Der Schlittenmacher
Betty Grable, Berüchtigt mit Ingrid Bergman und Cary Grant, No Leave, No Love mit Van Johnson. Und glaub mir, Marlais, Cornelia Tell hat mir ihre Meinungen über Filme seitenweise mitgeteilt, von A bis Z.
Cornelia entschuldigte sich nie dafür, dass sie mich nicht anrief, wenn sie in Halifax war, und ich dachte mir, nun, wenn sie so weit ist, wird sie sich schon melden. Und am Abend des 8. Januar 1953 rief sie mich in meinem Zimmer in dem Hotel an, in dem ich gerade wohnte – es war das Glendale in der Hollis Street. »Ich hab mir gedacht, wie wär’s vielleicht morgen«, sagte sie. »Morgen ist Freitag, da könnte ich zum Wochenendpreis hinein.« Und so holte ich sie am Busbahnhof in Halifax ab. Ich trug ihren kleinen Koffer zum Dresden Arms Hotel in der Dresden Street, wo ich ein Zimmer für sie reserviert hatte. Wir aßen zusammen in Halloran’s Restaurant in der Sackville Street, und sie erzählte mir, was es in Middle Economy Neues gab. Aus irgendeinem Grund, Marlais, erwähnte sie dich und Tilda nicht beim Essen. Es war wie eine stillschweigende Übereinkunft, dass gewisse Themen erst später am Abend angesprochen werden sollten, wenn wir beim Tee in ihrem Hotel saßen. Als wir fast fertig gegessen hatten, griff sie in ihre Handtasche und zog ein Blatt Papier heraus, auf dem sie die Filme notiert hatte, die gerade in der Stadt gezeigt wurden. »Also, ich wäre für Der 49. Breitengrad , ein Kriegsfilm«, meinte sie. »Er lief schon 1941 in den USA, aber aus irgendeinem Grund ist er erst jetzt nach Nova Scotia gelangt. In den Filmen bleibt der Krieg lebendig, was?«
»Ich habe nie davon gehört«, sagte ich.
»Ich muss dich aber warnen – es kommt ein deutsches U-Boot drin vor.«
»Ich habe viele Kriegsfilme gesehen, Cornelia.«
»Ich will nur nicht, dass er dich dann so anwidert, dass du am liebsten mittendrin gehen möchtest. Ich geh oft allein ins Kino. Aber ich möchte nicht nicht allein hingehen und dann plötzlich doch allein dasitzen, weißt du?«
»Das mache ich sicher nicht.«
Der 49. Breitengrad lief im Casino Theatre, sieben Blocks von Halloran’s Restaurant entfernt, und wurde an sieben Tagen die Woche zu verschiedenen Zeiten gezeigt, es gab sogar eine Mitternachtsvorstellung. Wir kamen ein paar Minuten vor der 19:15-Uhr-Vorstellung hin, und als ich die Karten kaufte, sagte Cornelia: »Danke, Wyatt. Ich würd jetzt mit den Augen klimpern, wenn ich dreißig Jahre jünger wäre.« Wir kauften uns jeder eine Tüte gebuttertes Popcorn, und Cornelia auch noch eine Schachtel Pralinen. Der Platzanweiser führte uns hinein, bis Cornelia sagte: »Ich setze mich hierhin, an den Gang.« Ich setzte mich neben sie. Der Kinosaal war ziemlich voll.
Wir sahen zuerst einmal die Wochenschau, danach zwei Looney-Tunes-Zeichentrickfilme; in einem davon – es war ein Bugs Bunny and Elmer Fudd mit dem Titel »Oper gefällig?« – singt Elmer in wagnerianischem Ton: »Kill the wabbit! Kill the wabbit!«
Dann fing der Film an. Also, es war sicher kein großer Film, obwohl ein paar witzige Bemerkungen vorkamen, und es gab wirklich komische Szenen – zum Beispiel wie die Mannschaft des deutschen U-Bootes U 37 britisches Englisch spricht. Wahrscheinlich hatten sie keine richtigen deutschen Schauspieler für diese Rollen, und warum sollte man dem Teufel auch noch gutes Geld geben? Sie hätten wenigstens verlangen können, dass die Schauspieler sich bemühten, deutsch zu klingen. Vielleicht aber hatte man gedacht, dass sogar ein falscher deutscher Akzent zu schwer zu ertragen wäre, damals im Jahr 1941, wer weiß?
Es geht im Großen und Ganzen darum, dass U 37 an der kanadischen Küste sein Unwesen treibt und dabei so weit von seinem Kurs abkommt, dass es in der Hudson Bay landet, von
Eisbergen umringt. Dort wird es entdeckt, von kanadischen Flugzeugen bombardiert und schließlich versenkt. Ein paar Männer sterben dabei, aber der Kommandant und einige andere können entfliehen und verstecken sich in abgelegenen Dörfern, und von da an kommt es zu allen möglichen Abenteuern. Am Ende siegt das Gute über das Böse.
Wie ich schon sagte, mich hat der Film nicht gerade vom Sitz gerissen. Die ersten zehn Minuten oder so sind mir aber sehr lebhaft in Erinnerung geblieben. Da torpediert U 37 ein Passagierschiff auf dem Sankt-Lorenz-Strom. Sie nehmen ein paar Überlebende an Bord, der Nazi-Kommandant verhört einige, dann werden die Überlebenden in Rettungsbooten freigelassen. U 37 verschwindet in der Tiefe, und
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