Der schlaue Urfin und seine Holzsoldaten
manchmal die allereinfachsten Dinge nicht. Als Gingemas
Zauberstein euch festhielt, war ich euch, offen gestanden, sehr böse, weil ihr nicht darauf
kamt, mich aus dem Bauer herauszulassen. Nur Elli erriet, daß der Stein keine Macht über
mich hat, weil ich aus dem Wunderland bin …”
Elli errötete, als sie dieses unverdiente Lob hörte.
„Das ist mir erst später eingefallen”, entgegnete sie. „Ich gab dir die Freiheit, damit du
unser Los nicht teilst.”
„Das macht deinem guten Herzen nur Ehre. Als ich frei war und zu den Bergen flog,
dachte ich nach, wie euch zu helfen wäre. Was konnte aber ich, eine Krähe, gegen die
Hexenkunst der mächtigen Zauberin ausrichten? Da kam mir der Gedanke,
Willina um Hilfe zu bitten. Willina ist mächtiger als Gingema, sagte ich mir, sie hat den
Sturm gebannt und das Häuschen auf die böse Hexe fallen lassen. Willina wird
wahrscheinlich auch die Zauberkraft des Steins brechen … Und ich flog in das Gelbe
Land. Ganze sechs Tage dauerte die Reise. Einheimische Krähen wiesen mir den Weg zum
Gelben Schloß Willinas. Als ich hinkam, geleiteten mich die Diener sogleich zu der guten
Zauberin. Sie war ergriffen von meinem Bericht und fragte:
,Elli? Ist das nicht das Mädelchen, das im vorigen Jahr hier war und Goodwin auf die
Schliche kam?`
,Ja`, erwiderte ich. ,Und jetzt ist Elli wieder da, um ihre Freunde, den Scheuch und den
Eisernen Holzfäller, zu befreien.`
,Wir müssen ihr helfen`, sagte die Zauberin. ,Elli ist ein gutes und tapferes Mädchen!`
Willina holte aus den Falten ihres Gewandes ein winziges Büchlein hervor, blies darauf
und …”
„… es verwandelte sich in ein riesiges Buch!” rief Elli.
„Richtig”, sagte die Krähe. „Willina blätterte im Zauberbuch und murmelte:
,A … Ananas … Armee, Argus … B … Ballon, Bananen … Bastschuhe … D … Datteln
… Daumen … Domino …` Schließlich hatte sie’s gefunden: ,Weintrauben!` rief sie, und
höre, Kaggi-Karr:
„Bambara, Tschufara, Skoriki, Moriki, Turabo, Furabo, Loriki, Joriki … Am Rande der
Großen Wüste, im Tal der Ewigen Berge, wachsen herrliche Weintrauben.
Nur diese können den Bann der Zaubersteine Gingemas brechen.“
Dann schrumpfte das Buch zusammen und verschwand im Gewand der Zauberin.
,Hatten deine Freunde noch viel Wasser, als du sie verließest?` fragte sie mich.
,Das Fäßchen war noch zu einem Viertel voll`, erwiderte ich.
,Dann sind die Stunden deiner Freunde gezählt`, sagte die Zauberin. ,Die Wüste wird sie
umbringen.`
Mir stockte das Herz.
,Gibt es denn kein Mittel, sie zu retten?` fragte ich verzweifelt.
,Nur mit der Ruhe, ein Mittel wird sieh schon finden`, sagte die Zauberin.
Sie stieg auf das Dach ihres Schlosses, verbarg mich unter ihr Gewand, rief eine
Beschwörung, die ich mir nicht gemerkt habe, und als sie mich wieder hervorholte,
befanden wir uns in dem besagten Tal, vor dem Weinstock, an dem herrliche Trauben
hingen.
Willina sagte, ich sollte mich stärken. Ich aß ein paar Beeren und fühlte, wie mir ungeahnte
Kräfte zuströmten. Die Zauberin pflückte eine große Traube und gab sie mir mit den
Worten:
,Fliege los, du darfst keine Zeit verlieren!`
,Meine Herrin, vielleicht laßt Ihr Euch lieber selber durch eine Beschwörung zu meinen
verschmachtenden Freunden versetzen?` fragte ich. ,Vollendet doch das gute Werk, das Ihr
so schön begonnen habt!`
,Alberner Vogel!` entgegnete die Zauberin. ,Meine Beschwörungen können mich nicht
über die Grenzen des Wunderlandes tragen. Wollte ich aber zu Fuß gehen, so würde das
viel zu lange dauern.`
So bedankte ich mich denn herzlich bei der guten Fee und flog zu euch. Was weiter kam,
wißt ihr”, schloß die Krähe bescheiden.
Von Kaggi-Karrs Bericht ergriffen, schwiegen die Zuhörer. Schließlich sagte der Seemann:
„Ja, Kaggi-Karr, du bist ein wahrer Freund. Und ich bitte dich um Verzeihung, daß ich so
schlecht über dich gedacht hab.
Bei meinem Kompaß! Wärst du auf meinem Schiff Matrose, ich würde dich zum Obermaat
machen?”
Im Munde des Seemanns war dies das höchste Lob.
DER WEG DURCH DIE BERGE
Am nächsten Morgen begann Kaggi-Karr von den Abenteuern des Scheuchs und des
Eisernen Holzfällers zu erzählen. Über Urfin wußte sie nichts Näheres zu berichten und
konnte auch nicht erklären, wie er die lebenden Holzsoldaten geschaffen hatte.
Den Worten der Krähe nach zu urteilen, war Urfin ein mächtiger Zauberer, dem schwer
beizukommen sei. Elli und ihre Gefährten
Weitere Kostenlose Bücher