Der schlaue Pate
Organtransplantation ist. Jedenfalls, das könnte dieses ungeheuer profitable Geschäft sein, das der schlaue Pate hier durchziehen will. Und der weltweite Ruf, den das Klinikum seit diesem Kalk bei Leberpatienten hat, ist der Grund, warum es ausgerechnet hier sein muss.«
»Also, ich kenne den Mann nicht«, sagte Anja, »ich arbeite im Chirurgischen Zentrum des Klinikums. Bei uns operiert der Chef nicht so oft selber. Selbst wenn, kriegen alle zwangsläufig genau mit, was da operiert wird und was auf den Zetteln steht: Assistenten, der Anästhesist und eine ganze Reihe Schwestern.«
»Aber er schmeißt da den Laden. Der kann sich bestimmt ein Team zusammenstellen, auf das er sich verlassen kann.«
Desirée fragte: »Soll ich weitermachen?«
Ingrid, Ollie und Andreas schüttelten die Köpfe. Prinz sah alle nacheinander an. Dann lenkte er ein.
»Nein. Wir sehen ihn uns auf dem Neujahrsempfang mal an, dann lassen wir die Sache auf sich beruhen. Aber wenn der schlaue Pate sich meldet, haben wir möglicherweise ein Druckmittel in der Hinterhand. Klasse, Desirée.«
14.
Am Freitag, den 13. …
… brachten der Erste Kriminalhauptkommissar Tobias Buggert und die Kommissarin Elke Schadow Baginski zum Gut Holdorf. Buggert hatte die elektronische Fußfessel dabei, Schadow einen Laptop, ein Handy und das Ladegerät. Im Salon nahmen alle Platz, und Schadow ließ den Computer hochfahren.
Baginski trug noch eine Augenklappe, aber keinen Verband mehr. Von dem Veilchen und den Blutergüssen waren nur noch Reste zu sehen, aus der Oberlippe waren die Fäden gezogen worden. Seine Niere, versicherte er, sei auch wieder fast in Ordnung. Er trug weder den sonst üblichen Anzug noch die für ihn typische Fliege, sondern lässige Freizeitkleidung. Auch sein anderes Erkennungszeichen, die graue, bis in die Augen fallende Tolle, war weg: Ingrid, die Alleskönnerin, hatte ihm noch im Krankenhaus die Haare geschnitten.
Prinz betrachtete ihn und nickte.
»Das ist gut«, sagte er. »Wenn Sie rausgehen, ziehen Sie am besten irgendeinen alten Wintermantel an und setzen eine Mütze und eine Brille auf. Sie könnten sich auch einen Bart wachsen lassen.«
»Unbedingt«, stimmte Andreas zu. »Die Vereinbarung mit der Richterin ist natürlich inoffiziell, in ihrem Beschluss steht nichts davon, aber sie besagt, dass zum einen wir die bedauerlichen Vorfälle im Gefängnis nicht publik machen, zum anderen das Gericht nichts davon verlauten lässt, dass Sie wieder auf freiem Fuß sind.«
»Sollte sich das trotzdem herumsprechen«, sagte Buggert, »werden Sie von aufgebrachten Mitbürgern und den Medien belagert. Sollten Sie in Ihr eigenes Haus gehen, dann möglichst nach Einbruch der Dunkelheit.«
Baginski nickte. »Ich werde mir alle Mühe geben. Wo darf ich hin?«
»Das ist im Beschluss genau festgelegt«, erklärte ihm Andreas. »Sie dürfen sich hier auf dem Gelände frei bewegen. Sie dürfen von hier zu Ihrem Haus fahren. Dort dürfen Sie die Querallee runter und die Friedrich-Ebert-Straße hoch zum nächstgelegenen Laden, um dort einzukaufen. Auf dem Weg liegt Ihre Bank für eventuell notwendige Geldgeschäfte, aber die sollten Sie besser einen von uns mit entsprechenden Vollmachten erledigen lassen. Sie dürfen im Tannenwäldchen spazieren gehen. Sie dürfen zu unserer Kanzlei, zu eventuellen Vernehmungen ins Präsidium und zur Staatsanwaltschaft, später zum Prozess ins Gericht und zur Nachbehandlung Ihrer Verletzungen ins Elisabeth-Krankenhaus. Das ist alles.«
»Ich habe keinen Wagen, solange der Daihatsu nicht freigegeben ist. Wie komme ich dahin? Soll ich ein Taxi rufen? Oder Bus und Straßenbahn fahren?«
Prinz schaltete sich ein. »Wir haben hier einen alten unauffälligen Renault Kangoo. Den leihen wir Ihnen so lange. Stellen Sie ihn nie direkt vor Ihr Haus.«
Kommissarin Schadow kontrollierte etwas auf dem Monitor. »Der kleine Daihatsu«, ergänzte sie, »ist durch die Medien gegangen. Den dürfen Sie auf keinen Fall fahren.«
»Schön«, sagte Baginski, der nach zwei schrecklichen Wochen zumindest äußerlich wieder zu der Gelassenheit zurückzufinden schien, für die er als Staatsanwalt bekannt gewesen war. »Das leuchtet mir alles ein. Also, erklären Sie mir, wie das technisch funktioniert und was ich machen soll.«
Die beiden Kommissare sahen sich an. Sie verhielten sich höflich und korrekt, aber ihren reglosen Gesichtern war anzusehen, dass sie der Überzeugung waren, einem brutalen Mörder
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