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Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur

Titel: Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samia Shariff
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ich, dass es sich um Terroristen und nicht um Soldaten handelte. Ich raste davon wie ein Verrückter. Sie haben auf das Auto gefeuert, doch sie haben mich nicht getroffen. Ich habe großes Glück gehabt! Hier ist man wirklich seines Lebens nicht mehr sicher!«
    »Wir brauchen nur nach Frankreich zurückzukehren.«
    »Das würde dir so passen! Dort hättest du wieder deine Freiheit und könntest wie eine Französin leben. Du würdest deine Religion und deine Herkunft vergessen. Das kommt überhaupt nicht infrage! Wir werden unser ganzes Leben lang hierbleiben! Diese Mörder werden schon gefasst werden, und unser wahrer Glaube wird den Terrorismus besiegen. Wir werden in unserem Land in Frieden leben können, so wie es die islamischen Gebote verlangen.«
    Das war mehr als deutlich! Mein Ehemann hatte beschlossen, in Algerien zu bleiben. Nun gut, meine Töchter und ich hatten eine andere Entscheidung gefällt, und ich war zu allem bereit, um unsere Freiheit wiederzuerlangen.
    Beim Schlafengehen fragte Abdel mich noch einmal, ob ich einverstanden sei, ihm mein Haus zu überlassen. Ich erinnerte ihn daran, dass wir die Rückkehr meiner Eltern abwarten müssten. Anschließend unterwarf ich mich seinen Launen, denn ich wollte nicht, dass Spuren von Gewalt den Argwohn des Zöllners weckten. Ich dachte an nichts anderes als an meine Pläne für den nächsten Tag!
    Gleich nachdem mein Ehemann am Morgen aus dem Haus gegangen war, rief ich den Zöllner an.
    »Guten Tag! Erinnern Sie sich an mich?«, fragte ich.
    »Ja, natürlich. Wollen Sie, dass ich Ihnen helfe, das Land zu verlassen?«
    »Aber ja doch. Und zwar um jeden Preis!«
    »Dann kommen wir ins Geschäft. Für zwanzigtausend französische Franc kann ich Ihnen eine gefälschte Genehmigung besorgen, die Ihren Töchtern die Ausreise ermöglicht.«
    »Einverstanden. Wann? Und wo?«
    »Heute, wenn möglich. Sie geben mir das Geld im Café an der Place Audin. Können Sie gegen vierzehn Uhr dort sein?«
    »Das geht. Wann bekomme ich die Genehmigung?«
    »Ich übergebe das Geld dem Kommissar, der das Dokument vorbereitet. In zwei Tagen haben Sie es.«
    »Vielen Dank, Monsieur. Ich werde gegen vierzehn Uhr mit dem Geld im Café sein.«
    Ich unterrichtete meine Töchter und bat sie, mich zu dem Treffen zu begleiten. Es konnte für mich lebensgefährlich sein, mich mit einem Unbekannten in einem Café zu treffen.
    Als die Zeit gekommen war, legte ich – diesmal war ich froh darüber – den Schleier an, und meine Töchter folgten meinem Beispiel. Dann fuhren wir mit einem Taxi zu dem Treffpunkt. Der Zöllner wartete bereits in dem Café und rauchte eine Zigarette.
    »Ich muss wissen, ob die Genehmigung, die Sie mir beschaffen, tatsächlich den Anforderungen entspricht. Können Sie mir garantieren, dass meine Töchter damit das Land verlassen können?«
    »Machen Sie sich keine Sorgen! Ich beschaffe ein solches Dokument nicht zum ersten Mal. Geben Sie mir Namen und Geburtsdaten Ihrer Töchter sowie die Daten Ihres Mannes. Dann wird alles in zwei Tagen fertig sein.«
    Ich lieferte ihm die notwendigen Auskünfte. Am folgenden Montag sollte ich erneut Kontakt mit ihm aufnehmen. Dann wollten wir einen Treffpunkt vereinbaren, an dem er mir das gefälschte Dokument übergeben würde.
    »Ich vertraue Ihnen. Mir bleibt auch gar nichts anderes übrig. Sie sind meine letzte Hoffnung.«
    Ich übergab ihm die Summe von zwanzigtausend französischen Franc. Das war fast das gesamte Geld, das ich mit nach Frankreich hatte nehmen wollen. Trotzdem hielt ich an meinem Plan fest, denn unsere Freiheit war ein unschätzbares Gut. Ich würde meinen ganzen Schmuck verkaufen, um unseren Lebensunterhalt zu sichern.
    Wir fuhren wieder nach Hause – stolz auf unser Vorgehen und froh über die Aussichten, die sich uns nun eröffneten. Aber ich warnte meine Töchter, sich nicht zu früh zu freuen.
    Da nun meine Eltern zurückgekehrt waren, drängte Abdel mich, mit ihnen über die Schenkung des Hauses zu sprechen. Ich musste meine Zusage nun einlösen, um nicht seinen Argwohn oder gar seinen Zorn zu wecken. Meine Eltern erwarteten mich am nächsten Morgen.
    Als ich meinen Schleier anlegte, hatte ich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Das war öfter der Fall, wenn eine Begegnung mit meiner Mutter bevorstand. Immer fand sie Worte, die mich mitten ins Herz trafen.
    »Läuft es in deiner Ehe gut?«, fragte sie maliziös. »Was für schreckliche Dinge willst du uns heute auftischen, um unser Mitleid zu

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