Der schlafende Gott
eigentlich bewogen hatte, das Schiff zu verlassen.
Unentschlossen und zutiefst besorgt erhob er sich und eilte die breiten Stufen hinunter, den Blick auf die dreißig Meter weit entfernten Bildschirme gerichtet. Noch immer zeigte der Planet kein Oberflächenmerkmale. Matchett beobachtete die glitzernden Reflexe, die auf ihm lagen, und plötzlich hatte er das Gefühl einer ungeheuren Gefahr, die dieser Himmelskörper darstellte. War es dies, was King gemeint hatte?
Es fiel ihm ein, daß ihn der schlafende Gott durch irgendeine geistige Beeinflussung in die abgeriegelte Sektion im Kielraum des Schiffes »zitiert« hatte, um ihn – wie es gesagt hatte – vor einer Gefahr zu bewahren. Bedeutete dies, daß Chester King über das Von-Bord-Gehen der Expeditionsmitglieder Bescheid wußte? Warum hatte er ihm nichts davon gesagt?
Was steckte hinter diesen ganzen Geschehnissen?
Matchett entschloß sich, in die Mutanten-Sektion zurückzukehren. King müßte ihm jetzt Rede und Antwort stehen!
Er eilte in den Korridor hinaus und öffnete die Tür eines Nebenraums. Ein rascher Blick bestätigte seine Vermutung. Ja, die Menschen hatten ihre Diener zurückgelassen.
Die drei achtfüßigen Droniden, die nach Kanes Sieg in jenem Zweikampf an Bord gekommen waren, standen reglos in dem kleinen, metallenen Raum. Anscheinend hatte man ihnen befohlen, hier zu warten, und so warteten sie nun mit der unendlichen Geduld von Maschinen.
In den Werkstätten der TELLUS war ein tragbares Gerät konstruiert worden, das eine Verständigung mit den Robots gestattete. Jeder der drei mechanischen Oktopoden trug ein Exemplar dieses Transceivers, der die Schallwellen der irdischen Sprache in die Kurzwellenimpulse der Robotrasse umformte und umgekehrt.
»Kommt mit«, sagte Matchett und hielt die Tür auf, als die drei riesigen Metallwesen in den Korridor hinausglitten. Er führte sie auf die Kommandobrücke und trug ihnen auf, über die Instrumente und Bildschirme zu wachen und beim geringsten Zwischenfall über den Schiffskommunikator mit ihm in Verbindung zu treten.
Dann kehrte er in den Korridor zurück und betrat den Aufzug. Als er einige Minuten später das abgeriegelte Deck erreichte, fühlte er sich unsäglich erschöpft. Er mußte einen Schwindelanfall niederkämpfen.
Er schickte sich an, dem schlafenden Mutanten zu erklären, was vorgefallen war, aber King unterbrach ihn.
»Weiß ich alles, Douglas. An Bord befindet sich kein Mensch mehr, abgesehen von dir und deinen Technikern. Ferner drei Robots, einem Cyborg/Androiden, einem Mutanten und einem narkotisierten Operationspatienten, der auf seinem Tisch festgeschnallt und außer Gefahr ist. Das ist alles. Du scheinst recht besorgt zu sein.«
Matchett richtete sich auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Noch immer kam sein Atem keuchend.
»Du hättest mir wenigstens etwas davon sagen können«, meinte er ärgerlich. Dann fuhr er energischer fort: »Wie erklärst du dir das, Chet? Alle anderen Expeditionsmitglieder haben das Schiff verlassen, ohne mich zu benachrichtigen und ohne sich zu verabschieden. Und ohne wenigstens die Automatik einzustellen, die den Energieschirm nach Verlauf einer gewissen Zeitspanne angeschaltet hätte! Mir fehlt dafür jedes Verständnis.«
»Kann ich dir nachfühlen«, entgegnete die Synvox-Stimme. »Doch gibt es gute Gründe dafür. Vielleicht beruhigt es dich, wenn ich dir sagen, daß die Leute das Schiff nicht aus freiem Willen verlassen haben.«
Matchett fühlte sich am ganzen Körper erstarren.
»Wie meinst du das?« Kalte Schweißtropfen traten erneut auf seine Stirn.
»Sie standen unter fremder Kontrolle, natürlich.«
»Unter fremder Kontrolle?« wiederholte Matchett. »Du meinst, sie wurden …«, fuhr er zögernd fort.
»… hypnotisch beeinflußt? Ja, gewiß meine ich das«, entgegnete King ruhig.
16.
Matchett, den die Worte des schlafenden Gottes wie ein vernichtender Schlag getroffen hatten, fühlte sich viele Augenblicke lang unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Erst nach und nach dämmerte ihm die volle, katastrophale Bedeutung des Ereignisses herauf.
Eine ganze Expeditionsmannschaft von über tausend entschlossenen, nüchternen Männern und Frauen unter dem Einfluß unwiderstehlicher hypnotischer Kräfte außer Gefecht gesetzt! Die unerklärliche Kraft des Gegners mußte innerhalb von Sekundenbruchteilen das ganze Schiff in Form eines hypnotischen »Nebels« eingehüllt haben.
Gegenüber einem Feind mit
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