Der Schlittenmacher
du mir Mr. und Mrs. Leaf geschickt hast.«
»Dann hat es geklappt?«
»Ja, sie sind schon drüben im Haus und packen ihre Sachen aus.«
»Aber es gehört immer noch Tilda, nicht wahr?«
»Ja, sie ist die Eigentümerin.«
»Nun, sie wird wohl nicht so bald wieder hierherkommen, wenn überhaupt. Andererseits – wer kann das schon vorhersagen? Es gibt da so ein jüdisches Sprichwort, das hat mir immer schon sehr gefallen. ›Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, dann erzähle ihm von deinen Plänen.‹ Reverend Witt hat es einmal von den Juden ausgeliehen und es in einer Predigt verwendet, das war zu der Zeit, als ich noch hinging.«
»Mein einziger Plan, ob Gott jetzt drüber lacht oder nicht, ist, nach Halifax zu gehen und mir einen Job zu suchen.«
»Weißt du schon, wann du genau fährst?«
»Die Leafs möchten in drei Tagen hier schlafen. Ich habe ihnen mein Auto verkauft. Tildas Pick-up bleibt aber hinter der Werkstatt stehen – darauf hab ich bestanden.«
»Komm jeden Morgen zum Frühstück vorbei, bis du fährst, okay?«
»Danke, Cornelia. Ich nehme deine Einladung gerne an.«
Und so, Marlais, packte ich alles ein, was dir und Tilda gehörte – Quilts, Puppen, Buntstifte, Kleider –, und räumte es auf den Dachboden. Außer dem Highland Book of Platitudes , das ich eigentlich in die Bibliothek zurückbringen wollte, aber dann doch als persönliches Andenken behielt. Am Morgen des 1. Dezember bat ich Mr. Leaf, mir zu helfen, den Schlitten in
seiner Kiste auf den Pick-up zu laden, mich zur Bushaltestelle in Great Village zu begleiten und dann mit dem Wagen zurückzufahren und ihn hinter der Werkstatt abzustellen. Er war freundlicherweise dazu bereit. Der Bus kam pünktlich.
In Halifax zahlte ich für den Transport des Schlittens an Bord der T.S.S. Athenia , die nach Griechenland und Frankreich fahren würde. Von dort würde er mit dem Zug nach Schweden geschickt werden, dann weiter zu seinem Empfänger in Kopenhagen, Dänemark. Ich fürchtete, dass die Kormikers nicht mehr an der Adresse wohnten, die auf ihren Briefen stand, aber das Risiko ging ich ein. Und ich war erleichtert, als ich zwei Monate später einen Brief bekam, in dem die Ankunft des Schlittens bestätigt wurde. Meine Adresse, die ich dem Schlitten beigefügt hatte, lautete: Wyatt Hillyer – c/o Evangeline Hotel, 227 Brunswick Street, Halifax, Nova Scotia, KANADA.
DAS FOTO IN RIGOLO’s PUB
Ich mache hier eine kleine Anmerkung, Marlais – dass ich nicht vergessen darf, dir von einem Foto in Rigolo’s Pub zu erzählen.
Ich lebte von dem Geld, das ich als Schlittenmacher verdient hatte und das Cornelia in dem Safe in ihrer Bäckerei aufbewahrte, und von der Miete für mein Haus in der Robie Street, während ich den ganzen Winter 1948/49 über Arbeit suchte. In dieser Zeit wechselte ich zweimal das Zimmer im Evangeline Hotel, nahm jedes Mal ein etwas billigeres Zimmer. Es war recht ruhig im Evangeline, der Manager, die Rezeptionisten und Pagen waren freundlich und ließen mich weitgehend in Ruhe, aber die Reinemachefrauen – harte Arbeit übrigens –, Mrs. Tompkins und Mrs. Delft, schienen im Hotel das Sagen zu haben. Zum Beispiel hatten sie keinen bestimmten Plan, nach dem sie vorgingen, und als ich ihnen ziemlich direkt sagte, dass ich nicht gern die ganze Zeit in der Lobby saß und darauf wartete, dass sie sich irgendwann um mein Zimmer kümmerten, machte ich mich damit bei ihnen nicht besonders beliebt.
Ich bewarb mich um alle möglichen Arbeiten und wurde schließlich, Ende Juni 1949, als »Müllfischer« im Hafen von Halifax angestellt. Ich gehörte zu einem Team, das aus zwei Frauen – Evie Michaels und Hermione Rexroth – und drei Männern außer mir bestand: Tom Blackwell, Sam Kitchen und Sebastian
Firth. Wir machten am Queen’s Wharf und Smith Wharf sauber, an den Stränden auf der Halifax- und der Dartmouth-Seite und an der ganzen Küste bis hinaus nach Pennant Point. Unsere Hauptaufgabe war es, mit dem Motorboot oder Schlepper hinauszufahren und Treibgut einzusammeln, um den Weg freizuräumen für Fähren, Trawler und die riesigen Frachter. Marlais, du kannst dir gar nicht vorstellen, was da alles im Hafen landet – und ich meine wirklich alles, von Bilderrahmen über Lampenschirme bis zu Schuhen. Einmal fanden wir eine Kiste voll mit Besen, einmal eine Ladung exotischer Topfpflanzen.
Wir mussten alles auflisten, was wir herausfischten. Aber als Evie Michaels und ich einmal eine fast vollständige
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