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Der schlaue Pate

Der schlaue Pate

Titel: Der schlaue Pate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Schnell
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Fitnessräume. Die Bar konnte mit praktisch allem aufwarten. Die Mädels waren alle nackt, die Kunden alle in weißem Frottee.
    Die Neueröffnung war natürlich nicht öffentlich angekündigt worden, aber die Mundpropaganda hatte gewirkt, der Laden war voll, obwohl Samstag war; Geschäftsleute und andere Wichtigmänner aus weitem Umkreis hatten, teils mit einigem Aufwand, ihren Gattinnen Geschäftsreisen vorgegaukelt. Pit Sabatka strahlte, als Prinz eintraf und Glückwünsche von Stammkunden entgegennahm.
    »Jetzt läuft alles von selbst«, sagte Pit. »Komm mal mit. Ich muss dir was zeigen.«
    Sie betraten sein großzügiges Büro, in dem wieder eine ganze Wand von Monitoren eingenommen wurde, die das Treiben in den Räumen zeigten.
    »Ich bin vorhin erst dazu gekommen, mir die Post von heute anzusehen. Hier.«
    Prinz grinste, als er den Brief der Kanzlei des Züricher Rechtsanwalts Beat Rominger entgegennahm.
    »Wir und alle Freunde unseres Hauses freuen uns, Sie zur Neueröffnung Ihres Etablissements beglückwünschen zu dürfen«, stand darin. »Wir wünschen Ihnen für die Zukunft viel Erfolg.«
    »Wir haben alles richtig gemacht«, strahlte Pit.
    Prinz betrachtete ihn. »Ich habe alles richtig gemacht, Pit. Du wärst längst in Kalifornien.«
    Pit verzog entschuldigend das Gesicht. Prinz gab ihm den Brief zurück.
    »Und was ich gemacht habe, hat eine unbeteiligte Frau das Leben gekostet und einen Unschuldigen dafür vor Gericht gebracht.«

21.
    Am Mittwoch, den 4.   April, zwei Tage vor Karfreitag …
    … begann nachmittags um zwei der Prozess gegen Ewald Baginski vor der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts Kassel im Saal D 130, dem größten in den sechs ineinander übergehenden, mit A bis F bezeichneten Gebäuden von Landgericht, Amtsgericht und Staatsanwaltschaft an der Frankfurter Straße auf Höhe der Schönen Aussicht. Es waren dunkelgraue Zweckbauten aus den späten 1950ern mit hellgrauen Längsstreifen, sechs Stockwerke hoch, aber trotzdem länglich wirkend. Am Vormittag war der Saal noch von der 6. Großen Strafkammer belegt gewesen.
    Desirée zappelte vor Aufregung, als Baginski in Begleitung von Andreas und Björn Spohr hinten in die Ladefläche des weißen Mercedes Sprinter stieg, in dem Jörg und Dirk sie in die Tiefgarage chauffieren würden, von wo sie ungesehen hineinschlüpfen und den Angeklagten (zu dem er mit Zulassung der Anklage geworden war) den Justizbeamten übergeben konnten. Prinz und Ollie blieben zu Hause, denn Andreas könnte sie noch als Zeugen benennen. Anja hatte sowieso Dienst im Klinikum, Jörg und Dirk warteten in der Tiefgarage, um den Angeklagten und seine Anwälte unauffällig wieder für die Heimfahrt aufnehmen zu können, Professor Rind saß als Sachverständiger im Saal, also waren nur Desirée und Ingrid als moralische Unterstützung im Zuschauerraum vorgesehen. Andreas gab ihnen drei Einlasskarten, »eine für den Volker, der garantiert zu spät kommt«.
    Bei Prozessen mit großem Publikumsandrang, erklärte er, werden diese Karten kostenlos an die verteilt, die zuerst da sind; nur wenige waren für Anklage und Verteidigung reserviert. Sie sahen aus wie Kinokarten aus etwas dickerem Papier, oben war der Hessische Löwe aufgedruckt, darunter eine unverständliche Bezeichnung des Verfahrens und das Datum. Es gab keine Platzkarten; wer zuerst drinnen war, sicherte sich die besten Plätze, deshalb sollten sie rechtzeitig da sein.
    Desirée und Ingrid kamen um kurz nach eins durch den Haupteingang und mussten zunächst, wie auf dem Flughafen, eine Sicherheitsschleuse passieren. Ingrid kannte den Weg. Sie schritten eine breite Treppe hoch und dann einen langen Gang entlang. Desirée war verblüfft, wie schlicht alles war, wie still und unaufgeregt alles wirkte. Bis es hinter einer Glastür plötzlich eng wurde.
    Menschenmassen standen herum, leise wispernd, die meisten ziemlich bedröppelt, darunter der Autor. Er sei vor eins da gewesen, meinte er, aber niemand habe ihm gesagt, dass die Karten ab zwölf verteilt wurden und in wenigen Minuten weg waren. Desirée gab ihm eine, und er lächelte dankbar. Dann trat ein älteres Ehepaar auf sie zu, das sie zunächst nicht einordnen konnte. Es waren Peter und Renate Simoneit aus Düsseldorf, auch zu spät gekommen, an die hatte Andreas nicht gedacht, und Baginski hatte nicht darauf hingewiesen. Desirée blieb nichts anderes übrig, als sie auf den nächsten Verhandlungstag zu vertrösten.
    Fünf Kamerateams und eine Menge

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