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Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur

Titel: Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samia Shariff
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zu heiraten, einen Freudentanz aufführte? Wohl kaum! Allerdings brauchten sich meine Eltern nun keine Sorgen mehr über meine Zukunft zu machen, denn sie hatten jemanden gefunden, der ihnen die Verantwortung abnahm! Sie mussten nicht länger befürchten, durch einen Fehltritt ihrer Tochter entehrt zu werden. Somit war es ihnen also gelungen, ihren Seelenfrieden sicherzustellen.
    Diese aufwühlenden Gedanken schossen mir durch den Kopf, sodass ich der Begegnung mit meinen Eltern voller Beklommenheit entgegensah. Am Flughafen wartete lediglich der Chauffeur auf mich, denn mein Vater hatte wichtige Geschäftstermine.
    »Guten Tag, Samia. Hast du schöne Ferien in Frankreich verbracht?«
    Ich spielte die Rolle eines »normalen« jungen Mädchens und behauptete, dass es mir in Paris sehr gut gefallen habe.
    Hätte ich ihm doch erzählen können, was dort geschehen war! Wie die meisten Leute nahm auch er an, dass alle jungen Mädchen aus reichen Familien ein beneidenswertes Leben führten, nur weil sie in einem schönen Haus wohnten und alles hatten, was sie sich wünschten. Obwohl er täglich Umgang mit unserer Familie hatte, wusste er nicht, was für ein furchtbarer Albtraum mein Leben war.
    Eine schwierige Kindheit lag hinter mir, und nun sollte ich als Frau weiterleben, ohne jemals all jene Freuden kennengelernt zu haben, die für Jugendliche meines Alters typisch sind.
    Als meine Mutter mich sah, schloss sie mich in die Arme. Man stelle sich vor, wie überrascht ich war! Zum ersten Mal in meinem Leben wurde mir eine solche Gunst zuteil.
    »Bravo, mein Mädchen!«, lobte sie mich herzlich. »An deinem Verhalten erkenne ich, dass du meine Tochter bist. Dein Vater und ich sind stolz auf dich.«
    »Stolz auf mich? Warum, Mama?«, fragte ich und wagte es dieses Mal, ihrem Blick standzuhalten.
    Doch als ihr Ton schärfer wurde, sah ich zu Boden.
    »Schau mich nicht so an, wenn du mit mir sprichst! Also, ich höre! Was hast du mir zu sagen?«
    »Um Gottes willen, zwingt mich nicht, einen Fremden zu heiraten, den ich noch nie im Leben gesehen habe.«
    »Warum hast du ihn denn nicht angesehen?«, hielt meine Mutter mir vor und lachte. »Genau deshalb haben dein Vater und ich dich doch nach Paris geschickt! Und hör auf, von Gott zu sprechen, wenn es um deine Angelegenheiten geht. Wenn du die Bedeutung des Wortes Gott tatsächlich kennen würdest, würdest du zunächst einmal deinen Eltern gehorchen. Genau das ist nämlich der Wille Gottes. Wir haben unsere elterlichen Pflichten nun erfüllt, und unser Gewissen ist rein.Du verdienst diesen Mann überhaupt nicht, du Ärmste! Er ist viel zu schön und zu gut für dich. Wir hätten einen ebenso verdorbenen Menschen aussuchen sollen, wie du es bist.«
    »Ich will nicht heiraten, Mama!«
    Sie gab mir eine Ohrfeige.
    »Ich glaube, der Aufenthalt in Frankreich hat deine Zunge gelöst, denn du wagst es jetzt, deiner Mutter zu widersprechen! Das Leben verläuft nicht wie ein Liebesfilm im Fernsehen! Es ist besser, wenn dein Vater nichts von dem erfährt, was du mir gesagt hast. Weißt du, was dann geschehen würde?«
    Ich blickte sie weiterhin unverwandt an, ohne dass ich mir die Antwort vorzustellen wagte.
    »Dein Vater würde das stumpfeste Messer aus der Küche holen und dir vor meinen Augen die Kehle durchschneiden.«
    Diese Drohung grub sich tief in meinen Körper ein, und noch heute glaube ich den Druck dieser Klinge an meinem Hals zu spüren.
    Meine Mutter wollte die Schmuckstücke in Augenschein nehmen, die ich bekommen hatte. Ich reichte ihr das Päckchen und wollte mich in mein Zimmer zurückziehen.
    »Du solltest etwas mehr Reife an den Tag legen. Schließlich bist du jetzt fünfzehn Jahre alt und wirst bald bei deinem Ehemann leben. Was wird er von uns denken, wenn du dich in deinem Alter noch so benimmst? Du kannst jetzt gehen.«
    Mein Zimmer hatte mir gefehlt. Es diente mir als Zufluchtsort. Nachdem ich meine Kleider ausgepackt und aufgeräumt hatte, sah ich voller Ungeduld aus dem Fenster, doch die Vorhänge meines Nachbarn waren zugezogen. Ich war enttäuscht, konnte aber nichts tun.
    Nach einer Weile erschien Kamel und wollte Neuigkeiten über seine ehemaligen Freunde erfahren. Doch ich wusste ihm nichts von ihnen zu berichten und erzählte stattdessen von meinem leidvollen Aufenthalt in Frankreich.
    »Wer ist dieser Mann, den du heiraten sollst? Hast du ihn kennengelernt?«
    »Überhaupt nicht. Er arbeitet als Geschäftsführer in einem Restaurant von Papa.«
    »Jetzt

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