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Der Schluessel von Jirunga

Der Schluessel von Jirunga

Titel: Der Schluessel von Jirunga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim H. Schwarz
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schreckte. Feuer oder Licht. Wahrscheinlicher war der Gedanke des Lichts, denn beim ersten Kontakt flüchtete das Tier, weil es in den trägen Schein des Lichts geraten war, der auf dem Pfad lag, auf dem er im Schne i dersitz gesessen hatte. Lil hatte irrtümlicherweise g e glaubt, das Tier hätte die Flucht ergriffen, weil er aufgestanden war, doch das war ein Fehlurteil. Diese Aktion hatte das Tier zwei Schritte z u rückwe i chen lassen und damit ist es in das Licht gerückt, das durch das Blätterdach des Waldes hindurch schien. Dieses Licht hatte es erst zur Flucht bewegt, doch nun war das Licht des Tages gewichen und Lil saß in der Dunkelheit um auf den Tod zu wa r ten. Wie dumm war er gewesen. Kein Gedanke lag nunmehr beim Tod. Jetzt fühlte Lil den Kampfgeist aufsteigen und er wollte nichts mehr, als dieses Tier bekämpfen und selbst überleben. Se i ne Gedanken wurden durch ein Rascheln unterbrochen, das aus dem Gebüsch kam. Er hob seinen Arm und betrachtete die Kratzwunden, die das fremde Geschöpf hinterlassen hatte. Ein dünnes warmes Rinnsal lief ihm den Arm hinab. Lil wurde w ü tend auf das fremde Geschöpf. Die Zeit zu kämpfen war geko m men.
    Er erhob sich und blickte sich um. Aus welcher Richtung war er in den Wald gegangen, als er diese Welt betreten hatte? In welche Ric h tung müsste er laufen, wenn er voran kommen wollte? Es spielte ke i ne Rolle. Er wusste nicht wo er war, er wusste nicht, wo es ihn hinführte, er hatte kein genaues Ziel. Er lauschte g e bannt. Ein Geräusch. Ein Rascheln im Gebüsch. Er blickte sich um, lief in die Richtung des Geräusches und verließ dabei den moosigen Weg. Es war, als hätte er damit etwas ausgelöst, das seinen Organismus zum Leben erweckte. Er rannte so schnell er konnte, rannte an dem Busch vo r über, aus dem er das Geräusch zu hören glaubte. Er rannte einfach geradeaus, immer seitlich am Pfad entlang, ohne einen Blick zurück zu werfen, rannte er einen Spurt, der einen Hochleistungssportler in Erstaunen versetzt hä t te. Alles, was ihn antrieb, lag in diesem finalen Endspurt. Seine gesamte Wut, seine Frustration und seine Ängste. Nur sechs M i nuten später wurde er langsamer und bekam Seitenst e chen. Eine Minute später hielt er an und spuckte Schleim aus. Er war kein guter Sportler und hielt nie lange durch. Er stand da, stützte seine Hände auf die Knie und atmete wie ein Asthmat i ker. Er musste in dieser Zeit eine enorme Strecke zurückgelegt haben, denn er war so unglaublich schnell gewesen. Sein Herz hämmerte in seiner Brust wie ein Schlagzeug und sein Kopf fühlte sich an, als würde er anschwellen. Er blickte sich schwer atmend um und hatte sogar den Eindruck, es würde wieder heller werden in diesem verfluc h ten Wald, doch der kurze Augenblick der Freude wurde durch das raschelnde Geräusch, das aus dem Busch neben ihm drang schnell geschmälert. Hatten ihn die durch die Anstrengung pr o duzierten Glückshormone kurzzeitig geblendet, oder hatte er wirklich gedacht , mit diesem lächerl i chen Spurt etwas erreicht zu haben? Jedenfalls waren seine Lebensgeister voll erblüht. Lan g sam schlich er aus dem Dickicht wieder auf den moosigen Weg hinaus.
    In der Dunkelheit erkannte er die leuchtenden Augen des Tieres, das ihn vor wenigen Minuten angegriffen hatte. Sein Arm blut e te immer noch leicht und er vermutete, dass es der metallische G e ruch seines Blutes angelockt hatte. Obwohl Lil so schnell g e rannt war, wie er nur konnte, hatte das Tier keine Probleme g e habt, an ihm dranzubleiben. Respekt. Das Tier hatte eine Belohnung ve r dient. Lil setzte sich ac h tungsvoll in seinen Schneidersitz und starrte den Boden an. Dann rief er schallend in den Wald;
    „Komm schon, du Mistvieh, komm und hol mich!“ Dann verhar r te er schweigend und wartete.
    Er hütete schier endlose Minuten schweigsam seinen Platz bis er endlich ein Geräusch vernahm. Seine Beine waren schon eing e schlafen, doch endlich vernahm er das Scharren des Tieres und spü r te, wie es sich heranpirschte. Er verstummte und rührte sich nicht. Die Laute des Todes rückten näher. Aus den Augenwinkeln e r kannte er das Leuchten katzenartiger Augen in der Dunkelheit, die sich Schritt für Schritt näherten. Er blieb ausgedehnte Min u ten reglos sitzen, bis das Tier fast d i rekt vor ihm stehen blieb. Es blickte ihn wachsam mit leuchtenden Augen an. Seine Bewegu n gen waren kaum zu erkennen. Seine Pirsch war so vorsichtig, dass eine Bewegung nur sichtbar g e wesen wäre,

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