Der schlaue Urfin und seine Holzsoldaten
den Mund, und sie schlug sogleich die Augen auf.
„Onkel Charlie, was ist das? Wasser?”
„Besser als Wasser, mein Kind, es sind Trauben. Und weißt du, wer sie gebracht hat? Die
Krähe!”
„Kaggi-Karr”, rief die Krähe, als verstehe sie, daß von ihr die Rede ist.
Elli erhob sich ein wenig und stützte sich auf die Ellbogen. Da bemerkte sie das Hündchen,
das ohnmächtig dalag.
„Totoschka, mein Liebling’. Du bist ja fast verdurstet…”
Drei Beeren reichten, um das Hündchen zum Leben zurückzurufen. Es öffnete die Augen
und begann mit dem Schwänzchen zu wedeln.
Als der Kapitän seine Mannschaft gerettet sah, nahm auch er ein paar Trauben zu sich. Die
großen gelben Beeren zergingen auf der Zunge und stillten Hunger und Durst.
„Ja, das nenn ich Trauben!” schnalzte der Seemann. „Solche hat es nicht einmal auf
Kuru-Kusu gegeben!”
Er nahm die Krähe in die Hand und streichelte ihre struppigen schwarzen Federn.
„Ein kluger Vogel, das muß man sagen! Und ich alter Räucherhering war böse, als du
fortflogst. Wenn du uns jetzt noch belehren würdest, wie wir die Zauberkraft des Steins
brechen sollen, würde ich sagen, du bist der klügste Vogel auf der Welt.”
Statt einer Antwort pickte die Krähe eine Weintraube auf und schielte mit ihren schwarzen
Augen verschmitzt zum Seemann hinauf.
Sie deutet auf die Trauben, das ist klar, dachte Charlie, aber was können die uns helfen?
Nur unsere Qualen neben diesem verdammten Stein verlängern …
Die Krähe begann über den Sand zu hüpfen und blickte sich dabei dauernd nach Charlie
um, als fordere sie ihn auf, ihr zu folgen.
Der Seemann erhob sich und ging in Richtung der Berge. Welch ein Wunder! Er konnte
jetzt so leicht und frei gehen, als hätte er nicht eine ganze Woche gehungert und kraftlos
im Sande gelegen. Auch das hatten also die Trauben bewirkt!
„Donnerwetter!” brummte der Seemann. „So was ist mir noch nicht vorgekommen! Na,
wir sollen doch mal sehen,
Da war schon die Stelle, wo er und Elli jedesmal erschöpft zu Boden gesunken waren. Jetzt
aber schritt Charlie mühelos weiter.
„Hurra, hurra!” schrie er aus Leibeskräften. „Elli, komm, wir sind gerettet!”
Verständnislos kam Elli herbeigeeilt, und dann erst begriff sie den Sinn seiner Worte.
„Onkel, lieber Onkel, wir müssen uns beeilen!”
„Richtig, mein Kind. Wer weiß, wie lange die Zauberkraft der Trauben anhält!”
Sie warfen eilig das Allernotwendigste in ihre Rucksäcke, nahmen das Zelt und verließen
den entsetzlichen Ort. Toto schka sprang munter vor ihnen her, und die Krähe wies ihnen
den Weg.
Nach etwa drei Meilen war der verzauberte Felsen nicht mehr zu sehen, und die Wanderer
machten Rast. Jeder bekam ein paar Trauben, dann ging es mit neuen Kräften weiter. An
diesem Tag schafften sie die Hälfte des Weges zu den Bergen.
Als sie am nächsten Morgen aufwachten, war die Krähe fort. Sie brauchten sich indessen
nicht lange den Kopf über ihr Verschwinden zu zerbrechen, denn bald war sie, neue
Trauben im Schnabel, wieder da.
„Donnerwetter?” rief Charlie. „Wer hätte gedacht, daß ich jemals auf so sonderbare Art
und Weise versorgt werde!” und verteilte die saftigen Beeren an seine Gefährten.
DAS TAL DER KÖSTLICHEN WEINTRAUBEN
Sie kamen zu einem Tal, in dem ein schneller Bach rauschte, der hoch in den von ewigem
Schnee bedeckten Bergen seinen Anfang nahm. An den Ufern wuchsen Obstbäume. Die
Wanderer tranken gierig das klare, kalte Wasser und betraten dann eine grüne Wiese, die
mit zahllosen unbekannten Blumen übersät war. Hier erwarteten sie wunderbare
Erlebnisse.
Die Krähe legte feierlich den Kopf auf die Seite und sagte mit sehr klarer Stimme:
„Kaggi-Karr !”
„Das haben wir schon gehört!” ließ sich - nicht gerade liebenswürdig - Totoschka
vernehmen.
„Gehört, aber nicht verstanden!” bemerkte die Krähe spitz. „Das ist nämlich mein Name.
Ich habe die Ehre, mich vorzustellen: Kaggi-Karr, Erste Abschmeckerin in der
Schloßküche am Hofe des Weisen Scheuchs, des Herrschers der Smaragdenstadt!”
„Ach, bitte um Verzeihung! Hat mich sehr gefreut. Mein Name ist Totoschka!” Das
Hündchen verneigte sich förmlich.
Charlie, der im Gras saß, war starr vor Staunen. Elli lachte so sehr über seine verdutzte
Miene, daß ihr die Tränen in die Augen traten.
„Onkel Charlie, du bist ja ganz verstört!” rief sie, den Seemann am Ärmel zupfend. „Ich
habe dir doch schon hundertmal gesagt, daß im Wunderland
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