Der Schluessel von Jirunga
wollte er den E n tentanz aufführen und drehte sich in dieser Stellung mehrmals zu beiden Seiten. Gerad beobachtete ihn gebannt.
„Ja. Jetzt geht es wieder. Und wie geht es dir, mein Freund?“
„Hat dir diese Übung geholfen?“ , fragte Gerad neugierig.
„Aber natürlich. Diese Übung dehnt die Gelenke und lockert sie auf. Ein angenehmes Gefühl. Der Schmerz ist beinahe ve r schwunden“, erklärte Lil.
Gerad a h mte die Übung nach und spürte das wohltuende dehnen und entspannen seiner Muskeln. Als er innehielt, staunte er.
„Du hast recht. Es ist tatsächlich eine entspannende Übung. Das ist hervorragend.“
Lil blickte sich um. Er starrte auf den Erdgleiter und die gebr o chene Vorderachse.
„Der Wagen ist wohl im Eimer, oder?“
„Im Augenblick spielt es wohl keine Rolle“, antwortete Gerad und wies mit dem Zeigefinger nach vorne. Lil blickte dem Zeig e finger nach und sah, dass der Boden mit Felsblöcken übersät war. Hellgraue Steine ragten bis zu fünfzig Zentimeter aus dem tr o ckenen Boden, soweit das Auge reichte. Eine Steinwüste, wie er sie ni e mals zuvor gesehen hatte. Jeder Fels lag wie ein Baseball auf der ausgetrockn e ten Erde, halb im Boden versunken. Es wäre unmöglich, die Fahrt mit dem Erdgleiter fortzusetzen, wäre er noch intakt. So, oder so. Gerad hatte recht. Die gebrochene Achse spielte im Augenblick keine Rolle. Sie konnten nur zu Fuß we i terkommen.
„Was ist das? Eine Steinwüste?“ , fragte Lil.
„Der Steinwald. Das Gebirge ist nicht mehr weit.“
„Gefahren?“
„Einige. Achte für den Anfang auf kleine, braune Käfer, etwa halb so groß, wie eine Hand, mit einem dunkelbraunem Panzer auf dem Rücken. Sie sind Fleisc h fresser. Sie beißen, sobald du stillstehst und sie sind immerzu hungrig“, erklärte Gerad.
„Große Käfer, ja? Wie ein Skarabäus, ja? Fleischfresser, ja? Vi e le, ja?“
„Nicht nervös werden“ , sagte Gerad beruhigend. „Sie treten ei n zeln auf. In der Regel fressen sie sich gegenseitig. Pass trotzdem auf, in Ordnung ?“ , erläuterte Gerad.
„Also niemals stehen bleiben?“
„Ja. Niemals stehen bleiben.“
„Für wie lange?“
„In etwa einer Stunde erreichen wir die hohen Felsen. Dort b e ginnt der richtige Steinwald. Dann kannst du die Käfer vergessen. Lass uns gehen“, sagte Gerad.
Sie marschierten kaum zehn Minuten, da huschte ein fast han d großer Käfer vor Lils Augen davon und verschwand hinter einem grauen Felsbrocken. Zwei lange Fühler führten das riesige Insekt an, eri n nerten ihn an eine gigantische Kakerlake und Lil fragte sich, ob das Monster aus Angst vor ihm davongehuscht war, oder ob es einen Angriff vorbereitete. Er blickte zu Gerad, der schne l len Schrittes voran trat.
„Nicht stehen bleiben “ , mahnte Gerad laut und Lil stakste mü h sam weiter. Dreißig Minuten später spürte Lil eine gewaltige Welle der Schwäche über sich hereinbr e chen und er bat um eine Pause. Auch Gerad schnaufte angestrengt und blickte sich nach einer möglichst übersichtlichen, freien Stelle um, an der sie einen Moment Rast machen konnten. Als sie eine entsprechende Stelle au s findig gemacht hatten, setzten sie sich inmitten einer sandigen Stelle auf den we i chen, bröckligen Boden, umringt von felsigen Formationen A ngst ei n flößender Steingebilde verschnauften sie und lauschten auf jedes Geräusch, das ein Käfer verursachen könnte. Es war schwierig, zu sagen, von wo die ständigen Kra b belgeräusche herrührten, denn es krabbelte schon seit sie den Steinwald betreten hatten aus allen erdenklichen Ric h tungen. Der Schall der steinigen Umgebung machte es noch unlenksamer. Diese Monsterinsekten hätten aus der Luft kommen können, der Schall löschte jede Or i entierungsmöglichkeit aus, als befände man sich in einer halbwegs isolierten Glaskugel i n mitten eines Ameisennestes. Die Geräusche drangen von allen Seiten an Lils Ohren und er wurde langsam nervös.
„Es klingt nicht, als würden sie einzeln auftreten“, bemerkte er.
„Schön... Gut! Ich habe gelogen“, begann Gerad, „diese Käfer greifen zu Tausenden an. Im Augenblick sind sie dabei, uns ei n zukreisen. In ein paar Minuten werden sie angreifen. Zehn S e kunden später haben sie uns das Fleisch von den Knochen g e schält. Diese Käfer sind erstaunlich. Man kann sie hören, aber du b e kommst sie erst zu Gesicht, wenn du schon halbtot bist. Sie sind so unglaublich schnell, dass der Blitz eines Gewitters wie eine Erscheinung in
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