Der schlafende Gott
hinaus. »Es bleiben uns nur zwei Möglichkeiten, Herrschaften. Zunächst einmal müssen wir die Erde warnen. Und dann werden wir schleunigst den Spieß umdrehen, wie Dr. Pendrake es nannte, und den Herkunftsort des Fremden aufspüren. Sobald die Kursberechnungen eintreffen, werden wir unseren Flug fortsetzen. An die Arbeit!«
5.
Als Douglas Matchett kurze Zeit später im Kielraum des Schiffes aus dem Aufzug trat, setzte sich das Expeditionsschiff TELLUS wieder in Bewegung und raste mit rasch steigender Geschwindigkeit auf den fernen Spiralnebel M-31 im Sternbild Andromeda zu.
Matchett nickte den Posten des Wachkommandos zu, wies sich aus und betätigte das elektronische Schloß der Schleusentür, die durch das Panzerschott zur Spezialabteilung des schlafenden Mutanten führte. Wenige Sekunden später glitt die riesige Panzertür geräuschlos wieder hinter ihm zu. Er durchschritt rasch den kurzen Gang, der die innere Schleusentür von der äußeren trennte, während ihn elektronische Scanners abtasteten. Dann öffnete sich auch die innere Pforte vor ihm, und er trat in das Innere der Abteilung ein.
Die abgeriegelte Sektion bestand aus dem Hauptraum, der den Cryotank und die Kontrollvorrichtungen enthielt, einer großen Werkstatt und dem aus mehreren Räumen bestehende Wohnquartier, in denen die fünf Techniker lebten, die während der Reise der TELLUS niemals die Abteilung verlassen durften.
Der Tank erhob sich in der Mitte des. Raumes auf einem vibrationsfrei gelagerten Betonsockel. Er war ein riesiges, kantiges Gebilde, das sich aus mehreren Schichten starker Panzerplatten zusammensetzte und in seiner äußeren Form einem überdimensionalen Sarkophag glich. Seine Panzerung konnte nicht nur jede erdenkliche Strahlung abschirmen, sondern auch mechanische Belastungen von nicht geringer Stärke aufnehmen. Wie monströse Parasiten aus einem Alptraum kauerten Dutzende von Hilfsmechanismen auf seiner glatten Umhüllung. Verschiedenfarbige armierte Schläuche und Kabel kamen, in Strängen gebündelt, von der Decke herunter und verschwanden in ihm, und ein dickes Stromkabel mündete tief unten im Betonsockel.
Jeder einzelne Mechanismus, jede Leitung, jedes Kabel war in dreifacher Ausführung vorhanden. Alle erdenklichen Eventualitäten hatte man sorgfältig berücksichtigt und durchgespielt. Auch im Fall einer ernsthaften Schiffskatastrophe würde der Tank ungefährdet weiterfunktionieren können. Niemals zuvor war in der technischen Geschichte der Menschheit eine Maschinenanlage mit einem derartig hohen Sicherheitsfaktor konstruiert worden, der sogar den der Fusionskraftwerke überstieg.
Und doch war sich Matchett angesichts des Tanks wieder der unablässigen Unruhe bewußt, die das Gefühl der ungeheuren Verantwortung mit sich brachte. Zum hundertsten Mal seit jenem Tag, als er die TELLUS kurz vor dem Start betrat, fragte er sich, ob tatsächlich alle erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden waren. In der unendlichen Weite des Weltalls mochte es Dinge geben, von denen sich auch die fähigsten Köpfe der Menschen keine Vorstellung zu machen vermochten. Zwar waren die Tanks vor zweihundert Jahren unter der Leitung der schlafenden Mutanten selbst gebaut worden, aber der Stand der irdischen Technik setzte hier die Grenze.
Unruhig ging Matchett zur Schalttafel und überprüfte ein Instrument nach dem anderen, ohne eine Fehlfunktion zu finden.
Er wies sich der elektronischen Schaltanlage gegenüber mit seinem Handabdruck aus und legte dann einen mit einem Schutzkäfig versehenen Schalter um. Ein feines Summen erfüllte den großen Raum. Er wandte sich um und blickte zum Katafalk des Tanks.
Langsam glitt der schwere Deckel aus Supermetall zur Seite. Mitsamt den Vorrichtungen, die auf ihm kauerten, schwang er herum und gab das Innere des Tanks frei. Als das feine Summen verstummte und die Bewegung der Panzerplatte zum Halten kam, war der Tank geöffnet.
Douglas Matchett schritt eilig durch den Raum und stieg die Stufen des Betonsockels empor. Auf dem mit einem Geländer geschützten Podium angelangt, verharrte er am Rand des riesigen Behälters und blickte hinein.
Er sah Chester Clayton King.
Der Mutant ruhte tief im Innern des Tanks im Kälteschlaf. Durch die transparenten Schichten der Isolierkapsel aus kältebeständigem Kunststoff hindurch konnte er die lange, schlanke Gestalt des schlafenden Wesens erkennen, die in der kombinierten Nähr- und Kältelösung schwamm. Die Flüssigkeit umgab den
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