Der Schlittenmacher
richten so viel Schaden an. Sie machen die weite Fahrt über den Atlantik, nur um auch gegen Kanada Krieg zu führen. Und in Donalds Kopf haben sie auch schon einiges angerichtet, nicht wahr? Wer soll denn diesen U-Booten klarmachen, dass sie besser nie hergekommen wären, wenn nicht unsere Navy?«
»Vielleicht werde ich ja sowieso eingezogen«, sagte ich. »Dann nehmen sie mir die Entscheidung ab.«
»Es ist besser, so etwas selbst zu entscheiden«, meinte sie.
Sie legte den Pullover in den Koffer.
An diesem Tag ging ich nicht mehr in die Werkstatt. Der Vormittag verstrich, und ich saß die meiste Zeit einfach nur da und sah Constance beim Packen zu. Wir redeten über dies und das. Sie legte auch noch ein Heft des National Geographic und einen Reader’s-Digest-Band in den Koffer. Aus irgendeinem Grund erinnere ich mich noch, wie Tante Constance geistesabwesend mit der Hand die Tasche aus Seide sanft berührte, die über die ganze Seite des Koffers verlief, in der die Kleiderbügel untergebracht waren. Eine Seidentasche »sinnvollerweise extra angebracht für die Unterwäsche«, wie sie es ausdrückte. Es wunderte mich ein wenig, dass meine Tante diese Seitentasche so hervorhob, als wäre sie ganz besonders wichtig.
Gegen elf Uhr sagte Constance schließlich: »Wahrscheinlich
gibt es keinen idealen Moment, um das zu erwähnen, Wyatt, mein Lieber, aber da ich morgen wegfahre, muss ich noch etwas loswerden. Tilda und Hans Mohring haben einen Hochzeitstermin festgesetzt.«
»Der zehnte Oktober.«
»Du meine Güte.«
»Ich habe Tilda heute früh in der Bäckerei getroffen. Sie hat’s mir gesagt.«
»Meine Mutter meinte immer, wenn man nicht in der Kirche im Ort oder im Kreis der Familie heiratet, dann ist es so, als würde man’s heimlich tun.«
»Du hast ihnen deinen Segen gegeben, hat Tilda gesagt.«
»Aber ich habe sie gebeten, dass sie noch warten. Weil ich meinen Besuch bei Zoe Fielding nicht verschieben kann. Es ist die Taufe ihrer Enkeltochter. Das lässt sich nun mal nicht ändern. Es bricht mir das Herz, wirklich. Ich verpasse die Hochzeit meiner eigenen Tochter. Doch die Karten für die Fähre sind schon bezahlt. Man muss auch ein Zimmer reservieren, weil es jetzt immer so voll ist, auch mit Soldaten. In diesen Tagen kriegt man nur sehr schwer einen Platz auf einer Fähre.«
»Das mit der Hochzeit ist so plötzlich gekommen, Tante Constance. Du kannst nichts dafür.«
»Ja, aber ich habe Tilda und Hans gefragt, bitte, könnt ihr es nicht ein wenig verschieben – aber nein. Alle haben es so eilig in letzter Zeit. Wo wollen sie denn leben?, frag ich mich. Wenn Hans Mohring auch nur andeutet, dass er mit Tilda aus Neuschottland weggehen will, dann mach ich den Mund auf, das versprech ich dir. Dann sag ich ihnen meine Meinung.«
»Ich würde gern mit dir nach Halifax fahren«, sagte ich.
»Das musst du nicht, trotzdem danke«, antwortete meine
Tante. »Und nachdem ich den Koffer so gut gepackt habe, werde ich wahrscheinlich schlafen wie ein Baby.«
»Nein, ich habe meine eigenen Gründe«, erwiderte ich. »Ich melde mich im Rekrutierungsbüro der RCN.«
»Hat meine kleine Ansprache etwas bewirkt?«
»Wie gesagt, ich habe selbst schon länger darüber nachgedacht. Ich bin gesund und alt genug für das Militär. Wenn man’s recht bedenkt – welche Ausrede hätte ich denn, mich nicht zu melden?«
»Im Bus – wenn ich eingeschlafen bin. Dann kannst du dir einen leeren Platz suchen und noch mal in Ruhe über alles nachdenken«, meinte sie. »Eine Busfahrt ist gut zum Nachdenken. «
»Im Baptist Spa finde ich immer ein freies Zimmer – drum mache ich mir keine Sorgen, wo ich die Nacht verbringen könnte. Zur Hochzeit bin ich leicht wieder zurück. Ich vertrete die Familie. Tilda hat mich gebeten, sie zum Traualtar zu führen.«
»Wirklich?« Meine Tante sah mich bestürzt an. »Das hat sie getan?«
»Ja, es war ihr sehr wichtig.«
»Donald wird wahrscheinlich nicht hingehen können. Daher verstehe ich sie«, sagte sie schließlich. »Heute Abend schaue ich noch bei ihr vorbei und sage ihr, dass ich’s verstehe.«
»Das wird sie sicher freuen, Tante Constance.«
»Natürlich hätte ich ohnehin noch mal vorbeigeschaut, bevor ich fahre.«
Sie legte einen Regenschirm auf ihren zusammengelegten Regenmantel.
»So«, sagte sie, »geschafft.«
»Das ist ein Kunstwerk, dein gepackter Koffer«, bemerkte ich.
»Ich habe ein bisschen Platz freigelassen«, erklärte sie mir.
»Man sollte immer
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