Der Schluessel von Jirunga
Der A b stieg führt übrigens über die andere Seite, weil die Stufen so schmal sind, dass kein Gegenverkehr möglich ist. Wir können also nicht denselben Weg zurück gehen, den wir hoch gelaufen sind. Der Abstieg führt uns zum Brunnen M o ses. Dort können wir unsere Wasserreserven auffüllen, ich weiß a l lerdings nicht genau, wie weit es bis dahin ist. Also sei sparsam mit deinem Wasser. Außerdem finden wir beim Abstieg noch eine kleine Kapelle und zwei Tore. Das Tor von St. Stephan und das Tor des Gesetzes. Nach dem Zweiten sollten wir bald wieder unten sein und kö n nen im Katharinenkloster unsere Vorräte auffüllen. So sieht es aus. Das ist alles. Meinst du, wir schaffen das?“
„Klingt wirklich anstrengend“, erwiderte Gerad leise.
„Ich gehe davon aus, dass es auch anstrengend wird!“
„Denkst du, wir finden dort oben das 13. Tor?“
„Falls ich richtig liege, dann ersparen wir uns den Abstieg und la n den direkt in Jirunga, zumindest hoffe ich es“ , erklärte Lil.
„Wir sollten keine Zeit verlieren, denn wenn ich weiter hier h e rumstehen muss, schwitze ich mich zu Tode, bevor wir die erste Stufe e r klimmen.“
Die Andeutung war deutlich. Lil tat den Schritt und erklomm die erste Stufe.
„Los geht’s!“ , rief er und stufte vorwärts. Energiegeladen b e zwangen sie schwi t zend die vor ihnen liegenden Stufen. Eine halbe Stunde und literweise Schwei ß tropfen später legten sie die erste Rast ein. Eine Nische in einem Felsvorsprung (die Erste, die sie seit der ersten Stufe fanden) spendete genügend Schatten, der sie anregte , hier eine Pause einzulegen. Sie mussten bereits e u phorische 900 Stufen geschafft haben, als sie diese Rast einle g ten und waren völlig erschöpft. Sie rasteten gute zehn Minuten, tra n ken etwas und kauten jirunganisches Dörrfleisch, dann marschie r ten sie weiter. Einige Stufen später gelangten sie an ein riesiges V o gelnest und bevor sie an ihm vorüber waren, hörten sie ein lautes Flügelflattern, das sie au f horchen lies. Sie blickten sich um. Ein mächtiger Geier schwenkte weit über seinem Nest und beobachtete sie. Es war schwer zu verkennen, dass ihm die Bes u cher missfielen, obwohl das flach liegende Nest leer war, de n noch fühlten sie sich bedroht und erhöhten ihr Tempo um den Hort schnellstens zu verlassen.
„Unfassbar. Ich hatte keine Ahnung, dass es hier Geier gibt. Wie können solche Vögel in dieser Dürre überleben?“ , bemerkte Lil.
„Woher soll ich das wissen? Es ist deine Welt. Sind diese Vögel denn gefährlich?“
„Sie sind Aasfresser. Ich frage mich, wovon dieser hier leben will.“
„Aasfresser? Du meinst, sie fressen Leichen?“
„Totes Fleisch, Ja.“
Noch einmal erhöhte Gerad das Tempo und nahm gleich zwei Stufen auf einmal.
Der Sicherheitsabstand den der gewaltige Vogel einhielt ermö g lichte ihnen ein schnelles E ntfernen und sie kamen u n geschoren davon. Z wei Rastplätze später trafen sie erschöpft und durchg e schwitzt an einem großen Platz ein, der mit weißen Steinen g e säumt war, die offensichtlich eine halb hohe Mauer darste l len sollten, jedoch teilweise heruntergefallen waren. Vor der zerfa l lenen Mauer waren lange Stufen in den Stein gehauen worden, die wie Sit z bänke aussahen und vor diesen langen Stufen lag eine große Bühne. Das Amphitheater . Sie hatten die schlimmste Hü r de geschafft. Lil schnaufte wie ein alter Diesel.
„So... noch 750 Stufen. Puh. Jetzt haben wir es bald geschafft.“
Gerad schnaufte weitaus weniger und nahm einen Schluck aus seiner Wasserfl a sche. Dann blickte er Lil kritisch an.
„Du siehst echt kaputt aus!“
„Danke.“
„Können wir weiter?“
Lil schnaufte lauter. „Nur einen Augenblick.“
„Klar. “
Ein paar Minuten später erklommen sie die viel schmaleren und steileren Stufen, die sie ans Ziel führen sollten. Gerad ging die s mal voraus und es dauerte keine h undert Stufen, bis sie das Te m po erhöhen konnten, obwohl die Stufen immer steiler wurden.
„Mann, Gerad“, rief Lil in die Höhe, „ich fühle mich richtig gut, es ist gar nicht mehr so anstrengend, wie bisher. Was glaubst du, woran das liegt?“
Gerad blieb kurz stehen und drehte sich auf den schmalen Stufen vorsichtig um.
„Es liegt wohl daran, dass es hier kälter ist.“
„Kälter? Natürlich. Du hast recht. Die Hitze ist weg. Wir müssen doch bald da sein oder?“
Gerad sprach, während er sich wieder nach vorne drehte und we i ter aufstieg.
„Weit
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