Der Schlitzer
brach nasses und rutschiges Geäst entzwei. Er schaute nach vorn und entdeckte einen breiten schimmernden Strich, der vor dem unbebauten Grundstück wie ein Querbalken lag.
»Die Straße«, murmelte Bill und blieb an deren Rand stehen. »Das ist günstig.«
Sheila räusperte sich. »Wir sind zu weit gelaufen und müssen nach rechts.«
»Ja, du hast recht.«
Auf der nassen Straße gingen sie weiter. Keine Laterne leuchtete ihnen. Eine dunkle Spur schien direkt ins Nichts zu führen oder zu einem einsamen Licht, das sie lockte und sie schon sehr bald als Außenleuchte identifizierten. Beide blieben stehen, als sie den nassen Rover des Geisterjägers entdeckten.
»Er ist also da«, sagte Bill, wobei Zufriedenheit in seiner Stimme mitschwang.
»Bist du jetzt beruhigt?«
Der Reporter verkniff sich eine Antwort, was Sheila nicht paßte, denn sie wiederholte die Frage. »Nein, ich bin nicht beruhigt.«
»Das hätte mich auch gewundert.«
»Wieso?«
Sheila schob ihre Hand unter seinen Arm. »Bill, ich kenne dich ziemlich lange, und ich weiß auch, daß dir dieses Haus nicht gefällt. Habe ich recht?«
»Hast du. Es gefiel mir schon nicht bei Sonnenschein, und in der Dunkelheit gefällt es mir erst recht nicht.«
»Was stört dich?«
Bill hob die Schultern. »Soll ich dir sagen, daß es die Ausstrahlung der Mauern ist?«
»Nein, ist mir zu hoch.«
»Mir auch, aber ich kann es dir anders nicht erklären.« Er schüttelte sich, holte Luft, schaute sich um und hörte die Frage seiner Frau. Sheila wollte wissen, ob sie den Rückweg antreten sollten.
»Nein, auf keinen Fall!«
»Dann willst du hier warten, bis John wieder das Haus verläßt?«
Bill schüttelte den Kopf. »Nein, das würde mir nicht bekommen. Auf keinen Fall. Ich habe eher das Gefühl, nachschauen zu müssen, wie es unserem Freund geht.«
Sheila hatte zwar mit einer ähnlichen Antwort gerechnet, mußte sich zunächst aber räuspern, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen. »Du willst tatsächlich bei Freeman klingeln?«
»Ja.«
»Und dann?«
»Werde ich versuchen, meine Kreativität einzusetzen.« Er lächelte kalt.
»Ich werde ihm erzählen, daß ich mich mit John verabredet habe. Mal sehen, wie er reagiert.«
»Denk daran, wer er ist.«
»Keine Sorge, Sheila, das habe ich nicht vergessen.« Er nickte entschlossen, bevor er auf den Eingang des Hauses zuschritt, wie ein finsterer Schatten, der sich auf das Licht zubewegte, um zunächst mal eine neue Welt kennenzulernen.
Sheila blieb zurück. Erst als ihr Mann im Licht stand und schellte, setzte auch sie sich in Bewegung.
Warum klopfte mein Herz plötzlich so schnell? fragte sie sich. Was ist mit mir los?
Sie wußte die Antwort.
Sheila hatte Angst!
***
Ich spürte die Schmerzen in meinen Beinen, besonders in den Füßen. Was sollte ich tun? Ich konnte mich ja nicht einmal bewegen. Schreien war auch nicht drin.
In meinem Kopf zuckte es auf. Links und rechts waren die Stiche zu spüren, der Nacken war steif, er schmerzte, und meine Zunge lag wie ein alter Lappen im Mund. Auf den Lippen spürte ich einen ungewöhnlichen Druck. Als ich die Zunge vorstreckte, um sie zwisehen die Lippen zu drücken, da passierte gar nichts. Mein Mund war und blieb verschlossen, was nur bedeuten konnte, daß man mir einen Knebel verpaßt hatte. Das Wissen darum machte mich zwar nicht viel munterer, doch es jagte mir den ersten Adrenalinstoß durch den Körper und brachte zudem meine Erinnerung wieder auf Vordermann. Jemand hatte mich niedergeschlagen, und dieser Jemand war eine Frau gewesen — Lucy Freeman!
Ihr Name hämmerte durch meinen Kopf wie meine Hacken auf den harten Metallstufen. Ich fluchte still in mich hinein, konnte dann den Druck unter meinen Achselhöhlen spüren und wußte, daß er von zwei Händen stammte, die mich hielten.
Man schleppte mich weg, und da es eine Treppe hinabging, würde ich wohl in einem Keller landen.
Auch das noch…
Bei dem Wort Keller klickte es wieder in meinem Hirn. Ich erinnerte mich daran, daß Bill bei unserem Gespräch von einem Keller gesprochen hatte, den Freeman sich hatte anlegen wollen. Auch die letzte Stufe überwanden meine Hacken, ich wurde noch ein Stück weitergeschleift und kam dann zur Ruhe.
Die Person hinter mir ließ mich los. Ich hatte Angst davor, zu hart mit dem Hinterkopf aufzuschlagen, doch die Frau zeigte sich gnädig, sie stützte meinen Kopf ab.
Ich hörte ihre Schritte, verfolgte auch den Lauf, und als die Geräusche verstummten, öffnete
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