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Der Schlittenmacher

Der Schlittenmacher

Titel: Der Schlittenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Norman
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zu können. Sie einigte sich mit Hans schnell auf die Miete. Es ärgerte mich, dass Hans Mohring gleich für eine Woche im Voraus bezahlte. »Sie sind mein erster deutscher Gast«, sagte Cornelia. »Ich hatte schon – lasst mich nachdenken – eine vierköpfige holländische Familie. Dann war da ein Schwede und seine Frau, denen Donalds Schlitten sehr gefallen haben. Der Schwede hat gesagt, er könne nicht einschlafen ohne einen richtig starken Kaffee. Ich hab eine Weile gebraucht, um draufzukommen, dass das ein Scherz war – glaub ich jedenfalls. Und dann waren noch einige Französisch sprechende Leute aus Quebec da. Also, die Zimmer über meiner Bäckerei sind gewissermaßen die reinste Touristenfalle, was? Doch eins muss ich gleich sagen, Hans, wenn Sie bei mir europäische Küche oder so erwarten – da muss ich Sie enttäuschen. Dafür ist mein Gebäck berühmt. Ich kann Ihnen kein Mittagessen servieren, aber ein Sandwich mach ich Ihnen gern – mit Fleisch und Käse, wenn Sie möchten. Tomatenscheiben inklusive.«
    »Das wäre mir eine Ehre«, sagte Hans.
    »Eine Ehre? Meine Sandwiches sind keine Kriegsorden, Hans«, erwiderte Cornelia. »Es sind bloß Sandwiches.«

    »Hans studiert Philologie«, warf Tilda ein. »Er geht sehr sorgfältig mit den Worten um. Wenn er Ehre sagt, dann meint er Ehre, schätze ich.«
    »Ich hab wohl gerade an den Krieg gedacht«, rechtfertigte sich Cornelia. »Kein Wunder, wo doch diese deutschen Wolfsrudel unsere Küste zu einem Schießstand machen. Stimmt’s nicht, Hans?«
    »Ich könnte es verstehen, wenn Sie nicht wollen, dass ich über Ihrer Bäckerei wohne«, sagte Hans.
    »Oh, ich weiß schon, dass Sie nur ein Student sind, Hans«, versicherte Cornelia. »Sie werden wohl kaum in Funkkontakt mit den deutschen U-Booten stehen.«
    »Also, falls Ihre Behörden nichts dagegen haben«, sagte Hans, »dann würde ich gern kanadischer Staatsbürger werden. Meine Eltern übrigens auch. Und meine Schwester. Sie leben in Dänemark.«
    »Sie sind ja offensichtlich kein deutscher Matrose oder Soldat, nicht wahr, Hans, und ich frage mich, wie Sie sich da rausgemogelt haben und der Einberufung entgangen sind. Kommen Sie aus einer einflussreichen Familie?«
    »Einflussreich sicher nicht«, antwortete Hans. »Meine Eltern sind nicht reich.«
    »Da liegen kanadische Staatsbürger tot am Meeresgrund, hier vor unserer Küste, aber Sie können trotzdem gern so lange hierbleiben wie Sie möchten, Hans Mohring. Ich muss Ihnen allerdings gestehen, dass ich vielleicht jedes Mal, wenn ich Sie ansehe, an den Meeresgrund denke. Das hat aber nichts mit Ihnen persönlich zu tun, wissen Sie.«
    »Ich bin nicht in der Armee, weil wir aus Deutschland weggegangen sind«, erklärte Hans.
    »Genug vom Krieg«, meinte Cornelia. »Die Wohnung oben
ist hübsch und sauber, Hans. Ich habe gestern erst das Bett frisch bezogen. Mein Privatzimmer liegt direkt unter der Wohnung, Hans, also wenn Sie irgendwelche Fragen haben, klopfen Sie ruhig an, und wenn ich nicht gerade im Nachthemd bin, komme ich gern raus und sag Ihnen, was Sie wissen müssen.«
    »Wie lautet die Hausordnung?«, fragte Hans.
    »Da gibt’s nicht viel«, antwortete Cornelia. »Sie haben die Miete bezahlt, das ist die einzige Hausordnung, die ich habe. Ach, es tut mir leid, dieser Krieg macht mich ganz verrückt. Wenn ich zum Beispiel im Radio irgendwelche Nachrichten über den Krieg höre, dann kann ich gar nicht mehr backen.«
    »Ich komme nachher vorbei und esse einen Liebesknochen mit Hans«, sagte Tilda.
    »Soll ich die Anstandsdame spielen?«, bot Cornelia an.
    »Wyatt hat gesagt, er begleitet mich«, antwortete Tilda.
    »Wenn ich nicht hinter der Theke bin, kommt einfach rein«, erklärte Cornelia.
    »Okay«, sagte Tilda. »Dann sehen wir uns in zwei Stunden, Hans.«
    Hans schüttelte mir, Tilda und Cornelia Tell die Hand, in dieser Reihenfolge. »Wie gelange ich zu meinen Zimmern?«, fragte er.
    »Gleich nach der Tür rechts, da kommen Sie zu einer anderen Tür«, erklärte Cornelia. »Die Klinke ist schwarz. Sie können es nicht verfehlen.«
    Hans nahm seinen Rucksack und die Tasche und ging hinaus.
    »Du stehst nicht zufällig noch unter Hypnose, Tilda?«, fragte Cornelia. »Ich habe gehört, dass manche Leute gar nicht mehr aufwachen, auch wenn es so aussieht.«
    »Nein, Cornelia«, antwortete Tilda. »Als ich Hans Mohring
vorschlug, in Middle Economy zu bleiben, hab ich genau gewusst, was ich tu, falls du das meinst.«
    »Ich hab ihn

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