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Der schlaue Pate

Der schlaue Pate

Titel: Der schlaue Pate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Schnell
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gehalten, weil sie nicht wissen konnte, dass Sie in der Verhandlung behaupten würden, zum ersten Mal in der Laube gewesen zu sein.«
    »Was hat das zu bedeuten?«, wollte Prinz wissen.
    »Irgendwo zig Blatt vorher werden ›Rückstände einer alkoholischen Flüssigkeit‹ auch in der Spüle aufgeführt, wieder ganz woanders ein paar Spritzer am Boden. Das schien alles keinerlei Bedeutung zu haben, deswegen wurde gar nicht untersucht, was für eine Flüssigkeit das überhaupt war. Jetzt haben sie es in aller Eile untersuchen lassen und das Ergebnis als Beweismittel eingebracht, und es war Whisky, Scotch, Ihr Scotch.«
    Spohr fragte kleinlaut: »Hätten wir nicht Aussetzung der Hauptverhandlung zum Zweck der Erkundigung beantragen sollen?«
    Andreas betrachtete ihn sehr von oben herab. »Wozu? Er hat es zugegeben, es war sein Whisky, und es bleibt sein Whisky, ob wir es nun noch mal untersuchen lassen oder nicht.« Er wandte sich an Prinz. »Von Scotch hat er nie was erwähnt, nur von dem Rotwein, den sie mitgebracht hatte. Damit kam Krieg aus dem Hinterhalt, und er hat erst abgestritten, dann fiel es ihm wieder ein, und er gab es zu, ohne zu überlegen. Damit war der Schaden angerichtet. Ellen Kaiser fand gar nicht gut, dass er noch Schnaps trinken wollte, nahm ihm die Tasse ab, goss sie aus und stellte sie in den Schrank. Also nahm er halt einen Schluck aus der Flasche. Vielleicht haute sie ihm eine runter, vielleicht tat oder sagte sie sonst etwas Abfälliges, und er griff zum Messer.«
    Prinz ließ keinerlei Regung erkennen. »Was ist wirklich passiert?«
    Baginski seufzte. »Den Scotch hatte ich eigentlich nur dabei für den Fall, dass es wieder nicht klappen würde. Außerdem war ich davon ausgegangen, wir würden die Nacht dort gemeinsam verbringen. Den Wein hatten wir schon vorher ausgetrunken, nicht erst danach, wie ich bisher ausgesagt habe. Aber hinterher war ich so euphorisiert, dass …« Er schloss die Augen. »Das alles war in dem Augenblick weg, als diese Kommissare mir sagten, sie sei tot. Aber es ist genauso passiert, wie Herr Viehmann eben vorgetragen hat. Bis auf den Schluss, den Staatsanwalt Krieg konstruiert. Wir waren noch nackt. Sie sagte: ›Bist du verrückt? Du musst doch noch fahren!‹ Ich sagte: ›Ich muss noch fahren?‹ So ging das eine Weile hin und her. Sie wollte zu Hause sein, wenn die Kinder aufwachten. Ich trank trotzdem. Sie nahm mir die Tasse weg. Ich nahm einen Schluck aus der Flasche. Sie wurde wütend, wollte mir auch die Flasche abnehmen, wobei ein bisschen verschüttet wurde. Ich schraubte die Flasche zu, steckte sie weg und sagte: ›Na siehst du. Nichts passiert.‹ Ab da lief alles genauso ab wie bisher ausgesagt. Im Auto überzeugte sie sich, dass ich ganz sicher fuhr. Und genauso habe ich das auch vor Gericht geschildert, als Herr Viehmann mit seinen Rückfragen an der Reihe war.«
    »Aber jetzt«, ließ Ingrid sich zum ersten Mal vernehmen, »stehen Sie als Lügner da, und wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.«
    »Außerdem hat Krieg unsere Alternativtheorie effektiv lächerlich gemacht«, fügte Andreas hinzu. »Wir werden mit der Erpressung rausrücken müssen, Herr Baginski. Ich sehe keine andere Chance mehr.«
    Baginski nickte düster. »Wann?«
    »Vielleicht schon morgen. Morgen geht es um neun los und dauert den ganzen Tag. Wir können bloß beten, dass das Gericht diese Fotos, den Brief und den Vertrag und Hinten- SS   als Zeugin überhaupt zulässt.«
    »Die könnten das vielleicht gar nicht zulassen?«, fragte Ingrid entsetzt.
    »Außer Hinten- SS   und der abgepausten Unterschrift könnten wir das ja alles nachträglich selbst fabriziert haben. Über Beweisanträge entscheidet das Gericht nach eigenem Ermessen.«
    »Nein«, sagte Prinz und lächelte. »Wir machen das anders. Wir setzen den Volker ein.«

26.
    Ich bin, wie die meisten Schreiberlinge, kein Frühaufsteher, und auf das Erlebnis, mich gegen acht durch den Berufsverkehr quälen zu müssen, um pünktlich vor halb neun im Gericht zu sein, hätte ich gut verzichten können. Die anderen mussten sogar schon um acht da sein, weil da die Karten verteilt wurden. Zum Glück wusste ich, dass Desirée wieder eine für mich hatte. Das ältere Ehepaar, für das sie auch welche hatte, war nicht mehr erschienen.
    Es war mein erster Prozess, und was bisher passiert war, hatte mich total verblüfft. Ich kenne keinen einzigen deutschen Gerichtsthriller, ob Buch oder Film, deshalb war ich vollkommen

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