Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur
war es zu spät.
Ich spähte in die bombastische Eingangshalle, wo zwei diensteifrige Portiers nur darauf warteten, sich auf unsere Koffer zu stürzen. Was sollte ich tun?
Mein Blick fiel auf einen jungen farbigen Mann, der einen großen Hund spazieren führte. Ich trat auf ihn zu.
»Entschuldigen Sie bitte, Monsieur. Kennen Sie ein erschwingliches Hotel hier in der Nähe?«
»Das einzige Hotel, das ich in diesem Viertel kenne, ist ein Appartement-Hotel, das sicher billiger ist als dieses hier. Wenn Sie möchten, kann ich Sie dorthin begleiten«, schlug er freundlich vor.
»Danke, Monsieur. Ich hoffe, dass es nicht zu teuer ist, da ich morgen noch Flugtickets kaufen muss.«
»Ich würde Sie gerne zu mir nach Hause einladen, aber ich habe nicht genug Matratzen für alle«, erwiderte er ernst.
Seine Freundlichkeit rührte mich. Der Preis für das Appartement war immer noch sehr hoch, doch ich hatte keine andere Wahl. Die Kleinen waren am Ende ihrer Kräfte. Beim Abschied gab uns der junge Mann noch seine Telefonnummer, für den Fall, dass wir Geld tauschen wollten oder seine Hilfe beim Kauf der Flugtickets benötigten.
»Ich glaube, du gefällst ihm«, meinte Norah schmunzelnd.
»Hör auf, mich zu necken! Er will uns einfach nur helfen.«
Ein Hotelangestellter führte uns in das Appartement. Es war sein Geld wert! Die Zimmer waren riesengroß und sauber. Die Küche war gut eingerichtet und ebenfalls sehr geräumig. Voller Bewunderung rief Ryan:
»Wow! Das ist eine Küche wie in einem richtigen Haus! Warum bleiben wir nicht für immer hier, Mama?«
Über ein Jahr lang hatten meine Kinder keine Küche gesehen! Durch die Bemerkung meines Sohnes wurde mir schlagartig klar, wie wichtig dieser Raum im Leben eines Kindes ist. Ryan sah darin offenbar ein Zeichen für Geborgenheit.
Ohne uns zu waschen, fielen wir sogleich ins Bett. Am nächsten Morgen erwachte ich sehr früh. Norah besorgte uns etwas zu essen, während ich die Kinder anzog. Kurz nach acht Uhr telefonierte ich mit Philippo, dem jungen Schwarzen, der uns so freundlich seine Hilfe angeboten hatte.
Melissa und ich wollten gemeinsam mit Philippo alle Vorbereitungen für unsere Abreise treffen. Norah sollte sich mit den Kleinen für die Fahrt zum Flughafen bereithalten.
Nachdem wir Geld getauscht hatten, begaben wir uns ins Reisebüro. Jetzt musste ich erstmals meinen gefälschten Pass vorlegen. Wenn dem Angestellten nichts auffiel, war das ein gutes Vorzeichen für den Zoll.
Ich verlangte zwei Tickets für Erwachsene und vier für Kinder. Der Angestellte sah im Computer nach.
»Es gibt noch Plätze in zwei Maschinen. Die erste startet in drei Stunden und fliegt über Paris. Die zweite geht in siebzehn Stunden und macht eine Zwischenlandung in New York.«
Was für ein Pech! Wir kamen aus Paris und sollten nun dorthin zurückkehren! So viele Kosten und Mühen, nur um wieder an unserem Ausgangspunkt zu landen! Ich war verzweifelt.
Die zweite Möglichkeit kam ohnehin nicht in Betracht, da eine Zwischenlandung in New York seit den Ereignissen des 11. September zu riskant war.
Ich wusste nicht mehr weiter. Doch plötzlich schoss mir ein Gedanke durch den Kopf:
»Muss man bei dem Flug über Paris durch den Zoll, oder steigt man lediglich von einem Flugzeug in ein anderes?«
»Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, man muss nicht durch den Zoll.«
Das beruhigte mich, und so kaufte ich die Tickets. Dann unterrichtete ich Norah, damit sie fertig war, wenn ich mit dem Taxi bei ihr eintraf. Philippo begleitete uns zum Hotel und war uns auch hier behilflich. Wieder einmal hatten wir einen barmherzigen Samariter getroffen.
Bevor wir in die Taxis stiegen, musterte ich meine Kinder. Norah hatte darauf geachtet, dass sie gewaschen und sauber gekleidet waren – bereit für das große Abenteuer! Ich flüsterte ihr zu, dass unser Flugzeug in Paris zwischenlanden würde. Sie konnte es nicht fassen. Was würde geschehen, wenn wir den französischen Zoll passieren mussten, um die Maschine nach Montréal besteigen zu können?
»Dann war die Reise nach Barcelona völlig umsonst, Mama! Wir werden doch durch den französischen Zoll müssen, das spüre ich!«, schluchzte sie leise.
»Sei nicht so pessimistisch! Alles wird gut gehen, du wirst schon sehen. Lass uns jetzt nicht verzweifeln, es nutzt ohnehin nichts. Vor allem sollte Melissa nichts von deinen Sorgen merken! Du weißt doch, wie leicht sie in Panik gerät!«
Melissa, Zacharias und ich saßen im ersten
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