Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur
anstellen? Wir besitzen nur algerische Papiere. Um französische Pässe zu bekommen, müssen wir endlos warten …«
»Ich weiß einen Weg, der Ausländern verschlossene Türen öffnen kann. Aber du darfst mit niemandem darüber reden. Mit niemandem außer mit deinen Töchtern. Wenn du mir das versprichst, kann ich dir weiterhelfen.«
»Versprochen! Ich bin fest entschlossen, dieses Land zu verlassen.«
»Gut, dann hör zu! Dir bleibt nur die Möglichkeit, mit falschen französischen Pässen auszureisen. Ein Bekannter vonmir könnte dir gegen eine gewisse Geldsumme solche Papiere beschaffen. Was hältst du davon?«
»Kennst du denn jemanden, dem es gelungen ist, Frankreich mit falschen Papieren zu verlassen, ohne erwischt zu werden?«
»Ich selbst bin zweimal mit gefälschten Papieren gereist und beide Male erwischt worden. Beim ersten Mal wollte ich nach London. Wir waren zu dritt und hatten alle falsche Papiere. Die beiden Mädchen kamen ohne Schwierigkeiten durch, doch mich hat man festgehalten. Beim zweiten Mal wollte ich über die Niederlande nach Schweden reisen, wurde geschnappt und bin sogar im Gefängnis gelandet. Ich will ehrlich zu dir sein: Es ist eine riskante Sache, bei der ich dir nichts garantieren kann.«
»Danke für deine Offenheit. Ich bin bereit, das Risiko einzugehen. Dank deiner Erzählung kann ich jetzt besser abschätzen, was auf mich zukommt. Ich werde mit meinen Töchtern sprechen und mich bei dir melden, falls wir den Sprung über den Großen Teich wagen wollen.«
Trotz des Risikos ging mir sein Vorschlag nicht mehr aus dem Kopf. Wenn man vor einer großen Gefahr flieht und sich nur durch einen Sprung über den Abgrund retten kann, denkt man nicht groß über das damit verbundene Risiko nach. Der Gedanke an die Flucht beherrscht alles andere!
Als ich mit meinen Kindern das Hotel betrat, kam der Besitzer wutentbrannt auf mich zugestürmt. Er hielt mir ein Papier unter die Nase und verlangte unverzüglich eine Erklärung von mir.
Aus dem Brief ging hervor, dass ihm das Sozialamt für den laufenden Monat nur die Hälfte der Hotelkosten erstatten und anschließend die Zahlungen einstellen wollte.
Meine Panik war mindestens genauso groß wie die Wut des Hotelbesitzers. Er baute sich vor mir auf und drängte mich in eine Ecke der Eingangshalle.
»Wenn das Sozialamt nicht den vollen Betrag für Ihren Aufenthalt hier bezahlt, setze ich Sie und Ihre Kinder vor die Tür«, drohte er. »Verstanden? Also unternehmen Sie etwas! Ich sage es Ihnen unumwunden, ich habe mit niemandem Mitleid, auch wenn Sie schon seit fast einem Jahr hier wohnen. Klar?«
Verängstigt über diesen zornigen Mann, der ihre Mama bedrängte, begannen meine Kinder bitterlich zu weinen.
»Ja, Monsieur, es ist alles klar. Aber jetzt möchte ich bitte meine Kinder trösten.«
»Nur zu! Ich geben Ihnen eine Frist bis morgen Nachmittag, um dieses Problem zu lösen!«, sagte er und sah mir nach, bis wir im Aufzug verschwunden waren.
Meine Kinder klammerten sich schluchzend an meine Beine. Beim Verlassen des Aufzugs erklärte Elias im Brustton der Überzeugung:
»Hab keine Angst, Mama. Wenn ich einmal groß bin, komme ich hierher zurück und verpasse ihm ein paar Tritte in den Hintern. Dann wird er genauso weinen wie du, das verspreche ich dir!«
Die kindliche Tapferkeit, mit der er seine Mama verteidigen wollte, tat mir gut.
»Ihr braucht keine Angst zu haben, meine Lieben. Wir werden dieses schäbige Hotel und diesen bösen Mann bald verlassen!«
»Jaaaa!«, rief Ryan erfreut. »Wohin gehen wir denn, Mama?«
»Wir werden sehr weit weggehen, an einen Ort, wo wir ganz sicher besser aufgehoben sind als hier.«
»Warum gehen wir nicht jetzt gleich dorthin?«, drängte Elias.
»Weil wir dafür Papiere benötigen. Ich brauche Zeit, um sie zu besorgen.«
»Gehen wir dann morgen fort?«
»Morgen nicht, aber bald, mein Liebling! Wir müssen Geduld haben, denn es ist wichtig, dass wir den richtigen Augenblick abwarten.«
Zufrieden begannen die Zwillinge auf dem Bett zu spielen, aber Zacharias wirkte noch immer ängstlich, und ich brauchte eine Weile, um ihn auf andere Gedanken zu bringen. Anschließend rief ich Redwane an, um ihm klarzumachen, wie dringend wir die gefälschten Ausweise benötigten. Da es gefährlich war, ein solches Thema am Telefon zu besprechen, verabredeten wir uns für den gleichen Abend in einem Café.
Als meine Töchter ins Hotel zurückkamen, überfielen die Jungen sie sogleich mit einer
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