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Der Schlittenmacher

Der Schlittenmacher

Titel: Der Schlittenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Norman
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möglich sitzen sollte. »Zuerst hat sie die ganze Zeit nur geweint, denn die Schmerzen waren noch schlimmer, wenn sie aufrecht saß«, erzählte meine Tante. »Aber unsere Tilda hat uns alle beeindruckt, so fleißig und beharrlich, wie sie ihre Übungen machte.«
    Meine Tante kam mit einem Grundig-Majestic-Radio herein, stellte es auf den Küchentisch, zog das Kabel auseinander und steckte es in die Steckdose bei der Spüle. Als sie sich
zu uns umdrehte, sahen Tilda und ich uns immer noch in die Augen. »Du meine Güte, Wyatt«, sagte sie, »hat’s dir die Sprache verschlagen?«
    Ich wachte aus meiner Erstarrung auf. »Oh, hallo, Tante Constance«, sagte ich. »Ich bin grad aus dem Regen in die warme Küche gekommen.« Zweifellos beschrieb ich nur, wie ich mich fühlte, während ich Tilda ansah. Es muss ziemlich verrückt geklungen haben.
    »Interessant, es regnet nämlich gar nicht«, antwortete meine Tante.
    Ich nahm mich zusammen und sagte: »Onkel Donald fühlt sich nicht so gut. Er isst heute nicht mit, aber später hätte er gern einen Tee.«
    »Nun, dann setz dich mal an den Tisch«, forderte mich meine Tante auf. »Wie behandelt dich mein Mann überhaupt da draußen?«
    »Ich lerne eine Menge«, antwortete ich.
    Mir fiel auf, dass Lenore eifrig mitschrieb – sie notierte alles, was sie hörte.
    »Lass dich nicht von ihm antreiben, du bist schließlich keine Nähmaschine«, meinte meine Tante.
    »Nein, kein Problem.«
    Ich setzte mich Lenore gegenüber. Meine Tante stellte Karottensuppe und Brot auf den Tisch und setzte sich dann Tilda gegenüber. Ich aß ziemlich hastig, was meine Tante bemerkte. »Wyatt«, sagte sie, »in diesem Haus ist es immer so: Wenn man das Essen möglichst schnell hinter sich bringen will, dann heißt das, dass es einem nicht schmeckt.«
    Tilda und Lenore wechselten Blicke, und ich sagte: »Nein, nein, die Suppe ist lecker. Ich glaube, ich brauche einfach ein bisschen frische Luft. Ich steh ja die ganze Zeit in der Werkstatt.
Ich glaube, ich mach einen kurzen Spaziergang die Straße rauf und runter.«
    »Heute ist ein schöner Tag für einen Spaziergang«, pflichtete mir meine Tante bei.
    »Die Suppe war lecker«, betonte ich.
    »Das hast du schon gesagt. Beim zweiten Mal klang es nicht mehr so überzeugend, aber trotzdem danke.«
    Ich stand vom Tisch auf und ging zur Haustür. »Du hast keine Schuhe an!«, rief mir Tilda nach.
    »Vielleicht gehen sie in Halifax in den Strümpfen spazieren«, warf Lenore ein.
    »Stolper nicht über deine Beine«, sagte Tilda.
    Tilda wollte offenbar ausdrücken, dass ich mich ziemlich unbeholfen anstellte und nicht einmal imstande war, ein einfaches Tischgespräch zu führen, womit sie nicht ganz unrecht hatte. Allerdings lag es vor allem an Tildas Schönheit, dass ich kein Wort herausbrachte.
    Aus irgendeinem Grund setzte ich mich wieder an den Tisch. »Ist noch genug da für einen Nachschlag?«, fragte ich.
    »Für zwei, drei oder vier Nachschläge«, antwortete meine Tante.
    »Dann hol ich mir noch was, danke«, sagte ich. Ich ging zum Herd und schöpfte etwas Suppe in meine Schüssel. Dann setzte ich mich wieder an meinen Platz und aß extra langsam. Mein Onkel kam herein und sagte: »Ich fürchte, mein armer Magen will, dass ich’s für heute sein lasse. Sag, Wyatt, warum hast du eigentlich die Schuhe ausgezogen. Ich bin drübergestolpert und hätte mir fast das Genick gebrochen.«
    »Willst du ein Magenpulver?«, fragte meine Tante.
    »Vielleicht später«, meinte er. »Ich trink erst mal einen Tee. Und dann werd ich ein Weilchen schlafen, glaub ich.«

    »Du bist ja auch nachts dauernd aufgestanden, um die Nachrichten im Radio zu hören«, sagte meine Tante.
    »Ich muss wissen, was in dem Krieg passiert«, gab mein Onkel zurück. »Auch wenn’s manche lieber nicht hören wollen. «
    Tante Constance schenkte ihm eine Tasse Tee ein. Mein Onkel schaltete das Radio ein und begann am Sendersuchrad zu drehen. »Aus Europa wird noch nichts über den Krieg gesendet, aber wir können uns ja trotzdem mal umhören, nicht?«, sagte er und sprang von einem Sender zum nächsten. »Lenore, wenn ich dich dabei erwische, dass du unser Gespräch mit deiner Kurzschrift notierst, dann musst du eine Eselsmütze aufsetzen und deine Suppe drüben im Wohnzimmer fertig essen. « Für mich klang es so, als würde mein Onkel nur Spaß machen, aber Lenore sah gekränkt drein und legte schnell ihr Heft und den Bleistift beiseite. Mein Onkel fand schließlich eine

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