Der Schluessel von Jirunga
einen bewundernden Blick auf. „Du hast eine sehr gute Beobac h tungsgabe. Es ist Zeit, deine Zielfertigkeit zu testen. Nimm deinen Bogen und spanne einen Pfeil auf. Versuche den ersten Ast des Baumes dort vorne zu treffen.“
Gerad zeigte auf einen Baum, etwa zehn Meter links vor ihnen. Lil erkannte den Ast, den Gerad meinte. Er zog seinen Bogen von der Schulter und legte einen Pfeil auf, den er aus seinem am R ü cken b e festigten Köcher angelte. Dann zog er die Sehne seines Bogens durch, hielt den Bogen in die Richtung und ließ los. Der Pfeil schoss davon und bohrte ein tiefes Loch in den Stamm des Baumes. Gerad grinste.
„Das war schon sehr gut. Leider hast du den Stamm des Baumes g e troffen, nicht aber den Ast, den ich dir als Ziel genannt habe. Bitte versuch es noch einmal. Ko n zentriere dich auf den Ast, den ich dir genannt habe.“
„Bin ich jetzt dein Schüler?“ , fragte Lil.
„Denk nicht darüber nach. Tu es einfach!“
Lil spannte den Bogen erneut, konzentrierte sich auf den genan n ten Ast und ließ los. Wieder schoss sein Pfeil wie eine Rakete in den Stamm des Baumes. Gerad trat neben ihn und reichte ihm einen neuen Pfeil. Dann richtete er Lils Schultern aus und zeigte ihm die richtige Haltung, die er annehmen muss, um einen Pfeil zielg e recht zu platzieren. Lil spannte den Bogen.
„Drücke deine Schulter vor und halte sie gegen die Kraft deines B o gens. Etwas höher, bitte“, dozierte er.
Gerad wies ihm jede wichtige Haltungsperspektive an, die Lil ben ö tigte, um seinen Bogen effektiv einsetzen zu können, bis er die ric h tige Haltung angenommen hatte.
„Ziehe jetzt den Bogen durch, bis der Pfeil am Anschlag sitzt.“
Lil spannte den Bogen bis zum Ä ußersten, achtete dabei auf seine Haltung und peilte sein Ziel an. Dann sagte Gerad:
„Gut so. Bitte entspanne den Bogen wieder und lass den Pfeil zu B o den fallen.“
Lil tat, wie ihm gesagt und als der Pfeil zu Boden fiel blickte er G e rad fragend an.
„Was soll das? Ich hätte den blöden Ast jetzt getroffen.“
„Mit höchster Wahrscheinlichkeit. Dessen bin ich mir sicher. Ve r such es jetzt allein.“
Lil war ein wenig verärgert. Er hatte das Ziel so direkt vor A u gen, dass er es hatte spüren können und Gerad hatte die Spannung aus dem Spiel genommen. Jetzt musste er eine neue Peilung a n setzen. Na schön. Noch einmal. Lil angelte sich einen neuen Pfeil aus dem K ö cher, der an seinem Rücken befestigt war und legte ihn auf den B o gen. Er achtete auf die neuen Erfahrungen, die Gerad ihm beig e bracht hatte und spannte ihn so fest er konnte. Als er den Anschlag erreicht hatte, legte Gerad seine Hand auf Lils Schulter und hüstelte künstlich. Lil bemerkte se i nen Fehler und glich seine Schulterhaltung aus. Er peilte sein vermeintliches Ziel an, doch bevor er den Pfeil loslassen konnte, spürte er wieder Gerads Hand, die s mal auf seinem linken Knie.
„Wenn du deine Haltung sehen könntest, würdest du dich selbst au s lachen!“
Lil blickte an sich herunter und sah seine Beine, die wie ein d i ckes X überkreuz standen. Er korrigierte seine Fußstellung und blickte wi e der zum Bogen, peilte sein Ziel an, doch wieder spürte er Gerads Hand auf seiner Schulter. Verdammt. Er hatte seine Oberkörperha l tung erneut nachteilig verändert, während er seine Beine korrigiert hatte. Er straffte seine Schultern und achtete gleichzeitig auf seine Beine. Dann peilte er das Ziel an. Er wart e te auf eine Reaktion von Gerad, doch keine Hand berührte ihn. G e rad musste wohl zufrieden sein, denn er stand reglos neben ihm. Dann ließ Lil den Pfeil davon zischen. Er schoss mit der Kraft einer Pistolenkugel in den Stamm des Baumes, nur wenige Ze n timeter unter dem angepeilten Ast und blieb dort stecken. Der Baum schien zu bluten, denn ein rötliches Rinnsal tropfte heraus.
„Das war sehr gut“, lobte Gerad, „wirklich, sehr gut. Achte auf deine Haltung und versuche es noch einmal.“
Lil zog einen weiteren Pfeil aus seinem Köcher und spannte ihn auf. Mit der Genauigkeit eines Buchhalters prüfte er seine Ste l lung und seine Schulterhaltung unter Berücksichtigung aller Ratschläge, die Gerad ihm soeben offenbart hatte und spannte dann einen Pfeil auf den Bogen. Er zog ihn nach endlosen Seku n den bis zum Anschlag auf und peilte. Als der Pfeil den Bogen verließ, wusste Lil, dass er sein Ziel nicht verfehlen würde. Er spürte, wie das Geschoss seinem Ziel nachging. Mit jeder Faser seines Körpers wusste er,
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