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Der schlaue Pate

Der schlaue Pate

Titel: Der schlaue Pate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Schnell
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Ollie schätzte, sie hatten Licht gemacht, was von einem Wachmann bemerkt worden war.
    Danach unterhielten die beiden sich leise und sachlich und auf Russisch ein paar Minuten. Dann gingen sie wieder, was Ollie Prinz leise mitteilte.
    »Sie stehen vor der Tür und reden«, flüsterte Jörg. »Igor zündet eine Zigarette an. Jetzt stehen sie sich gegenüber und sehen sich in die Augen, ohne zu reden.« Pause. »Jetzt fängt der in dem Anzug an zu lächeln. Sie machen irgendwas mit den rechten Händen, anscheinend eine Art Zeichen. Sie steigen in ihre Wagen. Der Porsche fährt nach links weg, der Lada nach rechts, auf uns zu. Runter!« Pause. »Er hat uns nicht gesehen. Er ist weg.«
    Kurz vor vier Uhr morgens trommelten sie Desirée und Niki, der zum Glück bei ihr übernachtete, aus dem Bett. Niki brauchte vor seinem kyrillischen Laptop eine halbe Stunde, um das Gespräch abzutippen, und übersetzte es dann an Desirées Laptop.
    »Manche Wörter«, brummte er zwischendurch, »kenne ich nicht. Die Diebe im Gesetz haben ihre eigene Sprache, genau wie die Börsenheinis.«
    Tews: »Ich hatte dir ausrichten lassen,   nach   zwölf, nicht   vor   zwölf. Um zwölf kommt der Wachmann. Hat der dich gesehen?«
    Igor: »Der ist doch auch Russe.«
    Telefonklingeln. Tews: »Ich hol nur was ab, Michail. Alles in Ordnung.« Auflegen.
    Tews: »Er ist keiner von denen, die ich von dir habe. Hat er dich gesehen?«
    Igor: »Als du vor zwölf nicht rangegangen bist, bin ich nach zwölf gekommen.«
    Tews: »Eigentlich bist du zu klug für das Leben, das du führst.«
    Igor: »Meine Art von – unbekanntes Wort – ist genau dafür ideal. Es gibt nur einen, der noch – das gleiche Wort, gesteigert – ist als ich.«
    Tews: »Er hat es also geschafft, die Dinger brennen zu lassen?«
    Igor: »Hunderttausend Stück, genau wie du gesagt hast. Hier ist der reguläre Vertrag. Es ist eine Briefkastenfirma auf Antigua, die gestern, äh, vorgestern gegründet wurde. Bereits gestern hat diese Firma den ausgemachten Betrag im Voraus beglichen. Du solltest die Rechnung also auf vorgestern datieren. Morgen – heute – wird sie aufhören zu existieren. Die Lieferung kommt dann am 16. in Marseille an, sodass du ab Montag vor Weihnachten die Händler beliefern kannst.«
    Tews: »Ist irgendwas anders als beim Original?«
    Igor: »Ein technisches Problem war leider nicht zu umgehen. Dafür ist der Kopierschutz zu gut. Wenn die hunderttausend Käufer nach Weihnachten etwas Bestimmtes tun wollen, fliegen sie als illegale Kopisten auf. Die Details stehen in unserer Sprache hier drin. Das wird einen Aufstand geben.«
    Tews (liest offenbar): »Hm.«
    Igor: »Bis Weihnachten solltest du alles in deinem privaten Safe wegschließen.«
    Tews: »Selbstverständlich, Igor. Übrigens, ich habe da was läuten hören.«
    Pause. Igor: »Vom wem?«
    Tews: »Die – unbekanntes Wort – hat jemanden, den ich kenne, nach etwas fragen lassen. Er darf mir nicht erzählen, nach was sie gefragt hat.«
    Igor: »Boris – du sagst mir jetzt seinen Namen. Ich muss das mit ihr klären.«
    Tews (seufzt): »Ein Professor Dr.   Magnus Egmont Krähfuß. Ich kenne ihn gesellschaftlich.«
    Igor: »Ich danke dir, mein Freund. Wenn dieser Doktor mit dem blöden Namen echt ist, gibt es keine Probleme. Wenn nicht, werde ich mich um ihn kümmern. Wir sehen uns dann am Samstag, wenn ich mit meinen Leuten ins Kalinka komme. Hast du genug Nutten für uns alle besorgt?«
    (Sie gehen offenbar aus der Tür. Die Antwort ist nicht mehr zu verstehen.)
    Nachdem alle den Text gelesen hatten, setzten sie sich in Desirées Wohnzimmer.
    »Wir wissen also«, eröffnete Prinz, »noch nicht, worum es eigentlich geht. Außer dass es natürlich Produktpiraterie sein muss.« Er betrachtete seine Tochter, die jetzt einen Morgenmantel über dem ziemlich knappen Nachthemd trug.
    »Wenigstens im Groben kann ich dir sagen, worum es geht«, offerierte Ollie. »Ein Computerspiel. Es muss ein Computerspiel sein.«
    »Wegen des technischen Problems«, stimmte Niki zu. » DLC s.«
    »Was ist das denn?«, wollte Prinz wissen.
    »Downloadable content«,   erklärte Ollie. »Wenn ein Computerspiel neu auf den Markt kommt, gibt es ein paar Wochen später alle möglichen Neuerungen und Verbesserungen. Ein regulärer Käufer kann auf die Website des Herstellers gehen und sich mit der Seriennummer des Spiels registrieren, um sich alles kostenlos herunterzuladen. Illegales Kopieren ist heute fast nicht mehr möglich.

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