglocke. Peter griff über sie hinweg und öffnete ihr die Tür.
    »Im Ernst, April«, sagte er. »Halt dich da raus. Diese Leute will man lieber nicht gegen sich haben.«
    Dafür ist es wohl ein bisschen zu spät , dachte sie.

Neunzehntes Kapitel

    R avenwood hatte noch nie eine sonderlich einladende Wirkung gehabt. Das Gebäude selbst verströmte eine unheimliche Atmosphäre: finstere Korridore, knarzende Holzdielen, hohe Decken und Wände, von denen die Stimmen widerhallten. Trotz der relativ neuen Mensa und der Bibliothek erinnerte April das Schulgebäude stets an das Waisenhaus in Oliver Twist. Außerdem war sie als »die Neue« hierhergekommen, ein Außenseiterstatus, der sich durch die Tatsache, dass sie gleich in der ersten Woche in einen Mordfall verstrickt worden war, noch verstärkt hatte. Umso beunruhigender war es, dass sie nun plötzlich im Mittelpunkt zu stehen schien, kaum dass sie das Schulgebäude betreten hatte. Sie starrten sie zwar nach wie vor an und tuschelten, wenn sie vorbeiging, trotzdem war es anders. In ihren Blicken schien so etwas wie Ehrfurcht und Bewunderung zu liegen, als hätte sie plötzlich Prominentenstatus erlangt.
    »Hi, April, wie geht’s?«, fragte ein Mädchen im Vorbeigehen. »Schöne Schuhe«, bemerkte eine andere. Statt wie bisher den Blick zu senken, lächelten sie sie an, und einige winkten ihr sogar zu. Ohne jede Vorwarnung war April Dunne zu einem coolen Mädchen geworden.
    »Hey, ist doch logisch«, meinte Caro, als sie sich in der Mittagspause mit ihren Tabletts an einen Tisch in der Mensa setzten. »Das ist doch der Traum jedes Teenagers, oder? Wir wollen alle unbedingt akzeptiert werden. Zumindest geht es in sämtlichen amerikanischen Teenie-Dramen genau darum.«
    Caro hatte eindeutig kein Bedürfnis, mit dem Strom zu schwimmen. Für Lings Party hatte sie ihr Haar zwar glatt geföhnt und im Naturton belassen, doch jetzt war sie zu ihrem gewohnten Look zurückgekehrt: eine blaue

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