Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur

Titel: Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samia Shariff
Vom Netzwerk:
ihnen gegenüber wehrlos, und das umso mehr, als mein Ehemann gemeinsame Sache mit ihnen machte.
    Ich würde also mein Liebstes, mein Kind, verlieren – den einzigen Grund, der mich am Leben hielt! Niemals würde es mir vergönnt sein, mit ihm zusammenzuleben, niemalswürde ich es als Mutter heranwachsen und gedeihen sehen. Die Menschen um mich herum verhinderten, dass ich ein Leben wie andere Frauen führen konnte. Ich war eine Frau, der man einen Teil ihres Herzens herausriss! An diesem Abend wurde ich wieder zu Samia und sie zur Mama . Und ich konnte nichts dagegen tun. Es war schrecklich!
    Einen Teil der Nacht verbrachte ich im Wohnzimmer, wo ich die Milch aus meinen Brüsten mit einer manuellen Milchpumpe abpumpte, doch das war alles andere als einfach! Meine Mutter weigerte sich strikt, mir Amir auch nur ein einziges Mal zum Stillen zu überlassen.
    Im Laufe der Nacht erschien mein Mann und befahl mir, ins Schlafzimmer zu kommen, damit er seine Bedürfnisse befriedigen konnte. Ich habe sein Verhalten niemals verstanden! Wie konnte er so unsensibel sein und in diesem Augenblick an seine eigene Befriedigung denken, wo ich um mein Kind weinte?
    Als ich mich weigerte, ohrfeigte er mich und beschimpfte mich als Hure und als Mutter eines Bastards. Am liebsten hätte ich das Fenster geöffnet und mich in die Tiefe gestürzt.
    Heute stelle ich mir oft die Frage, wie ich ein solches Leid ertragen konnte, ohne dabei den Verstand zu verlieren.
    Mein Ehemann kehrte unverrichteter Dinge ins Schlafzimmer zurück und murmelte alle möglichen Beleidigungen in meine Richtung. Plötzlich vernahm ich das Weinen des Kleinen oben und beschloss, zu ihm hinaufzugehen und noch einmal mit meiner Mutter zu verhandeln.
    »Was willst du, Samia? Geh schlafen. Wir haben alles besprochen.«
    »Ich will ihn ein letztes Mal stillen, bevor er von mir geht, denn meine Brüste tun mir furchtbar weh.«
    Meine Worte müssen so resigniert geklungen haben, dass meine Mutter nachgab.
    »Hier, nimm ihn, und nutze diese letzte Nacht. Morgen gehst du zum Arzt und lässt dir etwas gegen deinen Milchfluss geben.«
    Kaum lag Amir in meinen Armen, da beruhigte er sich und suchte nach meiner Brust. Der Kleine schien zu verstehen, was hier vor sich ging. Er legte seine winzigen Finger auf meine Brust, als wollte er bei mir bleiben! Einmal gesättigt, schlief er ein wie ein Engel im Paradies.
    Meine Mutter machte diesem zauberhaften Augenblick ein Ende, indem sie meinen Sohn wieder an sich nahm.
    »Versprich mir, dass du gut auf ihn aufpasst und ihn niemals weinen lässt!«
    »Er wird niemals leiden müssen, und es wird ihm an nichts fehlen, das garantiere ich dir. Ich verspreche dir, dass ich gut für ihn sorgen werde. Er ist ein schöner kleiner Junge, den dein Vater und deine Brüder anbeten werden. Er wird unser kleiner Liebling sein. Ich werde dir regelmäßig Fotos schicken, und so wirst du dich ihm verbunden fühlen. Dein Mann wird nicht mehr wegen des Babygeschreis mit dir schimpfen. Du wirst nicht mehr nachts aufstehen müssen, um ihn zu füttern oder die Windeln zu wechseln! Du siehst, welchen unschätzbaren Vorteil das mit sich bringt! Ich werde an deiner Stelle leiden, und du wirst deinem Mann noch einen kleinen Jungen schenken, wenn du willst!«
    »Ach, Mama! Du weißt sehr gut, dass ein Kind nicht ein anderes ersetzen kann. Ich liebe meinen Sohn, und ihr tut mir sehr weh. Meine ganze Kindheit über fühlte ich mich unglücklich, und jetzt bin ich so weit, dass ich kein neues Leid mehr ertragen kann.«
    »Gott bemisst das Unglück, das er uns schickt, nach der Größe unserer Seele, Samia! Deine Seele ist also sehr groß! Glaub mir, bis zum heutigen Tag hast du erst sehr wenig Unglück erfahren. Und dass ich deinen Sohn mitnehme, ist keine Prüfung, die Gott dir schickt. Es ist vielmehr eine Gnade,denn er empfiehlt mir, deinen Sohn aufzuziehen, um dir größeres Leid zu ersparen.«
    »War es etwa ein geringes Leid, dass ich mit sechzehn Jahren einen gewalttätigen Mann heiraten musste? Abdel peinigt mich vor euren Augen, und niemand rührt einen kleinen Finger, um mir zu helfen. Jetzt nutzt ihr die Gelegenheit, um mir mein einziges Glück zu rauben, das mir nach all diesen Jahren zuteil wurde!«
    »Ich musste deiner Hochzeit mit diesem Mann zustimmen, um selbst zu überleben. Dein Vater wies mich ständig darauf hin, dass du von Tag zu Tag mehr zur Frau würdest. Und er glaubte, du könntest Schande und Unglück über uns bringen, wenn du länger

Weitere Kostenlose Bücher