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Der schlaue Pate

Der schlaue Pate

Titel: Der schlaue Pate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Schnell
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diese Eröffnung reagiert?«
    »Er brach erneut zusammen, nachdem er nur in Anwesenheit von Hauptkommissar Buggert über eine Stunde wie betäubt dagesessen hatte. ›Schreiend und schluchzend‹, heißt es im Bericht, räumte er ein, mit ebendiesem Messer versucht zu haben, die Korken der beiden Weinflaschen zu zerschneiden oder hineinzudrücken, weil sie offenbar keinen Korkenzieher hatten. In Gegenwart seiner herbeigeeilten Frau räumte er sodann ein, mit ihrem Kleinwagen nach Melsungen gefahren zu sein und dort, in dieser Laube, auch mit Ellen Kaiser Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Daraufhin verließ die Gattin den Raum.« Die Ausdrucksweise deutete darauf hin, dass er aus dem Gedächtnis nahezu wörtlich den Bericht zitierte. »Allerdings wussten die Kommissare bereits, dass sich in der Laube nur wenige nicht zuzuordnende Fingerabdrücke oder   DNA - und Faserspuren fanden, vermutlich von Vorpächtern, die Spurensicherung hat nirgends etwas entdecken können, was einen anderen Verdacht auch nur möglich erscheinen ließ. Spuren eines Einbruchs gab es auch nicht. Die Kleidung der Frau war ordentlich zusammengelegt, sodass sie sich anscheinend freiwillig ausgezogen hat. Unter diesen Umständen blieb den beiden Kommissaren gar nichts anderes übrig, als ihm seine Rechte vorzulesen und ihn vorläufig festzunehmen.«
    In Anbetracht seiner beruflichen Stellung brachten die beiden Kommissare ihn ohne Handschellen und ohne uniformierte Verstärkung aufs Präsidium, nachdem sie ihm sogar noch einen privaten Moment in einem offenbar nur von ihm benutzten Zimmer ohne Fenster gestattet hatten, wo er ein paar Sachen packte. Er sagte nichts mehr und verlangte einen Anwalt. Spohr nickte Andreas zu.
    Der hielt dem Blick seines Vaters einige Sekunden schweigend stand.
    »Sein Anruf«, sagte er dann, »erreichte mich kurz nach elf auf dem Gut Holdorf, gegen halb zwölf traf ich im Präsidium ein, wo ich sofort unter vier Augen mit ihm sprechen konnte. Es war kein ergiebiges Gespräch, meistens heulte er nur. Klar und eindeutig sagte er lediglich, was ich bereits berichtet habe: Er war es nicht, und er besteht darauf, dass der Prozess hier stattfinden soll. Dann traf Hinten- SS   ein, in deren Gegenwart er gar nichts sagen wollte, wozu ich ihm sowieso geraten hätte. Sie brachten ihn in eine der Gewahrsamszellen im Keller des Präsidiums. Auf meine Frage, wie weiter verfahren werden sollte, erklärte Hinten- SS , es dürfe auf keinen Fall der Eindruck entstehen, die Staatsanwaltschaft wolle einen der ihren irgendwie anders behandeln als jeden anderen Beschuldigten auch. In diesem Augenblick ging draußen die Silvesterknallerei los.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Das waren Profis«, sagte Prinz leise, aber energisch und klopfte mit einem Knöchel auf den Tisch. »Wir wissen, wer sie geschickt hat und warum. Wir werden seine Unschuld beweisen.« Er hielt inne, wirkte beinahe schuldbewusst. »Das ist das Mindeste, was wir für ihn tun können.«
    Der ehemalige Minister betrachtete ihn. Das Letzte, was er von diesem früheren Kriminellen erwartet hätte, war irgendeine Form von Schuldbewusstsein.
    »Na schön«, seufzte er, um seine wachsende Neugier zu verbergen. »Dann seid ihr jetzt dran.«
    Prinz nickte Desirée zu, die endlich diese Locke losließ und einige Sekunden brauchte, um ihren Blick zu fokussieren. Dann wühlte sie noch fast eine Minute in den Papieren vor sich. Sie begann stockend, machte mehrmals lange Pausen, in denen sie wie betäubt vor Entsetzen über die Folgen dessen schwieg, was sie vortrug, und brauchte über eine Stunde. Niemand wagte, sie zu unterbrechen.
    Herbert Viehmann hatte sie nicht aus den Augen gelassen, die immer größer wurden. Nun glotzte er seinen Sohn an.
    »Ihr habt   gesehen , wie Hinten- SS   Baginskis Unterschrift abpauste?«
    Andreas nickte. »Sie wollte ihn sofort anrufen, aber sie hat ihn nicht erreicht und es hinterher in der Aufregung vergessen. Ich habe sie beiläufig danach gefragt. Sie ahnt noch keinen Zusammenhang.«
    »Ihr meint …«
    Prinz nickte finster. »Es war ein Racheakt. Aber er konnte gar nichts dafür, dass die hiesige   Bratva   und ihr legales Aushängeschild hochgegangen sind, und er konnte auch nichts dagegen tun, weil er nichts davon erfuhr. Die abgepauste Unterschrift hat zur Ermordung von Baginskis Geliebter geführt. Aber eigentlich war es   unsere   Aktion.   Wir   haben das alles ausgelöst.«
    Er wirkte beinahe verzweifelt.
    Desirée begann

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