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Der Schlittenmacher

Der Schlittenmacher

Titel: Der Schlittenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Norman
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Sendung aus Halifax, in der sich Leute melden konnten, die irgendetwas loswerden wollten; egal ob Sofas oder Schweine, Brennholz oder große Enzyklopädien, Angelruten oder Puppen, Heu oder Heuwagen – eine Stunde lang wurde das alles und noch viel mehr angeboten. Die Sendung hieß Schnäppchenmarkt und wurde von einem gewissen Arthur Bunting moderiert. »Ich finde es einfach unehrlich von Arthur Bunting«, meinte mein Onkel, »dass er über alle Dinge – egal, was es ist – so redet, als wäre es etwas Sensationelles. Ich meine, wie kann man ein Hundehalsband mit einem Stromgenerator vergleichen? Der würde in seiner Sendung sogar Fusseln aus einer Hosentasche verscherbeln, wenn jemand anruft und sagt, dass er die Fusseln nicht mehr braucht und fünfzig Cent dafür haben will.«
    »Gib’s zu, Donald«, erwiderte meine Tante, »du bist immer
noch sauer auf Arthur Bunting, obwohl es schon zwei Jahre her ist, dass er dich beleidigt hat.«
    Dann wandte sich meine Tante direkt an mich, wahrscheinlich weil alle anderen die Geschichte kannten. »Vor ungefähr zwei Jahren, als wir wieder mal Schnäppchenmarkt hörten, da rief dort Graham Hejinian an – in der Kirche saß ich in derselben Bank wie seine Familie, bis sie nach Advocate Harbor übersiedelten. Mr. Hejinian bot einen Schlitten von Donald zum Verkauf an, und das sehr billig. Kristin, die Tochter der Hejinians, war schon verheiratet und lebte in Kentville. Charles, der Sohn, war in der RCN – und in der Royal Canadian Navy ist es bestimmt nicht erlaubt, einen Schlitten auf ein Schiff mitzunehmen, nicht wahr? Also war es ziemlich einleuchtend, dass sie den Schlitten nicht mehr brauchten. Aber hätte ihn Graham nicht einfach auf den Dachboden oder in den Keller stellen können? Vielleicht gibt’s mal Enkelkinder, die sich drüber freuen würden.«
    »Dann scheint mir doch Graham Hejinian der Schuldige zu sein«, warf Lenore ein, »und nicht Arthur Bunting.«
    »Na ja, für Donald sind diese beiden so was wie Komplizen, weißt du«, erklärte meine Tante.
    Mein Onkel stellte den Sender genau richtig ein, sodass es nicht mehr rauschte. Als Erstes rief eine Frau an, die ein Zweiersofa, einen Loveseat, anbot. Sie sagte, es sei nur einen Monat alt. Sie verlangte zehn Dollar dafür.
    »Moment«, meinte mein Onkel, während er seinen Tee schlürfte. »Heute haben wir den 23. September – das heißt, die Frau hat irgendwann nach dem 23. August festgestellt, dass sie keinen Loveseat mehr braucht. Das mit der Liebe hat sich anscheinend schnell erledigt.«
    »Die Leute haben eben manchmal unerwartet Schulden«,
warf meine Tante ein. Sie räumte das Geschirr ab, nur die Teetassen ließ sie stehen. »Vielleicht braucht die Anruferin dringend Geld.«
    »Ich hätte mir die Telefonnummer der Frau aufschreiben sollen«, meinte Lenore. »Ich hätte nämlich Interesse an diesem Loveseat. Auch wenn ich allein lebe.«
    »Was ist mit Denholme Mont?«, fragte meine Tante, während sie das Geschirr abspülte.
    »Der Postangestellte aus Truro?«, fragte Lenore.
    »Genau der«, sagte meine Tante und stellte die Teller auf den hölzernen Geschirrständer.
    »Was soll mit ihm sein?«
    »Nun, ich dachte, wir haben gerade über Zweiersofas und das Alleinleben gesprochen«, beharrte meine Tante.
    »Wenn du’s unbedingt wissen willst«, antwortete Lenore, »seit April leben Denholme Mont und ich zusammen, aber nur an manchen Abenden für ein paar Stunden.«
    »Wenn du ein Zweiersofa hättest«, warf mein Onkel ein, »vielleicht würde er dann bald vierundzwanzig Stunden bleiben. Zumindest am Wochenende und an Feiertagen – schließlich arbeitet er ja bei der Post.«
    »Ich habe wenig Interesse zu lernen, wie man Frühstück für zwei macht«, bemerkte Lenore.
    »Ach komm, Lenore«, meinte meine Tante. »Da nimmt man einfach doppelt so viel von allem – Eier, Toast und was es sonst noch gibt.«
    »Wenn’s wirklich nur das wäre«, sagte Lenore.
    Damit war das Thema erledigt. Mein Onkel ging hinüber ins Schlafzimmer, und ich zurück in die Werkstatt. Aber als ich die Schuhe anzog, hörte ich Lenore sagen: »Ladys, in meinem Heft hier habe ich ein Gespräch. Einige Hundert Wörter,
die Denholme Mont und ich gesprochen haben. Letzten Samstag.«
    »Hast du tatsächlich jedes Wort notiert?«, fragte Tante Constance.
    »Denholme ist gleich danach eingeschlafen«, antwortete Lenore. »Da nahm ich schnell den Bleistift zur Hand. Ich glaube, ich habe wirklich das meiste

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