Der Schleier der Angst - Der Schleier der Angst - Voile de la Peur
aufs Spiel setzen. Er verlangt mehr Geld.«
»Was soll das heißen? Mehr Geld! Sie haben mir den Preis doch selbst genannt! Ich kann Ihnen nicht noch mehr bezahlen. Mein Ehemann hat alles Geld mitgenommen, bevor er das Haus verließ.«
»Dann bitten Sie Ihren Vater um Geld. Er ist doch reich!«
»Das kann ich nicht, wir haben Streit. Wenn ich ihn um Hilfe bitte, könnte er Verdacht schöpfen. Wir müssen dieses Land so schnell wie möglich verlassen! Helfen Sie uns, bitte!«
»Ich kann mich nur wiederholen: Der Kommissar will mehr Geld, Madame! Wenn Sie es auftreiben, werden Sie dieses Dokument in zwei Tagen haben!«, versprach er noch einmal.
»Dann geben Sie mir meine zwanzigtausend Franc zurück! Ich werde sie brauchen, wenn es mir gelingen sollte, das Haus zu verlassen.«
»Sie scherzen wohl, Madame! Ich schulde Ihnen nichts. Dieses Geld ist eine Entschädigung für die Ungelegenheiten des Herrn Kommissars.«
»Sie wagen es, von Ungelegenheiten des Herrn Kommissar zu reden, obwohl er noch gar nichts unternommen hat! Ich will mein Geld zurück, sonst …«
»Sonst was? Wollen Sie mir drohen, Madame? Ich könnte Sie verraten! Sollten Sie irgendwelche Schritte gegen mich unternehmen, unterrichte ich Ihren Vater und Ihren Ehemann von Ihrer Absicht, das Land zu verlassen!«
Damit legte er auf. Wie dumm war ich doch gewesen! Wie konnte ich ihm eine solche Summe ohne jede Garantie überlassen! Unmittelbar vor unserer geplanten Abreise hatte ich nun kein Geld mehr. Es würde nicht mehr lange dauern, bis mein Ehemann zurückkam und das Leben wie zuvor weitergehen würde …
Da erhielt ich einen höchst erstaunlichen Anruf.
»Was für eine Schande!«, zeterte mein Vater anstatt einer Begrüßung. »Dein Mann stellt mich vor eine Wahl, die ich nicht akzeptieren kann. Er will das Haus und zehn Millionen algerische Dinar, damit er zurückkommt. Wenn ich mich weigere, nimmt er seine beiden Töchter zu sich, und du selbst wirst wieder unter meinem Dach leben. Ich will ihm die geforderte Summe nicht bezahlen, und ich will auch nicht, dass du in mein Haus zurückkommst – ich stecke also in einer Sackgasse. Sieh zu, dass du eine Lösung findest, wenn du mit deinen Töchtern auch weiterhin zusammenleben willst. Es kommt gar nicht infrage, dass ich ihm Geld gebe! Ihr müsst schon einen anderen Weg finden!«
Mit diesen Worten legte er auf, ohne mir Zeit für eine Antwort zu lassen. Wieder einmal befand ich mich in einem unlösbaren Dilemma. Ich wollte nicht, dass mein Ehemann zurückkam, und ich wollte auf keinen Fall von meinen Töchtern getrennt werden. Wie sollte ich mich aus dieser Zwangslage befreien? Ich hatte kein Geld mehr, um das Land zu verlassen. Meine Töchter saßen gerade in der Schule und nahmen vermutlich an, dass ich die heiß ersehnte Genehmigung bereits in meinen Händen hielt. Aber in Wahrheit war nun alles noch schlimmer, als sie es sich jemals hätten vorstellen können.
Ich war immer noch völlig verstört, als meine Töchter aus der Schule zurückkamen. Norah bemerkte es sofort. Ich berichtete ihnen, was geschehen war.
»Ich werde mich niemals von euch trennen. Eher würde ich sterben!«
»Wir wollen auch mit dir zusammenbleiben. Gib nicht auf, Mama! Es ist dein Leben«, ermutigte mich Norah. »Ich will, dass das alles hier ein Ende hat.«
»Dieses Mal werde ich nicht klein beigeben, Norah!«
Mit meinen Worten konnte ich sie einigermaßen beruhigen und mir selbst den nötigen Mut zusprechen, um alles Kommende anzugehen.
»Ich will mich zu nichts mehr zwingen lassen, ganz gleich, was es ist. Und wenn ich es mit meinem Leben bezahlen müsste, ich will es nicht mehr. Ich will mich scheiden lassen, und ich will euch bei mir behalten. Ich will ein friedliches Leben mit euch führen, ohne ständige Kontrolle und Unterdrückung. Ich werde mich nicht vernichten lassen. Mit meinen über dreißig Jahren bin ich erwachsen genug, um mich niemandem mehr zu unterwerfen.«
»Auf uns wirst du immer zählen können, nicht wahr, Melissa?«
»Ja sicher!«, antwortete Melissa. »Aber ich habe Angst, dass dir etwas zustößt und man uns dann zwingt, zu Papa zurückzukehren.«
»Ich werde sehr vorsichtig sein, mein Liebling! Niemand wird es schaffen, uns zu trennen!«
Dann gingen wir zu Bett. Ich versuchte einzuschlafen, aber ein quälender Gedanke ging mir nicht aus dem Kopf: Sollte mein Vater tatsächlich fähig sein, meine Töchter Abdel zu überlassen?
Am nächsten Abend rief mein Vater mich an. Die
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